Interview zum Film "In ihren Augen" "Es geht um die Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit"
Der argentinische Film "In ihren Augen" hat in diesem Jahr den Oscar für den besten fremdsprachigen Film gewonnen. Am Sonntagabend läuft das Drama um Unterdrückung, Gewalt und Liebe als Preview im FrankenheimKino. Im Interview spricht Schauspielerin Soledad Villamil über ihre Rolle, die Geschichte ihres Landes und darüber, was sie sich vom Oscargewinn für die argentinische Filmindustrie erhofft.
Der Film kommt in Deutschland erst Ende Oktober in die Kinos und ist daher bei den Zuschauern noch wenig bekannt. Warum sollte man sich "In ihren Augen" anschauen?
Der Film ist interessant, weil er viele Genres vereint. Man kann ihn als Thriller sehen oder als Drama oder als politischen Film um eine Polizei-Intrige. Man könnte ihn auch dem romantischen Genre zuordnen, er erzählt eine Geschichte über zwei Menschen, die sich verlieben. Eigentlich gibt es im Film sogar zwei Liebesgeschichten. Außerdem ist es ein Film, der tiefgründige und philosophische Themen anschneidet, die Suche nach Wahrheit und der Gerechtigkeit. Und er enthält auch Szenen voller Humor. Ich finde, die Genres sind geschickt kombiniert, und das macht den Film sehr unterhaltsam und spannend. Das macht wohl den Erfolg des Films aus.
Was sagt uns der Film über die Geschichte und Gesellschaft Argentiniens?
Es handelt sich nicht in erster Linie um einen historischen Film, aber er hat das Argentinien der 70er Jahre als Grundlage. Die Charaktere im Film blicken aus der Gegenwart auf diese Zeit zurück und nehmen uns durch ihre Erinnerungen mit in ein Umfeld, in dem viel Gewalt herrschte. Es geht um die Jahre 1973 und 1974. Man kann sagen: Damals begann, was schließlich zum Militärputsch im Jahr 1976 führte.
Ist diese Zeit der argentinischen Geschichte für Sie persönlich immer noch präsent?
Ja. Es gibt immer noch juristische Untersuchungen und Klagen, die diese Zeit betreffen und abgeschlossen werden müssen. Der Film stellt die These auf, dass jemand, der sich nicht mit seiner Vergangenheit auseinandersetzt, ihr nicht gegenübertreten kann, damit bewirkt, dass diese Vergangenheit niemals abgeschlossen sein wird.
Was ist Ihre Rolle im Film?
Ich spiele eine junge Anwältin, die eine Stelle am Gericht antritt, mit viel theoretischem Wissen, aber wenig Erfahrung. Sie stellt fest, dass die Gerechtigkeit dort nicht dem entspricht, was sie aus ihren Büchern gelernt hat. Es ist ein interessanter Prozess, wie sie das entdeckt und wie ihre Frustration wächst. Außerdem findet sie die Liebe ihres Lebens - aber auch das ist schwierig, weil es ein Mann aus einer anderen Schicht ist, was damals großes Gewicht hatte. In der Gegenwart ist diese Frau Richterin geworden und ihre Erfahrungen von damals haben sie zu einer reifen und mutigen Frau gemacht.
Hat der Film Ihr Leben verändert?
Der Film hat viel Aufmerksamkeit erregt, nicht nur in Argentinien, sondern auch in vielen anderen Ländern. Das ist für die Wahrnehmung meiner Arbeit sicherlich sehr wichtig. Ob der Film mein Leben verändert, kann ich wohl erst später beurteilen. Aber schon jetzt habe ich das Gefühl, dass ich durch den Film als Schauspielerin international stärker wahrgenommen werde.
Weshalb hat der Film Ihrer Meinung nach den Oscar gewonnen?
Der Film enthält wie vorhin schon erwähnt eine Fülle an verschiedenen Elementen und Genres. Aber ich glaube, der Schlüssel zum Erfolg liegt vor allem im Drehbuch. Es kombiniert die verschiedenen menschlichen Dramen, die im Film erzählt werden, auf sehr sensible und intelligente Art.
In Argentinien gibt es viele talentierte Regisseure und Schauspieler. Wie sehen Sie die Lage der Filmindustrie in Ihrem Land?
Es gibt viele, die daran arbeiten, das argentinische Kino zu einer Industrie zu machen, aber derzeit würde ich es noch nicht so bezeichnen. Wir haben wirklich viele talentierte Schauspieler und Regisseure, aber die wirtschaftlichen Möglichkeiten sind sehr begrenzt. Wir leben in einem unterentwickelten Land, wenn auch mit viel Potenzial. Projekte umzusetzen ist in solch einem Umfeld immer schwierig, nicht nur in der Filmbranche, sondern auch in vielen anderen Bereichen. Ich hoffe, dass der Oscargewinn der gerade entstehenden argentinischen Filmindustrie einen Schub gibt.
Durch den Oscargewinn werden viele Menschen in aller Welt den Film sehen. Was bedeutet das für Sie?
Ich hoffe, dass der Film Türen öffnet. Für mehr argentinische Filme, für bessere Projekte.
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