Mitarbeiter nach Flughafen-Chaos in Düsseldorf „Polizisten mussten uns zum Taxi bringen, damit wir nicht angegriffen werden“

Düsseldorf · Arbeiten ohne Pausen, viel zu wenig Personal und zum Start der Sommerferien Chaos mit Ansage: Mitarbeiter des Dienstleisters, der am Düsseldorfer Flughafen für die Passagierabfertigung zuständig war, erheben schwere Vorwürfe.

Flughafen Düsseldorf: Chaos zum Start in den Urlaub
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Lange Schlangen und gestrichene Flüge am Flughafen Düsseldorf

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Foto: Christian Schwerdtfeger

Das Chaos am Düsseldorfer Flughafen war vorhersehbar – davon sind zumindest einige Mitarbeiter des Unternehmens Global GSRM überzeugt. „Unsere Personaldecke ist so ausgedünnt, die Arbeit war schon vor der Ferienzeit kaum zu schaffen“, sagt ein Insider, der anonym bleiben möchte.

Die Firma Global GSRM GmbH mit Hauptsitz in Frankfurt war am Freitag für die Airline Pegasus für die Passagierabfertigung in Düsseldorf zuständig, also die Gepäckaufgabe an den Check-in-Schaltern und das Boarden der Fluggäste. „Während der Corona-Pandemie mussten mindestens elf Leute das Unternehmen verlassen, die für den Check-in zuständig waren“, sagt der Insider. Global arbeite seit zwei Jahren für Pegasus, in dieser Zeit habe es immer wieder Unregelmäßigkeiten gegeben, über die der Flughafen eigentlich im Bilde sein müsste, wie der Mitarbeiter sagt. „In Düsseldorf sind wir aktuell nur noch zehn Leute, dieser Personalmangel führte in den vergangenen Wochen dazu, dass Kollegen teilweise mehrere Schichten hintereinander machen mussten – erst in Düsseldorf und danach am Flughafen Köln/Bonn.“ Ein Kollege habe ihm erzählt, dass er zuletzt 56 Tage am Stück gearbeitet habe, ohne einen einzigen freien Tag. Dienstpläne würden oft erst in der Nacht vor Schichtbeginn erstellt.

Eine Mitarbeiterin, die am Wochenende am Pegasus-Schalter gearbeitet hat, berichtet, gleich drei Kollegen hätten sich krankgemeldet. „Die können nicht mehr“, sagt sie. Allein um die Mehrarbeit in den Sommerferien bewältigen zu können, braucht es ihrer Einschätzung nach mindestens sechs weitere Kollegen an den Schaltern. „Wir wissen wirklich nicht, wie das alles sonst funktionieren soll“, sagt sie. „Die Dienstpläne werden einfach gemacht nach dem Motto: Ihr schafft das schon.“ Sie ist davon überzeugt: „Wäre die Polizei am Freitag nicht gekommen, um uns zu helfen, hätte das noch schlimmer ausgehen können.“ Der Frust der Menschen, die stundenlang vor den Schaltern standen, sei riesig gewesen. „Polizisten mussten uns zum Taxi bringen, damit wir nicht angegriffen werden“, sagt sie. Gesetzliche Ruhe-und Pausenzeiten würde das Unternehmen ignorieren. „Das wird eher als Empfehlung betrachtet“, sagt auch der Insider. „Alles nach dem Motto: Wem es nicht passt, der kann ja gehen.“

Ein Unternehmenssprecher von Global sagte unserer Redaktion: „Die Airlines haben eine wahnsinnig schwierige Phase hinter sich – und auch die Unternehmen, die dranhängen.“ Viele Mitarbeiter seien in Kurzarbeit geschickt worden. „Und wir waren froh für jeden, der was anderes gefunden hat.“ Nun seien die Buchungszahlen kurzfristig gestiegen, der Personalbestand sei aber noch nicht wieder aufgebaut. „Wir mussten innerhalb weniger Tage alles von 20 auf 120 Prozent hochfahren“, sagte er.

Dazu komme, dass der Eincheckvorgang viel komplizierter geworden sei durch Corona. Mit dem Problem hätten alle zu kämpfen. „Wir arbeiten jetzt an einer Pool-Lösung mit anderen Dienstleistern und fahren das Personal hoch – bis dahin bitten wir unsere Mitarbeiter, früher zu kommen, länger zu bleiben oder Doppelschichten zu fahren.“ Er gehe aber davon aus, dass die Situation sich bald wieder entspanne.

Die Airline Pegasus war am Wochenende für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Weil zu wenig Personal vorhanden war, kam es zum Ferienbeginn in Düsseldorf am Freitag zu Gedränge und Tumulten. Vor allem vor den Check-in-Schaltern von Pegasus hatten hunderte Menschen in Schlangen gestanden, viele von ihnen über Stunden. Bundes- und Landespolizei mussten dafür sorgen, dass die Situation nicht eskalierte. Hier lesen Sie die Chronik der Ereignisse. Der Airport spricht von rechtlichen Schritten, sollten sich solche Szenen wiederholen. Weitere Reaktionen, unter anderem von Düsseldorfs Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU), lesen Sie hier.

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