Verunglückter Linienbus Fahrer stehen unter Stress

Düsseldorf · Hohe Verantwortung im dichten Verkehr und immer aggressivere Kunden setzten die Fahrer unter Druck, sagen Experten nach dem Unfall voriger Woche. Die Gewerkschaft sieht bei der Rheinbahn aber eine positive Entwicklung.

Dezember 2010: 25 Verletzte bei Busunfall in Düsseldorf
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Dezember 2010: 25 Verletzte bei Busunfall in Düsseldorf

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Fünf Tage nach dem schweren Unfall eines Linienbusses, bei dem 24 Fahrgäste, darunter 19 Kinder, verletzt wurden, suchen die Ärzte der Uni-Klinik nach der Ursache des Zusammenbruchs, den der Busfahrer am Steuer erlitten hatte. Der 45-Jährige war nach Angaben mehrerer Augenzeugen plötzlich in sich zusammengesackt. Als der Bus gegen einen Baum geprallt war, hatte sich der Fahrer zusätzlich verletzt, doch diese Verletzungen seien nicht so gravierend. Nun gehe es vor allem darum, den Grund für den Kollaps zu finden.

Alle fünf Jahre ein Check

Den Gesundheitscheck, zu dem Busfahrer alle fünf Jahre verpflichtet sind, habe er erst kürzlich ohne Probleme durchlaufen, hieß es bei der Rheinbahn. Dazu gehören unter anderem Sehtest und ein EKG, so Rheinbahn-Sprecher Georg Schumacher. Der Checkup ist Bestandteil einer fünftägigen Fortbildung, die nach dem Berufskraftfahrer-Qualifikationsgesetz (BKrFQG) seit 2008 Pflicht ist und die auch die Überprüfung des Punktekontos in Flensburg und ein Anti-Aggressions-Training — für den Umgang mit ausfälligen Fahrgästen — enthält. Fahrer ab 50 Jahren müssten sich zudem einem psychologischen Test unterziehen, der auch für die erste Busfahrprüfung Pflicht ist. "Gewissermaßen ein Stresstest", so Schumacher.

Denn obwohl der Linienverkehr im Bezug auf Fahr- und Ruhezeiten der am stärksten reglementierte sei, weise das Berufsfeld dennoch ein wachsendes Stresspotenzial auf, sagt Manfred Krause vom Verband nordrhein-westfälischer Omnibusunternehmen (NWO), in dem rund 450 Betriebe organisiert sind. "Der Verkehr wird immer dichter, das Aggressionspotenzial der Fahrgäste wächst seit Jahren. Dazu kommt aktuell der Faktor Wetter", sagt Krause. Diese Kombination könne zu einer hohen psychischen Belastung führen. "Trotz widriger Umstände mit Schnee und Eis sollen die Busse ja schließlich fahren. Da lastet schon sehr hohe Verantwortung auf den Schultern der Fahrer", sagt Krause.

Nach dem Unfall hatten Busfahrer die Arbeitsbedingungen kritisiert. Der Stressfaktor sei hoch, viele Arbeitgeber übten zusätzlich Druck aus, hieß es. Die Rheinbahn achte zwar bei Aufträgen an Fremdunternehmen auf Qualität, habe aber keinen Einfluss auf deren interne Regelungen. Der Fahrer ist bei einer Essener Firma angestellt, die seit Jahren im Auftrag der Rheinbahn fährt. Einen Zusammenhang zwischen dem Unfall und den generellen Arbeitsbedingungen von Busfahrern möchte Düsseldorfs Verdi-Chef Gustav Wilden dennoch nicht konstruieren. "Im Sommer gab es das Problem mit dem hohen Krankenstand bei der Rheinbahn, weil das Unternehmen auf Kante gefahren ist", sagt Wilden. "Ich bin diesbezüglich immer noch skeptisch, aber offenbar wird dort gegengesteuert und es ändert sich etwas am Arbeitsreglement. Das gilt es erst einmal abzuwarten."

(RP)
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