Düsseldorf Ein Pelz sollte der Venetia Chic geben

Düsseldorf · Wenn die Düsseldorfer Karnevalisten verkünden, ihre Venetia werde künftig keinen Pelz mehr tragen, dann wundern sich nur Außenstehende über die Bedeutung einer solchen Botschaft.

Die Mode der Venetia
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Die Mode der Venetia

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Ob es Zeitgeist ist oder schlichtes Einknicken vor den radikalen Aktionen durchgeknallter "Tierschützer" - es zeigt einmal mehr, wie ernst der Humor hier zu nehmen ist.

Als 1949 die ersten Models auf der Kö über eine eher provisorische Bühne stöckelten und die Trümmer des gerade vier Jahre zuvor beendeten Krieges die Kulisse bildeten, da war das den Düsseldorfer Narren Jacke wie Hose. Zwar hatte es bereits 1946 wieder ein Prinzenpaar gegeben, aber die Frage nach der Kleidung der Venetia war nicht nur zweitrangig - es gab sie nicht. Das blieb auch vorläufig so.

Bis in die 60er Jahre trug die Frau an der Seite der jecken Hoheit eine Robe wie er - ähnlich einer Uniform, mit großem, manchmal hermelin-gefüttertem Stehkragen (vermutlich Webpelz), reich bestickt, viel Brokat, Gold, Samt - alles sehr gewichtig das Ganze, offenbar orientiert an der überladenen Garderobe von Königinnen in schwülstigen Märchenfilmen jener Jahre. Schwer statt chic, piefig statt pfiffig - nach heutigen Maßstäben unfreiwillig komisch. Obwohl das schon damals (wie heute) keiner der Narren sein wollte. Man war ja wieder wer - nämlich Prinz Karneval und seine Begleitung. Eine große Ehre. Modische Feinheiten waren als Status-Symbole noch nicht angesagt.

Erst in den 70er Jahren erkannten auch die Narren die Chance, als Modestadt jenseits von Helau und Alaaf den anderen Hochburgen in Köln und Mainz eine (Papp-)Nase zu zeigen: Die Venetia sollte den wachsenden Chic Düsseldorfs widerspiegeln, also modischer gekleidet sein. Anfangs waren die Damen noch gehalten, selbst für das entsprechende Outfit zu sorgen. Als das aber manche (pekuniär wie geschmacklich) überforderte, griff das Carnevals Comitee ein und ins Portemonnaie. Ein Fachmann musste ran - und derzeit verhilft Modezar Eickhoff schon seit vielen Jahren der Venetia zu Ballkleid und Korsage.

Fazit vorweg: Man sieht es. Das Äußere wurde (jedenfalls in den meisten Fällen) stilsicher und natürlichen Vorgaben angepasst, teilweise gelang es den Venetien, aus närrischem Parkett einen Catwalk zu machen. Allerdings nicht immer. Der Pelz war nur eine logische Folge dieser Entwicklung. Anfangs noch eine rein praktische Erwägung (der Karneval findet bei uns nun mal nicht bei sommerlichen Temperaturen statt), wurde das gute Stück aus Nerz, Fuchs, Persianer, Wolf oder ähnlichem Getier ein schickes Accessoire, das zum vermeintlich glamourösen Image der jecken Würdenträgerin passte.

Er wärmte bei Minusgraden, vor allem beim Rosenmontagszug auf dem zugigen Prinzenwagen, und er schmeichelte beim großen Auftritt im Lackschuhkarneval der feinen Hotels. Einer der Adjutanten hält dort das schöne Stück fest und hat es immer in den Augen, wenn die Chefin auf der Bühne steht, und im Dienstmercedes gibt's einen sicheren Platz im Kofferraum.

Daran änderte sich über viele Jahre nichts. Bis in die 70er stellte ein Kürschner aus der Altstadt Mantel oder Jacke zur Verfügung, dann, vor über 30 Jahren, trat Slupinski von der Kö an seine Stelle. Erst in den 90er Jahren wurden Proteste laut - Tierschützer mokierten sich.

Zuerst per Brief, dann mit Demos, schließlich mit bewusst aggressiven Aktionen vor den Häusern, den Schaufenstern oder den Büros der Beteiligten. Einschüchtern ließ man sich vordergründig nicht, aber aufs Gemüt und die Laune drückte der Dauerprotest doch. Daher kam es CC-Chef Josef Hinkel jetzt sehr gelegen, als Slupinski ankündigte, im Dezember schließen zu wollen. Hinkel hakte sofort ein und sagt. "Das nehmen wir zum Anlass, der Venetia künftig keinen Pelz mehr zur Verfügung zu stellen."

Den meisten Venetien der kommenden Jahre wird das gleichgültig sein - bisher besaßen nur wenige von ihnen privat ein solches Kleidungsstück. Einige hatten allerdings nachher eins: Es hatte ihnen so gut gefallen, dass sie es kauften, sehr diskret meistens, um kein Aufsehen zu erregen. Hinkel dagegen drückt nun die Sorge, wie sich das Thema Pelzmantel auf andere Sponsoren auswirkt.

Der Ober-Narr weiß, wie wichtige die Geldgeber in der Zukunft sein werden, von ihnen und ihrer Großzügigkeit hängt nicht zuletzt der Rosenmontagszug ab, und daher will und muss er Neue gewinnen. Das wissen auch andere Karnevalisten. Sie sind sogar der Ansicht, man solle sich nicht allzu schnell auf einen Verzicht festlegen. Einer der führenden Köpfe im Winterbrauchtum dazu: "Wenn jetzt ein Sponsor kommt und uns einen hohen Betrag anbietet unter der Bedingung, die Venetia müsse wieder Pelz tragen, müsste man darüber ernsthaft nachdenken."

Das jedoch wird wohl nicht passieren. Ein Pelzsponsor hat sich jedenfalls noch nicht gemeldet - vermutlich scheut man die Aufmerksamkeit, unter der auch Slupinski litt: Weil er als Sponsor für den Pelz bekannt wurde, musste er Demos von Tierschützern vor seinen Schaufenstern und wüste Beschimpfungen ertragen. Das Thema scheint auf alle Fälle beendet zu sein.

Als Slupinski am Freitag anbot, man könne ja künftig auch über das (weitergehende) Geschäft in St. Moritz alljährlich einen warmen Mantel nach Düsseldorf liefern, winkte CC-Chef Hinkel freundlich dankend ab. Ein Engagement mit Slupinski werde es künftig nicht mehr geben, und ein Neues in dieser Form zu diesen Bedingungen auch nicht, sagte er.

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