Prozess in Düsseldorf Ex-Straßenbahnfahrer klagt erfolgreich gegen Kündigung

Düsseldorf · Die Rheinbahn muss einen ehemaligen Straßenbahnfahrer weiter beschäftigen – obwohl er Kollegen fälschlicherweise einer Straftat beschuldigte. Das entschied das Düsseldorfer Arbeitsgericht.

Die Rheinbahn hat den Prozess vor dem Arbeitsgericht verloren (Archivbild).

Die Rheinbahn hat den Prozess vor dem Arbeitsgericht verloren (Archivbild).

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Wie weit muss ein Arbeitnehmer über die Stränge schlagen, bevor ihm fristlos gekündigt werden darf? Darum ging es am Donnerstag in einem Fall vor dem Düsseldorfer Arbeitsgericht. Die Rheinbahn stritt mit einem ehemaligen Straßenbahnfahrer. Der wollte gern weiter im Unternehmen bleiben. Das Nahverkehrsunternehmen wollte das auf keinen Fall. Eine Einigung war nicht möglich – am Ende entschied der Richter.

Der Mann, um den es geht, ist Jahrgang 1962 und gelernter Dreher. Seit 2016 arbeitete er bei der Rheinbahn als Straßenbahnfahrer. Im Juni 2017 war er in einen Unfall verwickelt und fuhr seitdem nicht mehr Bahn. Er ist zu 100 Prozent schwerbehindert. Weil er seine eigentliche Tätigkeit nicht mehr ausüben kann, gab es Gespräche mit der Rheinbahn, ob er vielleicht in der Werkstatt arbeiten könnte. Doch bevor die Personalabteilung dazu ein Urteil fällte, gab es einen telefonischen Eklat: Der Mitarbeiter rief im März in der Personalabteilung an, weil ihm seit Dezember das Geld für 13,5 Überstunden nicht ausgezahlt worden war – ein Betrag von unter 200 Euro, wie der Verteidiger anmerkte. Das erzürnte den ehemaligen Straßenbahnfahrer so sehr, dass er – laut Rheinbahn – am Telefon laut wurde und schließlich drohte, er werde Dienstaufsichtsbeschwerde erheben. Das tat er dann auch und schrieb, zwei Personaler veruntreuten Bezüge und machten sich dadurch strafbar. Das Ganze endete mit einer fristlosen Kündigung, gegen die der Mann sich nun wehrte.

Das Gericht führte aus, der Mann sei sicherlich deutlich übers Ziel hinausgeschossen. Fraglich sei aber, ob die Androhung einer Dienstaufsichtsbeschwerde und die Falschbehauptungen (ob wissentlich oder nicht) als Kündigungsgrund reichten – zumal bei einem Schwerbehinderten. Nach aktueller Rechtsprechung können fristlose Kündigungen rechtens sein, wenn ein Arbeitgeber Kollegen oder Vorgesetzte grob beleidigt oder wissentlich oder leichtfertig eine falsche Strafanzeige stellt. Das Gericht regte einen Vergleich an. Zu dem konnten sich die Parteien aber nicht entschließen. Der Anwalt des Klägers erklärte, sein Mandant wolle gern im Unternehmen bleiben – auch weil er sich wenig Chancen auf Beschäftigung anderswo ausrechne. Die Vertreter der Rheinbahn sagten, eine Weiterbeschäftigung wäre für das Unternehmen „unerträglich“.

Der Richter entschied am Ende gegen die Rheinbahn. Offenbar war das Fehlverhalten nicht gravierend genug. Der Mann bleibt beschäftigt, die Kosten für das Verfahren trägt weitgehend das Unternehmen.

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