Ergo-Tower in Düsseldorf Feuerwehr übt Rettung in 100 Metern Höhe

Düsseldorf · Ein siebenköpfiges Team der Feuerwehr hat sich am Ergo-Tower - dem vierthöchsten Gebäude der Stadt - abgeseilt, um Klettermanöver zu proben. Die könnten eines Tages Menschen das Leben retten.

Ein Team der Feuerwehr seilt Marco Paasch von einem Windableiter an der Spitze des Ergo-Turms ab.

Ein Team der Feuerwehr seilt Marco Paasch von einem Windableiter an der Spitze des Ergo-Turms ab.

Foto: Andreas Bretz

Wie die sprichwörtlichen Ameisen sehen die Menschen vom Dach des Ergo-Turms zwar nicht aus, aber doch klein genug, dass man froh über das Geländer ist, das Besucher vom Abgrund trennt. Der 36-jährige Einsatzleiter Bastian Nelles und seine Kollegen müssen ihn überwinden, den Abgrund. Denn wo keine Leiter mehr hinreicht, ist das Höhenretterteam der Feuerwehr gefragt. Die 50 speziell ausgebildeten Feuerwehrleute müssen regelmäßig für den Ernstfall proben, diesmal haben sie eine Rettung aus einer Fensterputzergondel simuliert.

Die Höhe, in der die Kletterer an den gerade einmal ein Zentimeter dicken Kunststoffseilen hängen, ist echt. 27 Stockwerke, 108 Meter misst der Turm des Ergo-Gebäudes am Victoriaplatz. Und ganz oben, an einem Windableiter, sind die Seile angeknotet, an denen sie sich in die Gondel herablassen. Dort wartet Feuerwehrmann Daniel Schmitz (39) auf seine Rettung, während Kollege Marco Paasch (30) ihn holen kommt. "Für mich ist es kein Unterschied, ob es 30 oder 150 Meter in die Tiefe geht", sagt Paasch. In jedem Fall flöße einem der Überstieg, das Sich-in-die-Seile-hängen, Respekt ein. Wer dem nicht gewachsen ist, könne kein Höhenretter werden, sagt Einsatzleiter Nelles: Schon bei der zweiwöchigen Ausbildung werde geprüft, wer Unsicherheit zeigt, wer zögert. Viele Übungsstunden, oft in der Freizeit, müssen die Höhenretter im Jahr belegen, um ihre Spezialaufgabe übernehmen zu dürfen. Nicht nur beim Training gibt es manchmal Grenzsituationen, sagt Feuerwehrmann Schmitz: "Es kommt vor, dass jemand einen schlechten Tag hat, auch im Einsatz." In jedem Fall habe man Kletterer in Reserve, die zur Ablösung bereit stehen.

Insgesamt 50 Höhenretter hat die Feuerwehr in Düsseldorf, die in zwei Schichten arbeiten. Ihr Einsatzgebiet ist die ganze Stadt: Gut erinnert sich Nelles noch an den Mann, der im Dreischeibenhaus zwölf Meter außer Reichweite der Drehleiter in einer Fensterputzgondel festsaß - ganz ähnlich der Situation, die er und seine Kollegen gestern probten: "Er war in Rufweite, wir konnten ihn aber nur über das Dach erreichen." Geübt hätten sie schon am Arag-Hochhaus, an Industrieanlagen und dem Rheinturm. Der stelle eine Herausforderung dar, sagt Nelles: "Man hat dort keine Wand zum Abstützen und schwingt viel hin und her." Ein Zusatzseil muss dann zur Stabilisierung her, das erhöht jedoch das Gesamtgewicht der Ausrüstung - problematisch, wenn die zu rettende Person mit nach unten geseilt werden muss. Eine Höhenbegrenzung für die Kletter-Retter gibt es nicht.

Ein Einsatz bei einem Brand ist das Schlimmste, was einem Höhenretter passieren könne, sagt Nelles: Die Seile würden die Hitze schlecht vertragen, scharfe Kanten können für sie ebenfalls zum Problem werden. Zudem könnten Flammen die einzig mögliche Abseilstrecke zu den Menschen in Not versperren - mit Hinblick auf den katastrophalen Hochhausbrand Mittwochnacht in London sagt Nelles: "Irgendwie muss man ja auch hochkommen, um zu helfen." Bei vielen der 50 bis 60 Alarmierungen im Jahr geht es aber um selbstmordgefährdete Menschen, die drohen, zu springen - dann werde die Höhenrettung "standardmäßig" herbeigerufen. Jeder vierte Einsatz betreffe Personen, die es aufgrund ihres Gesundheitszustands oder Gewichts nicht schaffen, bei einem medizinischen Notfall durch die Tür zu kommen.

(bur)
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