Angebot am EVK Yoga für Krebspatienten soll das Selbstvertrauen stärken

Düsseldorf · Begleiterscheinungen von Krankheit und Chemotherapie wie Müdigkeit, Stress und Ängste sollen durch das neue Angebot am EVK reduziert werden.

 Yogalehrerin Sabine Steffen (links) und Ärztin Beatrice Brücher-Enke helfen den Patienten bei den Yoga-Übungen.

Yogalehrerin Sabine Steffen (links) und Ärztin Beatrice Brücher-Enke helfen den Patienten bei den Yoga-Übungen.

Foto: Anne Orthen (ort)

Ganz ruhig und konzentriert stehen die Teilnehmer des Yogakurses am EVK in der Baumposition. Mit dieser Balanceübung haben viele gesunde Menschen ihre Schwierigkeiten, die Krebspatienten jedoch ruhen trotz körperlicher Beschwerden voll in sich. Keiner wackelt oder muss die Position unterbrechen.

Seit September bietet das Krankenhaus einen in Düsseldorf einzigartigen Yogakurs für Krebspatienten am Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) an. Das MVZ ist ein zentraler Bestandteil des onkologischen Zentrums am EVK. Dort können alle diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen ambulant absolviert werden. Komplementär zur schulmedizinischen Therapie bietet das MVZ auch alternative Verfahren wie Akupunktur, Phytotherapie oder jetzt auch Yoga an. „Das sind alles Verfahren, die wissenschaftlich fundiert sind“, so Beatrice Brücher-Enke, Leiterin der Integrativen Onkologie. Diese Anwendungen sollen den Patienten ihr Leiden ein wenig erleichtern. Angesprochen sind alle Patienten mit unterschiedlichen Tumorarten. Sie müssen keine Patienten des EVKs sein.

Als Brücher-Enke den Kurs ins Leben rief, war sie selbst noch etwas skeptisch. „Ich war nicht ganz sicher, ob das funktionieren würde. Aber er ist eingeschlagen wie eine Bombe“, berichtet sie. „Mittlerweile läuft es so gut, dass wir schon zwei Kurse haben.“ Und da sei auf jeden Fall noch Luft nach oben. Zusätzlich möchte die Ärztin ab Januar zusammen mit der Abteilung für Physiotherapie ein Sport- und Bewegungsprogramm für Krebspatienten anbieten. „Denn Bewegung hat einen positiven Einfluss auf den Verlauf der Krankheit.“ Damit hofft sie, auch mehr Männer zu erreichen, denn die sind beim Yoga deutlich in der Unterzahl.

Schon früher habe Brücher-Enke ihren Patienten empfohlen, Yoga zu machen. „Studien haben bewiesen, dass regelmäßiges Yoga auf Begleiterscheinungen der Erkrankung wie Müdigkeit, Stress und Ängste einen positiven Effekt hat. Zusätzlich kann man auch laborchemisch gute Veränderungen feststellen“, erklärt die Onkologin. Vielen Patienten waren die normalen Kurse aber zu anstrengend oder ihnen war die Perücke unangenehm. Da kam die Ärztin auf die Idee, einen eigenen Kurs anzubieten, der auf die Kranken zugeschnitten ist. Dazu holte sie sich Yoga-Lehrerin Sabine Steffen, Inhaberin von Vishnus Vibes, mit an Bord. Die 47-Jährige hatte gerade die Fortbildung Traumasensibles Yoga gemacht und passte perfekt zu dem Projekt. „Ich habe auch vorher schon viel mit Kranken zu tun gehabt, allerdings nicht mit diesem Schweregrad“, erzählt sie. „Wir bieten hier natürlich eine andere Form des Yogas an. Leistungsdruck gibt es nicht. Es geht viel um Körpertherapie, Mobilisation und Atemübungen. Die Übungen sind leicht und spielerisch, damit jeder sie auch zu Hause machen kann.“

Bei den Übungen geht es darum, dass die Patienten wieder anfangen, etwas zu spüren. Sie sollen ihren Körper wahrnehmen und Selbstvertrauen zurückgewinnen. Genau diesen Effekt empfindet Thomas Knaak. Der 54-Jährige war vor 23 Jahren schon einmal an Krebs erkrankt und hat erkannt, was die Zusatztherapie ihm jetzt bringt. „Das Yoga ist eine Art Blitzableiter. Es lenkt mich von meinen Gedanken ab. Ich habe gelernt, mich auf meinen Körper zu konzentrieren, dem ich gar nicht mehr vertraut habe.“ So geht es auch Nebahat Koyupinar. „Ich bin jetzt wieder mehr bei mir und nicht bei der Krankheit.“ Sie macht den Kurs nur alle zwei Wochen, denn sie ist gerade in der Chemo-Behandlung. „In der Chemo-Woche geht es mir einfach zu schlecht. Da ist mir übel und ich würde mich auch unsicher fühlen, mit der Chemo-Pumpe zu trainieren“, berichtet Koyupinar. Aber gerade die Flexibilität des Kurses schätzt sie sehr. „Man kommt, wenn man Zeit hat, und zahlt auch nur dann.“

Für viele Kursteilnehmer spielen die gemeinsamen Erfahrungen und die Gemeinschaft eine große Rolle. „Man muss sich hier nicht verstellen und so tun, als ob es einem gut geht. Jeder achtet hier auf jeden. Keiner macht blöde Sprüche wie, ,Das wird schon wieder` oder ,Du musst nur mal richtig schlafen`“, so Ulli Kundt. „Ich weiß noch: In der ersten Stunde war eine Frau mit Glatze. Ganz spontan haben die anderen Patienten ihre Perücken ausgezogen, um zu zeigen, wir sind unter uns“, so Brücher-Enke. Die Kursteilnehmer sind sich einig, auf jeden Fall mit dem Yoga weiterzumachen, auch wenn es ihnen wieder gut geht. Einen Wermutstropfen gibt es aber. „Wir Krebspatienten haben es schon schwer genug. Es wäre toll, wenn die Krankenkassen die Kosten für den Kurs übernehmen oder zumindest einen Zuschuss beisteuern würden“, findet Sabine Rosado.

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