Düsseldorf Eine Liebeserklärung zum Abschied

Düsseldorf · Eine junge Frau verlässt Düsseldorf, weil sie in einer anderen Stadt studieren möchte. Zum Abschied schreibt sie in ihrem Blog eine Liebeserklärung an ihre Heimatstadt - die so schön ist, dass wir gern Kontakt zu ihr aufnehmen wollen. Allerdings nennt sie im Internet nicht ihren wahren Namen, sondern schreibt unter dem Pseudonym "Writressatheart". Nicht mal eine E-Mail-Adresse hat sie angegeben.

Die Studentin Sarah Hüber verlässt Düsseldorf in Richtung Siegen. Zum Abschied hat sie der Stadt einen Blog-Eintrag gewidmet.

Die Studentin Sarah Hüber verlässt Düsseldorf in Richtung Siegen. Zum Abschied hat sie der Stadt einen Blog-Eintrag gewidmet.

Foto: Andreas Endermann

Über Kontakte bei Twitter, dann Facebook und schließlich am Telefon erfahren wir, dass es sich um die 22-jährige Sarah Hübner handelt — die in der Redaktion der Rheinischen Post mal ein Praktikum absolviert hat. Sie ist schweren Herzens nach Siegen gezogen, um dort ihren Master im Fach "Medien und Gesellschaft" zu erlangen. Nebenbei schreibt sie in einem Blog über alles, was sie bewegt, inzwischen unter dem Namen "Möchtegernschriftstellerin". Wir drucken den Text mit freundlicher Genehmigung der Autorin in voller Länge ab.

"Dein sturer Stolz und deine grauen Tränen, die Farben deiner Nächte. Der Atem deines Lebens. Die Farben deiner Menschen, das Schillern deines Namens, die Hässlichkeit der schlecht beleuchteten Flecken. Dein Auf und Ab, dein Hin und Her, das Rauschen in den Ästen. Dein Kompromiss und dein Kontrast, das schäbige, das schicke. Das zu viel und das zu wenig. Der breite Fluss, der schmale Grat, das Herz am rechten Fleck. Das Brüllen und das Schweigen. Das grau-grün-blau der weiten Augen, das rot und weiß in deiner Brust. Der Löwe und der Anker. Dat und wat. Jesacht und abjemacht. Der Rhein, die Kurve und das dunkle Bier. Die Kö, die Bolker- und der Hafen. Flingern, Bilk und "meine Hood".

Die Clubs, die Kneipen, durchgetanzte Nächte. Pizza bei Lupo morgens um drei, vollgestopfte U-Bahn Richtung Stockum. Deine traditionsreiche Alkoholfahne und das arrogante Glitzern deiner neuen Fassaden. Der Stau, das Hupen, das dörfliche im Dunkeln. Der Trödel, Nippes und Helau. Flanieren, Pomp und weggeschminkte Makel. Das stundenlange "sofort" auf der Anzeigetafel, die wilde Bauzaun-Wüste. Deine Beharrlichkeit und deine Ambition, die Toleranz, das kunterbunt-gemischte. Rheinische Aufdringlichkeit und kühle Neonlichter, die Brücken, Türme, Kirchen, Absatzkiller-Straßenpflaster.

Das Stadion, Lambertus, Tonhalle, das Ufer und die bunten Rheinturm-Lichter. Der Glühwein zwischen Touris und Weihnachtsfeier, die altbekannten Stimmen aus dem Radio. Das mitten im Leben und doch für sich, das laute und das leise. Die Hymnen, Diskussionen, Schmähungen von außen. Die Momente, Gedanken und all diese Menschen. An was wir uns erinnern. Du bist mein Heim, mein Hafen bist du immer.

Düsseldorf, ich trag dich mit mir an den anderen Ort. Zurück zu dir komm' ich bestimmt, alte Geliebte.

Ich werde dich vermissen."

(RP)
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