Lucia Bachhausen und Dagmar Schulz "Eine junge Frau als Nachfolger ist exotisch"
Düsseldorf · Lucia Bachhausen (31) hat die Filmproduktionsfirma ihres Vaters übernommen - und ist damit eine von wenigen Frauen als Unternehmens-Nachfolger. Nun erhielt sie dafür einen Preis. Ein Gespräch mit ihr und Veranstalterin Dagmar Schulz.
Diese Woche wurde zum vierten Mal der Düsseldorfer Unternehmerinnenpreis verliehen. Dabei ist zum ersten Mal auch eine Unternehmensnachfolgerin ausgezeichnet worden. Kommen die so selten vor?
Dagmar Schulz Das Thema Nachfolge ist zum einen nicht in den Köpfen präsent. Zum anderen passiert es tatsächlich selten, dass eine Frau ein Unternehmen übernimmt, bei einer jungen Frau ist es geradezu exotisch. Und es gehört sehr großer Mut dazu, ein Unternehmen aus der Familie zu übernehmen. Das ist schwieriger, als wenn dies ein Fremder tut.
Frau Bachhausen, sehen Sie das genauso?
Lucia Bachhausen Es ist schwieriger, wenn es das Unternehmen der eigenen Familie ist. Man muss die eigenen Erwartungen und die der Eltern erfüllen. Bei den Mitarbeitern muss man beweisen, dass man nicht nur die Tochter ist und mehr für seine Anerkennung leisten, als wenn man von außen kommt.
Sie sind in einem Unternehmerhaushalt aufgewachsen. Hatten Sie schon immer im Hinterkopf, dass Sie eines Tages das Unternehmen übernehmen oder gab es einen auslösenden Klick, mit dem Ihnen klar wurde, dass Sie es tun wollen?
Bachhausen Weder noch. Es war ein schleichender Prozess. Mein Vater hat das nie von mir erwartet, sondern hat mir eher vom Einstieg in die Medienbranche abgeraten. Aber ich habe mich immer für Filmproduktion interessiert. Mit drei Jahren habe ich unter den Schreibtischen gespielt und mein Vater hat mich schon mal auf Termine mitgenommen. In der Schulzeit und im Studium habe ich in der Firma gearbeitet, um ein bisschen Geld zu verdienen. Als ich mein Studium der Medienwirtschaft abgeschlossen hatte, stellte sich heraus, dass ich dann ja auch das Unternehmen übernehmen könnte. Für meine Entwicklung war aber sehr wichtig, dass ich während meiner zweijährigen Anstellung in einer anderen Werbefilmproduktionsfirma in Hamburg Erfahrungen sammeln konnte.
Wie haben Sie es hinbekommen, dass Mitarbeiter, die Sie schon als Kind kannten, als Chefin akzeptieren?
Bachhausen Wie soll ich das erklären? Ich habe einfach versucht, meinen Job so gut wie möglich zu machen und dadurch anerkannt zu werden. Es hat geklappt.
Frau Schulz, als Sie den Unternehmerinnenpreis ins Leben gerufen haben, gab es immer wieder Stimmen, die diese weibliche Spezialisierung nicht hilfreich oder angemessen fanden. Was haben Sie denen entgegnet?
Schulz Ja, das war anfangs so und hatte viel mit altem Klischee-Denken aus der Lila-Latzhosen-Zeit zu tun. Aber mittlerweile traut sich das kaum noch jemand zu sagen, weil verstanden wurde, wie wichtig das ist. Das Thema Frauen als Unternehmerinnen ist sehr stark in die Öffentlichkeit getragen worden und wir bekommen viel Unterstützung. Nach der Preisverleihung haben sich drei Unternehmen bei uns gemeldet mit eigenen Ladys-Netzwerken. Das zeigt, dass viel passiert.
In vielen inhabergeführten Unternehmen stehen Generationenwechsel an, aber es fehlt an Nachfolgern. Das hört man insbesondere aus dem Handwerk. Würden Sie auch anderen qualifizierten Frauen raten, eine Übernahme in Betracht zu ziehen, statt eine Gründung zu wagen?
Bachhausen Das würde ich auf jeden Fall. Wenn das Unternehmen gesund ist, wovon wir jetzt mal ausgehen, ist das eine wunderbare Basis, um eigene Ziele zu verwirklichen und die Firma an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Gegenüber dem Start-up hat man den großen Vorteil, dass man nicht erst eine Infrastruktur aufbauen muss - von Telefonen anschließen bis zur Erledigung der Buchhaltung. Außerdem hat man sehr gutes Personal, mit dem man arbeiten kann und einen Kreis von Stammkunden. Eine Schwierigkeit ist es, neue Arbeitsweisen einzuführen. Wenn man das geschafft hat, hat man die besten Bedingungen für einen Erfolg.
Haben Sie eine Idee, warum man eher selten von Übernahmen hört?
Bachhausen Start-ups gelten als cool und angesagt. Das Thema Nachfolge hat dagegen ein schlechtes Image. Dahinter steckt die Vorstellung, man setze sich in ein gemachtes Nest. Dabei ist es eine wunderbare Herausforderung, ein bestehendes Unternehmen weiterzuentwickeln. Zwar hat mich mein Vater anfangs zu den Stammkunden mitgenommen. Aber zu der Neukundenakquise gehe ich alleine.
In welcher Phase der Übergabe befindet sich Ihre Firma Bachhausen Visual Production denn gerade?
Bachhausen Seitdem ich vor drei Jahren ins Unternehmen zurückkam, läuft die Übergabe. Wir arbeiten eng zusammen. Ich profitiere von dem Erfahrungsschatz meines Vaters und bringe selbst neue Ideen ein. Mein Vater hat mir von Anfang an viel Entscheidungsfreiheit gegeben. Mittlerweile habe ich die Leitung übernommen. Mein Vater betreut noch Kunden, mit denen er eng verbunden ist und unterstützt mich. Und ich bin ihm dankbar, dass er sich diese Zeit nimmt.
Nicht immer verläuft die Übergabe so reibungslos. Es gibt deshalb Stellen, die beratende Begleitung anbieten. Haben Sie so etwas genutzt?
Bachhausen Nein, bislang nicht. Wie die Übergabe verläuft, ergibt sich beim Arbeiten: Ich übernehme mehr, mein Vater gibt Aufgaben ab.
Frau Schulz, Sie beraten Gründer. Haben Sie über Ihre Kunden auch Erfahrungen mit Übernahmen?
Schulz Für einen Kunden, der nicht öffentlich auftreten wollte, habe ich in den vorhandenen Börsen für Firmennachfolger nach passenden Unternehmen gesucht. Die ich dann gefunden habe, hatten finanzielle Probleme und waren eigentlich auf der Suche nach einer Geldspritze.
Gibt es in zehn Jahren immer noch einen Unternehmerinnenpreis?
Schulz Ja, vielleicht heißt er dann Unternehmerinnenpreis NRW. Wir hatten schon eine Bewerbung aus Köln. Wir werden das Thema weiter nach vorne bringen, weil wir gemerkt haben, dass es viele Unternehmerinnen gibt, die sich vernetzen möchten.
SONJA SCHMITZ FÜHRTE DAS GESPRÄCH.