Wollersheim feiert in Unterrath Ermittlungspannen in Rotlicht-Affäre?

Düsseldorf · Das Oberlandesgericht prüft die Beschlüsse, mit denen die Haftbefehle gegen mehrere Hauptbeschuldigte im Düsseldorfer Bordell-Skandal aufgehoben wurden. Die Staatsanwaltschaft will auch gegen die Freilassung des Mitinhabers der Clubs an der Rethelstraße vorgehen.

 Party bei einem alten Freund: Bert und Sophia Wollersheim gestern in Unterrath bei der CD-Präsentation von Tony Marony.

Party bei einem alten Freund: Bert und Sophia Wollersheim gestern in Unterrath bei der CD-Präsentation von Tony Marony.

Foto: Endermann, Andreas

In einer gutbürgerlichen Kneipe im Stadtteil Unterrath genoss Bordellchef a.D. Bert Wollersheim (61) am Sonntag mal wieder ein Bad in der Menge. Mit Ehefrau Sophia Vegas posierte er für die Damen, die vor allem gekommen waren, um die neue CD von Tony Marony zu hören. Der Düsseldorfer Schlagersänger hatte das schrille Rotlicht-Paar zur Verkaufsparty aus alter Freundschaft eingeladen. Wollersheim, der im August aus siebenwöchiger Untersuchungshaft entlassen wurde, nennt er seit vielen Jahren "Papa".

"Es tut gut, mit Freunden zu feiern", sagte Wollersheim, dessen Bordelle kurz nach der Großrazzia der Polizei im Juli geschlossen worden waren. Nachdem die meisten der Hauptbeschuldigten in dem Verfahren wegen Raub, Betrug und Körperverletzung wieder auf freien Fuß gesetzt wurden, hofft der gelernte Friseur, dass die Stadt die Konzession neu erteilt. Sein "Lebenswerk" wolle er vielleicht nicht selbst weiterführen, aber doch "in gute Hände" übergeben. Ein Job als Berater, "das wäre mein Wunsch".

Die Freilassung seiner Geschäftsführerin und seines langjährigen Partners hat Wollersheim. der nach seiner eigenen Entlassung noch von menschlichen Enttäuschungen in seinem Betrieb gesprochen hatte, umdenken lassen. Für alle seine Mitarbeiter gelte die Unschuldsvermutung. Er könne sich nicht vorstellen, dass in seinen Etablissements Freier unter Drogen gesetzt und ausgeraubt worden seien. "Dann wäre ja niemand mehr zu uns gekommen."

Ähnliche Zweifel hegt laut "Welt am Sonntag" auch die Beschwerdekammer beim Landgericht, die die Haftbefehle gegen mehrere der Hauptbeschuldigten aufgehoben hat. Wie das Blatt unter Berufung auf die entsprechenden Beschlüsse berichtet, würden vor allem die von den Ermittlern mitgehörten Telefonate unterschiedlich interpretiert. So soll Wollersheims Geschäftspartner Thomas M. über einen Freier geredet haben, der "wie eine Weihnachtsgans" ausgenommen werden solle, nachdem man ihm "geschlachtet" habe. Das Gericht habe diesen Mitschnitt nicht als Beweis für ein geplantes Verbrechen gewertet. Laut WamS habe die Beschwerdekammer 17 Mitschnitte selbst angehört, werte aber nur ein einziges "allenfalls als Indiz" für von M. begangene Straftaten. Für die Staatsanwaltschaft gilt M. als Hauptbeschuldigter in einem Netzwerk aus mehr als 80 Beschuldigten, die an den systematisch organisierten Taten beteiligt gewesen sollen.

Derzeit prüft das Oberlandesgericht die Aufhebung zweier Haftbefehle. Die Freilassung Wollersheims hatte das Landgericht damit begründet, dass die Verdachtsmomente gegen den Bordellchef für eine U-Haft nicht ausreichten. Gleichwohl lägen "dringende Gründe für die Annahme vor, dass es ein entsprechendes System strafbarer Handlungen in den Bordellbetrieben gegeben" habe. Bei der Aufhebung der anderen Haftbefehle hatte die Kammer später begründet, es sei nicht auszuschließen, das bloß zufällig verschiedene Täter "einander ähnelnde" Taten verübt hätten.

Die Staatsanwaltschaft hatte dagegen Beschwerden eingelegt. Erste Entscheidungen des OLG werden in dieser Woche erwartet. Eine ausführliche Begründung ihrer Beschwerde gegen die Freilassung von Thomas M. will die Staatsanwalschaft in den nächsten Tagen einreichen. Auf einen neuen Haftbefehl gegen Wollersheim dagegen besteht die Anklagebehörde nicht, nachdem inzwischen Zeugenaussagen vorliegen, die Wollersheim entlasten.

Einer der beiden noch inhaftierten Beschuldigten wird demnächst wegen Drogenvergehen vor Gericht verantworten müssen. Der 28-Jährige war Wirtschafter in einem der vier von der Stadt geschlossenen Bordellbetriebe. Im laufenden Ermittlungsverfahren wirft die Staatsanwaltschaft ihm vor, die Kreditkarten ahnungsloser Freier heimlich belastet zu haben. Das habe, sagte Bert Wollersheim gestern schulterzuckend, "mit uns nichts zu tun. Der war sein eigener Herr."

(RP/jco)
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