Düsseldorfer Kabarettist Frank Küster "Es gibt zu viel vorauseilenden Gehorsam"

Düsseldorf · Der Kabarettist blickt in seiner Reihe "Reiner Tisch" immer satirisch auf den vergangenen Monat zurück. Im Gespräch erklärt er seine Höhepunkte des Jahres: den kleinen Stadtgeburtstag, die Tannhäuser-Absetzung und das zahnlos lächelnde D.

 Frank Küster in seinem Element: beim "Reinen Tisch" im Uerige.

Frank Küster in seinem Element: beim "Reinen Tisch" im Uerige.

Foto: Endermann

Wie war das Jahr 2013 in Düsseldorf?

Frank Küster Es war ein höchst originelles Jahr. Da wird zum Beispiel ein neuer Tunnel eröffnet, der sich nun als stadtnahes Bowlingcenter anbietet — weil ihn keiner als Tunnel nutzt. Und da wird uns ein neues Gebäude mit interessanten Argumenten schmackhaft gemacht.

Sie meinen wahrscheinlich den Kö-Bogen. Welche Argumente haben Sie denn nicht gänzlich überzeugt?

Küster Sie haben uns ja damit gekriegt, dass das Gebäude so grün wird, dass es eine optische Verlängerung des Hofgartens wird. ,Ihr merkt gar nicht, dass da gebaut wird, so grün wird das', haben sie uns gesagt. ,Ihr werdet nachher denken, huch, wer hat denn da die Spiegel in die Bäume gehängt', haben sie uns versprochen. Und jetzt warten wir immer noch gespannt auf dieses nicht enden wollende Grün.

Zu einem anderen Höhepunkt: Wie haben Sie das Stadtjubiläum erlebt?

Küster Das fand ich schon im Ansatz sehr originell. Der Etat für das Jubiläum war, glaube ich, etwa halb so hoch wie die Kosten für den Umzug des Kö-Bogen-Infocontainers.

Waren Sie denn beim Bürgerfest im September?

Küster Bürgerfest? Ach, Sie meinen diese Handwerksausstellung unter reger Beteiligung der Stadtwerke. Nein, da war ich nicht. Gab es da auch eine japanische Trommelaufführung? Klar, muss ja. Wenn der Düsseldorfer feiert, dann muss der Japaner auch trommeln.

Zu Beginn des Jahres hat der Streit zwischen Oberbürgermeister Dirk Elbers und den Feuerwehrmännern, die im Internet kritische Äußerungen über ihn gutgeheißen haben, die Schlagzeilen bestimmt. Wie haben Sie das begleitet?

Küster Ich habe dazu einen Text zur Melodie von "König von Deutschland" geschrieben. In dem Lied hieß es dann unter anderem ,Die Feuerwehr, die halt ich kurz/Überstunden? Mir doch schnurz./Was soll denn das, dass die jetzt flennt?/Ist eh immer zu spät, kommt immer erst, wenn's brennt./Das alles, nimmt Düsseldorf hin/Weil ich König, weil ich König von D'dorf bin'.

Bleiben wir musikalisch-politisch: Die Rheinoper hat in diesem Jahr ihre Inszenierung von Wagners ,Tannhäuser' abgesetzt. Wie bewerten Sie das?

Küster Ich fand das unmöglich. Da werden doch vermutlich ein, zwei Proben stattgefunden haben. Hat die keiner gesehen? Und wenn doch, werden diejenigen doch wohl zu dem Urteil gekommen sein, dass sie das durchziehen wollen und damit mal ein bisschen öffentliches Interesse wecken. Ich verstehe diesen vorauseilenden Gehorsam in Form der Absetzung nicht. Aber Ähnliches erleben wir ja auch im Karneval.

Was meinen Sie?

Küster Wo gibt es denn sonst bitte eine Replik auf die Rede des Hoppeditz? Da begehrt das Volk auf, sein Stellvertreter hält eine Schmährede und anschließend muss er sich die Leviten lesen lassen, dass er dasteht wie ein begossener Pudel? Das ist Zerstörung des Brauchtums. Das ist so, als würde der Bettler an St. Martin seinen halben Mantel zurückgeben und sagen ,Lass mal, Dir steht die Jacke viel besser'.

Was war aus Ihrer Sicht der Tiefpunkt des Jahres?

Küster Das neue Stadtlogo, das zahnlos lächelnde D. Obwohl es ja einen Vorteil hat: Weil auch viele andere das Motiv schon hatten, fühlt der Düsseldorfer sich jetzt überall in der Welt zu Hause. In Dortmund, Dänemark, Dubrovnik...

Sie feiern im kommenden Jahr den 15. Geburtstag Ihrer Reihe "Reiner Tisch". Wie fällt Ihre Bilanz aus?

Küster Die Verklärung setzt bei mir früh ein — und schon war alles schön.

Das heißt, die Jahre haben Sie eher optimistischer gemacht?

Küster Man muss schon optimistisch sein, wenn man jeden Monat ein komplett neues Programm macht und darauf setzt, dass einem genug einfällt, um das Publikum beim ,Reinen Tisch' zu begeistern.

Sind Sie mit den Reaktionen zufrieden?

Küster Das Gute ist, dass ein Abend, der eins zu eins so läuft wie geplant, prima funktioniert, und es noch schöner ist, wenn etwas anderes passiert. Ich komme zum ,Reinen Tisch' nicht, um abzuliefern, was auf meinen Zetteln steht, sondern das gerade nicht zu tun. Und das Publikum kommt natürlich auch, um genau das zu erleben.

Wird es den ,Reinen Tisch' auch in 15 Jahren noch geben?

Küster Ich hoffe doch. Auch wenn ich dann vielleicht aus dem Ohrensessel moderiere.

CHRISTIAN HERRENDORF UND UWE-JENS RUHNAU FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

(RP)
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