Düsseldorf Eine Straße, fünf Stadtteile

Düsseldorf · Die Münsterstraße beginnt in Pempelfort und endet in Rath. Entlang der mehr als 500 Hausnummern ändert sich das Stadtbild ständig.

 In zweiter Reihe errichtet, führt der Zugang zur Münster-Therme in Pempelfort zwischen zwei Häusern hindurch.

In zweiter Reihe errichtet, führt der Zugang zur Münster-Therme in Pempelfort zwischen zwei Häusern hindurch.

Foto: Marc Ingel

Am Anfang der Münsterstraße wird es gleich wichtig: VIP-Friseur und VIP- Grill suggerieren dem Passanten, dass er hier am Dreieck bedient wird wie ein König. Ganz so edel ist es sicher nicht, doch im Anschluss an die stark frequentierte Nordstraße hat sich hier in Pempelfort ein gesunder Mix aus alteingesessenen und neuen Geschäften etabliert. Und wenn sogar der Oberbürgermeister an dieser Adresse seine Wohnung hat, kann die Gegend ja so schlecht nicht sein. Und was gibt es noch? Traumdessous und Bierspezialitäten wechseln sich ab mit Läden wie dem Friseursalon von Axel Ziehe, der hier seit fast 40 Jahren Kunden bedient und verspricht: "Wir pflegen nicht nur Haare, sondern auch Beziehungen."

 Von der Hochschule in Derendorf sieht man den Arag-Tower zwischen Düsseltal und Mörsenbroich.

Von der Hochschule in Derendorf sieht man den Arag-Tower zwischen Düsseltal und Mörsenbroich.

Foto: Marc Ingel

Je weiter man Richtung Norden geht, desto schwieriger haben es die Geschäftsleute jedoch. Das Bistro Sahne & Bier hat ebenso geschlossen wie das bezaubernde Kult-Café von Zuckerbäcker Georg Maushagen, der sich nach Österreich verabschiedet hat. Und am Schaufenster von Fotograf Gerhard Müller-Rau ist zu lesen: "Geschäftsaufgabe. Alles muss raus!" Zwei Fixpunkte prägen die Münsterstraße in diesem Abschnitt: die Münster-Therme, das 1902 eingeweihte Kaiserbad, das nach seinem umsichtigen Umbau seit 2003 das vielleicht schönste Hallenbad der Stadt ist; und die 1911 fertiggestellte Feuerwache in dem imposanten Eckgebäude.

 Das Junge Schauspielhaus in Mörsenbroich liegt etwas zurückversetzt an der Münsterstraße.

Das Junge Schauspielhaus in Mörsenbroich liegt etwas zurückversetzt an der Münsterstraße.

Foto: Marc Ingel

Hinter der Jülicher Straße beginnt Derendorf. Der Architekturmix ist hier erstaunlich, Neu und Alt wechseln sich ab. Gefühlt schon ewig gibt es an der Hausnummer 42 den Münster Grill. Vorbei ist leider die Zeit der Eulerstube. Nach 40 Jahren hat Gert Steege die Kneipe abgegeben, sie heißt jetzt Vixen, was aus dem Englischen übersetzt Füchsin bedeutet.

 An der Münsterstraße gibt es einen ungewöhnlichen Architektur-Mix.

An der Münsterstraße gibt es einen ungewöhnlichen Architektur-Mix.

Foto: Marc Ingel

Wenn ein Platz nach der Straße, an der er liegt, benannt ist, muss er eigentlich von zentraler Bedeutung für den Stadtteil sein. Doch der Münsterplatz tut sich schwer, auch nach dem Umbau 2012. Er ist zwar bedeutend lichter als früher, aber irgendwie auch noch leerer. Ein Wochenmarkt hat sich dort jedenfalls nicht gehalten. Gegenüber reiht sich ein Laden an den nächsten, hier wird die Münster- zur Einkaufsstraße. Es gibt Geschäfte wie das von Juwelier Jörg Nölle, der inzwischen in dritter Generation (seit 1964) Uhren oder Schmuck repariert und verkauft. Die Münsterpassage 50 Meter weiter heißt zwar noch so, ist aber von der Münsterstraße aus gar nicht mehr zu erreichen, seit Platzhirsch Rossmann den Eingang hat schließen lassen, um für die neue Filiale ausreichend an Größe zu gewinnen.

 U-Bahn und S-Bahn begegnen sich auf dem Rather Stück der Münsterstraße.

U-Bahn und S-Bahn begegnen sich auf dem Rather Stück der Münsterstraße.

Foto: Marc Ingel

Die Metzgerei Kieven hat nach 120 Jahren geschlossen, und auch von Farben Tapeten Fiedler hängt nur noch das Geschäftsschild über dem Laden, in dem sich längst ein Trödeldepot eingemietet hat. Im Münstereck dagegen gibt es auch heute noch mittags grobe Bratwurst mit Spitzkohl oder Kotelett mit Bohnengemüse, während gegenüber bei Deen's frische Salate und Panini angeboten werden. Die neu eröffnete und noch weiter wachsende Hochschule auf dem ehemaligen Schlösser-Gelände weiter oben in Richtung S-Bahnhof hat der Münsterstraße unlängst einen komplett anderen, entsprechend jüngeren Anstrich gegeben.

 In dritter Generation arbeitet Jörg Nölle in seinem Geschäft.

In dritter Generation arbeitet Jörg Nölle in seinem Geschäft.

Foto: Bauer

Die Zentralmoschee auf der Eisenbahnbrücke ist dann für längere Zeit das letzte richtig spannende Gebäude an der Münsterstraße. Auf dem kurzen Stück durch Düsseltal befinden sich noch die Awo-Zentrale und das NH-Hotel, bis zum Mörsenbroicher Ei fällt sonst wenig ins Auge. Wäre da gegenüber von Mercedes nicht der Arag-Tower an der Münsterstraße 359. In dem fast 125 Meter hohen Bürohaus arbeiten auf 32 Etagen 950 Menschen, es ist von weitem zu sehen und gilt als ein Wahrzeichen der Stadt.

Hinter dem Mörsenbroicher Ei, der größten und vor allem unübersichtlichsten Kreuzung in Düsseldorf, beginnt der vierte Stadtteil an der Münsterstraße - und die große Tristesse. Und das liegt nicht allein an der nicht enden wollenden Zeit der Dauerbaustellen wegen des Umbaus der Haltestellen, sondern auch ein Stück am fehlenden Flair hier mitten in Mörsenbroich - was wiederum zu immer neuen Geschäftsaufgaben führt. Und doch finden sich immer wieder Nachfolger, die mit neuen Ideen ihr Glück versuchen - etwa die mit dem koreanischen Barbecue-Restaurant. Der Lichtblick liegt weiter nördlich etwas zurückversetzt von der Münsterstraße an der Hausnummer 446: das Junge Schauspielhaus.

Das letzte Stück der Münsterstraße gehört Rath. Hinter der verrosteten und mit Graffiti beschmierten S-Bahnbrücke beginnt ein ganz anderer, multikulturell geprägter Kosmos. Café Anatolia und Anatolia Grill, Sultan Internetcafé und der Rather City-Markt reihen sich aneinander. Bei Hausnummer 529 ist Schluss, an der Ecke zum Rather Broich markiert eine Sportsbar den Abschluss der Münsterstraße: eine Straße, dreieinhalb Kilometer lang, die durch fünf Stadtteile führt und fünf ganz verschiedene Welten eröffnet.

(arc)
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