Interview mit Ulf Pallme König "Es fällt schwer zu sagen: Das war es"

Düsseldorf · Der Kanzler der Heinrich-Heine-Universität wird heute nach 22 Dienstjahren verabschiedet. Im Interview spricht er über die Probleme und Höhepunkte in seiner Amtszeit und über die zukünftigen Herausforderungen der Universität.

 Uni-Kanzler Ulf Pallme König will der Hochschule auch nach seiner Verabschiedung verbunden bleiben.

Uni-Kanzler Ulf Pallme König will der Hochschule auch nach seiner Verabschiedung verbunden bleiben.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Herr Pallme König, wie fühlt sich der Abschied nach 22 Jahren an?

 Namensgeber der Uni: Heinrich Heine.

Namensgeber der Uni: Heinrich Heine.

Foto: dpa, Marius Becker

Pallme König Wenn man sich so lange mit Herz und Seele einer Sache verschrieben hat, fällt es schwer zu sagen: Das war's! Es braucht Zeit, um zu verstehen, dass ein wichtiger Lebensabschnitt vorbei ist. Um alles Weitere müssen sich jetzt andere kümmern.

Was waren die größten Herausforderungen in Ihrer Amtszeit?

Pallme König Es gab turbulente Zeiten: In den 1990er Jahren drohte die Schließung der Zahnmedizin und es gab finanzielle und personelle Probleme in den damaligen Medizinischen Einrichtungen. Es gab sogar Todesfälle, für die der damalige Leiter der Blutbank verurteilt wurde. Das Lehramtsstudium aufzugeben, auf Bachelor- und Master-Studiengänge umzustellen, im Zuge des Qualitätspaktes große Einsparungen umzusetzen und mit dem Hochschulfreiheitsgesetz die finanzielle und personelle Eigenverantwortung zu übernehmen — das waren Kraftakte.

An welche Projekte erinnern Sie sich gerne zurück?

Pallme König An den weiteren Ausbau der Universität in den 1990er Jahren, die Gründung und den Aufbau der Wirtschaftswissenschaftlichen und der Juristischen Fakultät, an die generöse Unterstützung durch die Bürger Düsseldorfs! Zwei Beispiele: Die 40-Millionen-Euro-Spende der Familie Schwarz-Schütte, die das "oeconomicum"-Gebäude für die Wirtschaftswissenschaften und das Institut für Wettbewerbs-Ökonomik finanziert hat, sowie die Unterstützung der Stiftung van Meeteren, die das "Haus der Universität" ermöglicht hat.

Das Land will mit einem neuen Gesetz mehr Einfluss nehmen auf Hochschulen, etwa in Personal- und Finanzfragen. Wie finden Sie das?

Pallme König Ich sehe darin ein Misstrauen der Landesregierung gegenüber den Hochschulen. Ich denke, dass alle Hochschulen mit der "Freiheit", die sie bekommen haben, sehr verantwortungsvoll umgehen. Ich verstehe, dass das Land wissen will, wie wir Steuergelder verwenden. Doch dazu braucht es keine neuen gesetzlichen Regelungen. Die Hochschulen sind schon verpflichtet, umfangreiche Informationen vorzulegen. Das Land hat den nötigen Einblick und die nötige Kontrolle.

Empfinden Sie das geplante Gesetz als Bevormundung?

Pallme König Für die Bezeichnung "Hochschulentmündigungsgesetz" habe ich Sympathie. Die Landesregierung muss endlich plausible Gründe für die geplanten Änderungen nennen. Die ist sie bis jetzt schuldig. Dies gilt auch für die Antwort auf die Frage, wie sie die mit der Umsetzung verbundenen Kosten finanzieren will.

Mit einer Frauenquote sollen mehr Frauen an Hochschulen gefördert werden. Zudem will das Land die Einhaltung der guten wissenschaftlichen Praxis an Hochschulen gewährleisten. Sind das nicht Probleme, die Hochschulen wie die Uni Düsseldorf aus eigener Kraft bislang nicht gelöst haben?

Pallme König Der Gesetzentwurf spricht durchaus wichtige Punkte an. Aber die angebotenen Lösungen sind nicht zielführend. Das gilt für die gute wissenschaftliche Praxis — die in die Hände der Hochschulen gehört — genauso wie die Förderung von Frauen per Quotenregelung. Die Heine-Universität ist ihrem Auftrag, die Einhaltung der Regeln guter wissenschaftlicher Praxis zu überwachen, bisher nachgekommen. Ich gebe zu, dass wir unsere Bemühungen in diesem Punkt noch intensivieren müssen.

Und wie stehen Sie zur Frauenquote?

Pallme König Für das Problem eines geringen Anteils von Professorinnen in manchen Fächern bietet der Gesetzesentwurf keine praktikable Lösung. Es gibt auch ein rechtliches Problem, weil die im Grundgesetz geforderte Bestenauslese und die bevorzugte Auswahl eines Geschlechts im Widerstreit stehen. Eine Lösung habe ich aber nicht. Das Ansinnen, mehr Frauen eine Karriere in Wissenschaft und Forschung zu ermöglichen, ist jedoch richtig.

Welchen Problemen muss sich die Uni in Zukunft stellen?

Pallme König Die große Herausforderung ist es, die Wettbewerbsfähigkeit der Universität zu erhalten. Der wesentliche Schlüssel dazu liegt in der baulichen Entwicklung des Campus'. Die besten Köpfe kommen nur nach Düsseldorf, wenn den Professorinnen und Professoren hier angemessene Gebäude und Räume geboten werden.

Viele Gebäude der Uni aus den 1970er Jahren sind sanierungsbedürftig, in einigen Gebäuden wurden Polychloride Biphenyle verbaut, die Hautveränderungen, vielleicht auch Krebs auslösen können, und Asbest. Wie geht die Uni damit um?

Pallme König Was die mit Schadstoffen belasteten Gebäude angeht — und das sind die meisten auf dem Campus —, sind unsere Handlungsmöglichkeiten begrenzt. Wir sind Mieter und an vielen Punkten sind uns die Hände gebunden. Wo wir können, handeln wir mit unserem Vermieter, einem Landesbetrieb. Beim Thema PCB lassen wir uns von einem Arbeitsmediziner beraten, machen Belastungen transparent, reinigen und lüften regelmäßig. Wir haben aber auch Räume schließen müssen. In einigen Gebäuden wurden kurzfristig belastete Materialien entfernt, um sie zumindest für ein paar Jahre weiter betreiben zu können. Wir werden mit dem Land alle Anstrengungen unternehmen, den Campus Schritt für Schritt zu sanieren. Die Kosten dafür liegen bei rund 850 Millionen Euro.

Wie lange wird es dauern, bis alle Arbeiten abgeschlossen sind?

Pallme König Wir kümmern uns erst um die schadstoffbelasteten Gebäude, danach folgen die anderen. Insgesamt wird es mindestens zwei Jahrzehnte brauchen. Wenn denn die erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen.

Wie geht es für Sie jetzt weiter?

Pallme König Ich bleibe der Universität weiter eng verbunden und werde als Honorarprofessor Vorlesungen bei den Juristen halten. Doch ich will nicht täglich auf dem Campus herumlaufen, kluge Sprüche klopfen und sagen, wie es bessergeht. Das wäre meinem Nachfolger gegenüber nicht in Ordnung.

SEMIHA ÜNLÜ STELLTE DIE FRAGEN.

(RP)
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