Schmolz + Bickenbach AG Düsseldorf "Ex-Eigentümer ließ Privat-Jagd bezahlen"

Düsseldorf · S+B-Gründer Michael Storm soll ohne Genehmigung des Verwaltungsrates sein Jagdrevier aufwendig ausgestattet haben. Hans-Peter Zehnder, Aufsichtsratsvorsitzender der Schmolz + Bickenbach AG, erklärt die Hintergründe.

Die Schmolz + Bickenbach AG hat ihren Gründer, den Düsseldorfer Großaktionär Michael Storm, auf mehr als zehn Millionen Euro verklagt. Warum?

Zehnder Herr Storm hat dem Unternehmen einen Schaden in dieser Höhe zugefügt, als er in seiner damaligen Funktion als Verwaltungsratspräsident private und geschäftliche Ausgaben vermischt hat. Die eingeklagte Summe enthält auch Untersuchungskosten, Anwaltskosten sowie negative steuerliche Konsequenzen. Primär ging es bei den nicht regelkonformen Abgrenzungen um Ausgaben im Zusammenhang mit dem Unterhalt von Jagden und der Durchführung von Jagdveranstaltungen.

Herr Storm sagt, die Ausgaben seien vom Verwaltungsrat genehmigt gewesen ...

Zehnder Das stimmt so nicht. Genehmigt waren nur Ausgaben für einzelne Jagdveranstaltungen, die dem unmittelbaren Interesse des Unternehmens dienen. Praktisch alle Jagd-Ausgaben, die Herr Storm über das Unternehmen hat finanzieren lassen, fanden aber nicht mit Geschäftspartnern, sondern mit persönlichen Freunden, Bekannten und Persönlichkeiten der Düsseldorfer Gesellschaft statt.

Um was für Ausgaben geht es konkret?

Zehnder Es ging um Unterhaltskosten für Jagden und Jagdinfrastruktur sowie nicht im Unternehmensinteresse getätigte Ausgaben für Jagdveranstaltungen und nicht bewilligte Investitionen in eine Jagd in Österreich. Während der Kauf besagter Jagd in Österreich auf Antrag von Herrn Storm und der damaligen Konzernleitung durch den Verwaltungsrat genehmigt wurde, veranlasste Herr Storm kurz nach der Übernahme zusätzliche, vom Verwaltungsrat nicht genehmigte Investitionen im Umfang von rund zwei Millionen Euro. Weitere Kosten wie zum Beispiel Lohnkosten für Jäger und Gärtner sowie Fahrzeugkosten hat Herr Storm innerhalb des Unternehmens über verschiedene Kostenstellen bei diversen Tochtergesellschaften verrechnet, weshalb sie lange nicht aufgefallen sind. Auch der damaligen Konzernleitung waren diese Vorgänge nach deren Aussage nicht bekannt.

Die Generalversammlung der Aktionäre am Freitag wird zur Machtprobe. Storm will mithilfe des russischen Oligarchen Viktor Vekselberg wieder die Kontrolle über das Unternehmen gewinnen und Sie aus dem Verwaltungsrat herausdrängen. Warum?

Zehnder Es ist so, dass Herr Storm über diesen Weg zurück an eine Scheinmacht kommen will. Warum er gegen meine Wiederwahl arbeitet, weiß ich nicht. Vielleicht ist es ein Racheakt.

Was haben Sie gegen Herrn Vekselberg?

Zehnder Nichts. Investoren sind immer willkommen. Aber es kann nicht sein, dass sich der Kernaktionär hinter dem Rücken des Verwaltungsrats exklusiv mit Herrn Vekselberg verbündet und sich umgekehrt Gesprächen mit anderen Investoren, die wir beibringen, verschließt. Außerdem gibt es im Zusammenhang mit der Suche nach neuen Investoren Geheimhaltungs- und Stillhalteerklärungen, die die S+B KG und die Renova (Gesellschaft im Eigentum von Herrn Vekselberg) nicht unterschreiben wollten. Auch deshalb stehen inzwischen die meisten Banken und praktisch alle institutionellen Investoren hinter uns und sind gegen die Anträge der Gruppe KG/Renova.

Hat der Streit zwischen Herrn Storm und dem aktuellen Verwaltungsrat von Schmolz + Bickenbach auch kulturelle Ursachen?

Zehnder Vermutlich schon. Storm hat S+B bis zu seinem Rücktritt als Verwaltungsratspräsident in der vierten Generation als Familienunternehmen geführt. Mit der Übernahme der börsennotierten Swiss Steel wurde S+B aber eine Publikumsgesellschaft. Dann kann man auch als Großaktionär nicht mehr wie ein Alleineigentümer auftreten. Dieser notwendige Bewusstseinsprozess hat nicht ausreichend stattgefunden.

In der Schweiz gab es auch massive Kritik an der Gehaltspolitik von Schmolz + Bickenbach ...

Zehnder Ja. Die Öffentlichkeit konnte nicht nachvollziehen, warum Schmolz + Bickenbach unter Storm dem ehemaligen Vorstandschef Benedikt Niemeyer ein Jahreseinkommen zwischen drei und vier Millionen Euro gezahlt hat, während das Unternehmen massive Verluste angehäuft hat. Ich habe das auch nicht verstanden. Das hat in der Schweiz zu erheblichen Akzeptanzproblemen geführt.

Angeblich plant Benedikt Niemeyer ein Comeback bei Schmolz + Bickenbach...

Zehnder Solange ich und der heutige Verwaltungsrat das beeinflussen können, wird es dazu nicht kommen.

Wann haben Sie zuletzt persönlich mit Herrn Storm gesprochen?

Zehnder Kurz vor seinem Rücktritt im Zusammenhang mit den entdeckten Unregelmäßigkeiten, also Ende 2011. Trotzdem ist der Verwaltungsrat an einer konstruktiven Zusammenarbeit mit der KG interessiert. Aber dafür braucht es immer zwei.

Düsseldorf war fast 100 Jahre lang Zentrum des Konzerns. Wie sehen Sie die Zukunft des Standortes hier am Rhein?

Zehnder Das ist eine gute Frage. Wir haben ein Restrukturierungsprogramm beschlossen und sehen in Deutschland erheblichen Handlungsbedarf. In Düsseldorf betreiben wir überwiegend nationalen Stahlhandel. Der Stahlhandel, mit dem das Unternehmen groß geworden ist, gehört aber nicht mehr zum Kerngeschäft. Wir suchen hier nach Partnern und können uns einen Verkauf dieses Bereiches vorstellen, weil wir uns künftig stärker auf die Produktion von hochwertigen Edelstahl-Langprodukten konzentrieren wollen.

THOMAS REISENER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP/top)
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