Schwerpunkt Reisholz Familien-Bäckerei in vierter Generation

Düsseldorf · Markus Ingensandt führt die kleine Bäckerei an der Henkelstraße und hält das Geschäft mit vielen Ideen lebendig.

Markus Ingensandts Arbeitstag beginnt um viertel nach zwölf – nachts. Dann geht er die Treppe in seinem Wohnhaus an der Henkelstraße hinunter in die dahinter liegende Backstube. Er knetet den Teig für Brot und Brötchen, anschließend bereitet er Blechkuchen und Torten vor. Ist er damit fertig, beginnt sein Vater Dieter Ingensandt mit den Auslieferungen an Schulen und Betriebe in der Umgebung. Wenn die Bäckerei Ingensandt um 6 Uhr für den Verkauf öffnet, und die ersten Kunden sich ihr Frühstücksbrötchen und einen Kaffee holen, hat Bäckermeister Markus Ingensandt bereits mehr als die Hälfte seiner Arbeitszeit hinter sich gebracht.

Seit einigen Jahren steigen die Preise der Rohstoffe stetig, Mehl wird immer teurer. Den Bäckern fällt es schwer, die Preise niedrig zu halten, viele müssen ihre Backstuben schließen. Auch in der Bäckerei Ingensandt kämpft man dagegen an. Schließlich gilt es, eine Tradition aufrechtzuerhalten, denn Markus Ingensandt führt das Geschäft in der vierten Generation. Für Reisholz eine Besonderheit, denn dort gibt es immer weniger Einzelhändler. Vor allem solche, die so tief mit dem Stadtteil verwurzelt sind wie die Familie Ingensandt.

1933 eröffnete der Urgroßvater die Bäckerei. "Die Erste am Platz", sagt Markus Ingensandt nicht ohne Stolz. Er selbst ist in der Bäckerei groß geworden. Auch die Ausbildung absolvierte er im elterlichen Betrieb. "Ich habe nie etwas anderes als Bäcker werden wollen", sagt er. Für ihn war es selbstverständlich, das Geschäft weiterzuführen. Ob er es aber einmal an seine heute zehnjährige Tochter weitergeben wird? "In den 80ern war hier der Bär los", erinnert sich die Bäckermeister. Reisholz boomte, das Geschäft lief. Nun jedoch wirkt sich das Sterben des Stadtteilzentrums seit Jahren auf den Umsatz aus. "Als Einzelhändler muss man zum Überleben eine Lücke finden", sagt der 47-Jährige und als Bäcker sowieso: Von einst 200 in Düsseldorf backenden Betrieben in der Bäckergenossenschaft gebe es heute nur noch 36.

Um nicht unterzugehen, lassen sich Markus Ingensandt und das vierköpfige Verkaufsteam immer neue Dinge einfallen. So gibt es seit rund einem Jahr den Mittagstisch, von 12 bis 14 Uhr, jeden Tag etwas anderes, immer Hausmannskost – mal Gulasch mit Rotkohl und Kartoffelknödel, mal Reibekuchen, mal Bratwurst. "Aber immer frisch", betont Mutter Irmgard Ingensandt, die täglich hinter der Ladentheke steht. "Die Kartoffeln für die Reibekuchen schälen wir mit der Hand", bestätigt Mitarbeiterin Angelika Ridder. "Damit haben wir vor allem den Umsatzeinbruch auffangen können, der entstanden ist, als die Henkelstraße vor einiger Zeit für Lkw gesperrt wurde", sagt Ingensandt.

Frühstücken können die Kunden in der Bäckerei Ingensandt ohnehin den ganzen Tag. Bis Ladenschluss um 18 Uhr wird aus der Backstube nachgeliefert. Besonders häufig verkauft werden belegte Brötchen und Baguettes. "Kommt immer darauf an, was es in den Kantinen der umliegenden Firmen an dem Tag gibt", sagt Markus Ingensandt und grinst. Um auch wirklich möglichst viele Kunden zufriedenzustellen, belegt er seine Backwaren neben dem üblichen Aufschnitt wie Käse und Salami seit einiger Zeit auch mit getrockneten Tomaten, Peperoni, Oliven und anderen Antipasti.

Obwohl er nur Bäckermeister und nicht Konditor ist, gibt es in der Bäckerei Ingensandt Torten und anderes süßes Gebäck, je nach Wunsch des Kunden sogar individuell gestaltet. "Wir müssen eben bringen, was die anderen nicht haben", sagt Markus Ingensandt, dessen Arbeitstag gegen 10 Uhr morgens endet.

(RP)
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