Düsseldorf Familie in Studentenbude statt Eigenheim

Düsseldorf · Im Dezember hätte Marcus Fest mit seiner Frau und seiner kleinen Tochter in die Wohnung in einem Neubau in Unterbach ziehen sollen. Doch der Fertigstellungstermin wird immer wieder verschoben.

 Zwischen gepackten Kartons lebt Marcus Fest mit Töchterchen Lea Sofie seit Monaten.

Zwischen gepackten Kartons lebt Marcus Fest mit Töchterchen Lea Sofie seit Monaten.

Foto: anne orthen

Fast vier Jahre ist Marcus Fest gependelt, zwischen Heidelberg und Düsseldorf. Wegen der Arbeit. Eine harte Zeit ist das gewesen für den heute 37-Jährigen. Seine Beziehung sollte nicht leiden unter dem neuen Job in der Landeshauptstadt, deswegen ist er so oft wie möglich am Abend mit dem Zug nach Hause gefahren. "Manchmal konnte ich Home-Office machen", sagt Fest. Irgendwann überzeugte er seine Frau, mit nach Düsseldorf zu kommen, hier eine Wohnung zu kaufen, für die Familie, für Töchterchen Lea Sofie, die im letzten Jahr zur Welt kam.

Eine Wohnung in einem Neubau stellte sich Fest vor, ein bisschen außerhalb, wo es Natur gibt und einen Spielplatz. "2015 war dort noch Wiese", erzählt er. Einzugstermin in Unterbach an der Straße Am Schwalbenberg sollte Dezember 2016 sein. Die Familie aber lebt noch immer nicht in ihren eigenen vier Wänden, sie wird vertröstet "und bewusst getäuscht", meint Fest, der durch Zufall im Oktober vergangenen Jahres von der ersten Verzögerung erfahren hat. "Wir hatten eigentlich schon alles in Heidelberg gekündigt", sagt der Familienvater. "Dann verschob der Bauträger den Termin auf den 30. April 2017." Glücklich war die Familie nicht darüber, nahm das aber hin, "sowas kann ja mal passieren", meint der 37-Jährige.

Eine möblierte Übergangswohnung suchte Marcus Fest in Düsseldorf, seit Februar wohnt die dreiköpfige Familie mit der inzwischen neun Monate alten Lea Sofie im dritten Stock in Flingern, ohne Aufzug, ohne Parkplatz in der Nähe. Eine Studenten-Bude, in der eigentlich eine junge Frau Mitte 20 lebt, die gerade auf Australien-Rundreise ist. "Das ist nicht einfach mit einem Baby", sagt Marcus Fest. "Aber wir hatten ja ein Ziel vor Augen." Am 2. April erfuhr die Familie wieder durch einen Zufall - "der Bauträger informiert uns ja nur auf Nachfrage", sagt Fest - dass es noch dauern wird, bis der Neubau fertiggestellt ist. "Der Bauträger sagte uns, die Netzgesellschaft hat den Hausanschluss nicht installiert", erzählt der 37-Jährige, der einen bösen Brief an die Stadtwerke, deren Tochter die Netzgesellschaft ist, schickte. Die Antwort, die die Netzgesellschaft ihm gab, machte Fest wütend. Nicht, weil der Brief unfreundlich gewesen ist oder Fragen nicht beantwortete. Im Gegenteil: "Offensichtlich hat der Bauträger uns seit Monaten belogen", sagt Fest.

Erst am 27. Dezember 2016 soll der Bauträger erste Unterlagen für eine Angebotsanfrage für Hausanschlüsse eingereicht haben. "Diese Unterlagen waren allerdings nicht vollständig", heißt es in dem Schreiben der Netzgesellschaft. Erst am 3. März 2017 sollen die fehlenden Informationen nachgereicht worden sein. Zu einem Vertragsabschluss ist es bis Mitte April aber nicht gekommen. Ob der Bauträger die anteilige Vorauszahlung geleistet hat, ist nicht bekannt. Die Anfragen unserer Zeitung hat der Bauträger bislang nicht beantwortet, hat nun aber eine Stellungnahme angekündigt.

Frühestens Ende August wird Familie Fest nach Unterbach ziehen können, rund 16 Wochen dauert es, bis ein Hauanschluss erstellt wird. "Selbst wenn wir den Eigentümern vier Wochen entgegenkommen, das wird ihnen auch nicht helfen", sagt René Schleucher, Stadtwerke-Pressesprecher. "Die Familie wird sich wieder eine Zwischenlösung suchen müssen." Denn aus der Wohnung in Flingern muss Marcus Fest samt Familie bald ausziehen, spätestens, wenn die Mieterin wieder zurück ist. Und das wird irgendwann im Juni sein.

"Ich würde gerne bald mal wieder von meinem eigenen Teller essen", sagt Marcus Fest. All seine Möbel sind eingelagert, Küche, Kinderzimmer und Betten bei den Lieferanten untergebracht. Die Familie hat hohe Mehrkosten durch die Verzögerung und die zusätzliche Miete, die sie zahlen muss. "Und wir sind vielleicht nicht die Einzigen, denen es so geht", meint Fest. Sechs Wohneinheiten sollen in dem Haus in Unterbach entstehen. Im Moment versucht Fest, über das Grundbuchamt an die Namen der anderen Eigentümer zu kommen.

Viel Zeit und Nerven hat das Bauprojekt die Familie inzwischen gekostet. Am schlimmsten aber ist für den 37-Jährigen, dass seine Tochter seit Monaten kein richtiges zu Hause hat, kein eigenes Zimmer, nur eine Handvoll Spielsachen. Gerne hätte er mit ihr in Unterbach Geburtstag gefeiert. Im August wird Lea Sofie eins.

(RP)
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