Düsseldorf Ein erstaunlicher erster Platz

Düsseldorf · Ein Wirtschaftsmagazin hat die Qualität und Bürgerfreundlichkeit von Stadtverwaltungen getestet. Düsseldorf ist ganz vorne.

 Gert Kaiser, früherer Rektor der Heinrich-Heine-Universiät: „Die Stadt leidet spürbar darunter, dass sie allenfalls respektiert, aber nicht gemocht wird.“

Gert Kaiser, früherer Rektor der Heinrich-Heine-Universiät: „Die Stadt leidet spürbar darunter, dass sie allenfalls respektiert, aber nicht gemocht wird.“

Foto: Bretz, Andreas

Wann immer in Düsseldorf ein großes, bundesweit sichtbares Ereignis passiert, wird es in den überörtlichen Medien entweder spöttisch kritisiert oder richtig niedergemacht oder einfach ignoriert. Das jüngste Beispiel ist die Bambi-Verleihung. Da war diesen Medien vor allem wichtig, dass zwei andere gleichzeitige Fernsehsendungen noch mehr Zuschauer hatten und angeblich den Düsseldorfern die Schau stahlen. Oder der Aufstieg von Fortuna in die Bundesliga. Kein Wort zu der Leistung eines Teams ohne Weltstars, einer Mannschaft, die sich den Relegationsplatz erkämpfte und dann auch noch das Aufstiegsspiel gewann. Statt dessen viel scheinheilige Empörung und auch hämisches Vergnügen, dass durch ein paar hundert undisziplinierte Zuschauer die Freude am Sieg verdorben wurde. Oder — ein letztes Beispiel — die kollektive Missgunst der überörtlichen Medien bei der Ausrichtung des europäischen Sängerkriegs in der Landeshauptstadt, des Eurovision Song Contest.

Das ist eine auffällige, weil durchgehende Tendenz. Sie geht so weit, dass selbst die Sportberichterstattung über Fortuna, etwa in der ARD-Sportschau, nur dann mit Interesse und Liebe gemacht wird, wenn Fortuna eine Packung bekommt. Die tapfer erkämpften Erfolgserlebnisse sind indessen kaum der Rede und der Bilder wert. Beispiel: Der Heimsieg über den Hamburger SV wurde ausschließlich aus Hamburger Perspektive, als Hamburger Pech gleichsam, berichtet.

Düsseldorf kann machen, was es will, es hat die überörtlichen Medien eher gegen sich. Und wer das analysiert und festhält, dem wird noch Selbstmitleid vorgehalten. Hat es etwa damit zu tun, dass die überregionale Medienmacht in Hamburg, München, Frankfurt und Köln sitzt? Jedenfalls kenne ich keine Stadt in Deutschland, der man Erfolg so wenig gönnt.

An dieser Stelle setzt ja die neue Imagekampagne von Düsseldorf an. Die Stadt leidet spürbar darunter, dass sie allenfalls respektiert, aber nicht gemocht wird. Da ist dann ein lächelndes oder lachendes Symbol wie das "Doppelpunkt D", ein lachendes Gesicht in der Seitenlage (:D), eine richtige Antwort, eine Art Sympathiebotschaft, die nicht zuletzt die SMS- und Smartphone-Generation anspricht. In der eher missgünstigen Atmosphäre der überregionalen Medien gehen die wirklich substanziellen Erfolge der Landeshauptstadt schnell unter oder werden zur Randnotiz. Etwa diese: Im zu Ende gehenden Jahr wurde Düsseldorf in einer großangelegten Untersuchung bescheinigt, dass es unter den deutschen Großstädten die beste Stadtverwaltung hat. Die Zeitschrift "Focus-Money" hat diesen Großvergleich zwischen fünfzehn deutschen Großstädten in Auftrag gegeben.

Das Wichtigste dabei: Die Urteile über die Qualität von Stadtverwaltungen erfolgen durch umfangreiche Befragungen der Bürger, geben also die Erfahrungen der wirklich Betroffenen wieder. Das Zweitwichtigste: Letzter in diesem Städteranking ist Berlin, vorletzter ist Köln.

Die Untersuchungen sind so detailliert und professionell, dass man ihnen wohl glauben kann. Anders als in sonstigen Städterankings wird nicht nach dem "Wohlfühlfaktor" gefragt, sondern nach der Zufriedenheit mit konkreten Leistungen für Bürger. Diese werden noch unterschieden nach "Familien", "Senioren" und "Singles", berücksichtigen also, dass unterschiedliche Bevölkerungsgruppen unterschiedliche Erwartungen an die Verwaltung haben. Und da hat Düsseldorf nicht nur die beste Grundversorgung etwa im Personennahverkehr, in den städtischen Bildungseinrichtungen wie Kitas und Kindergärten, sondern auch in der öffentlichen Ordnung. Es hat den besten Bürgerservice und die beste Wirtschaftsförderung, es ist vorbildlich bei der Erstellung von Genehmigungen und bei der Transparenz von Rechnungen und Gebühren.

Beim städtischen Kultur- und Freizeitangebot ist Düsseldorf vorne, aber auch im Umgang mit Bürgern, die sich beschweren. Insgesamt attestiert man Düsseldorf einen "fairen Bürgerdialog". Auch sind die Kontaktmöglichkeiten zu Mitarbeitern besser als anderswo. Was die Bürgerbeteiligungen bei städtischen Planungen und Entscheidungen angeht, so ist diese in keiner der getesteten Großstädte wirklich gut, aber in Düsseldorf immer noch besser als andernorts. In der Studie wird auch Komplexes nachgefragt, zum Beispiel "Berücksichtigung aller Stadtteile bei Stadtplanung und -entwicklung" oder "Vorbeugen gegen soziale Spannungen" sowie "Unterstützung und Förderung von hilfsbedürftigen Bürgern und Personengruppen" und "Umweltbewusstes und nachhaltiges Handeln zum Wohl der Bürger". Da ist Düsseldorf jeweils besser als die anderen Städte. Nicht gefragt war das gegenwärtige politische Reizthema "Förderung von günstigem Wohnraum".

Wenn ich es recht sehe, wird hier zum ersten Mal die Bürgerfreundlichkeit deutscher Großstädte und ihrer Verwaltungen umfassend getestet. Da ist ein so klarer erster Platz für Düsseldorf keine Kleinigkeit. Wer ein wenig in der Welt herumkommt, weiß, welch hohes Gut eine geordnete und nichtkorrupte Verwaltung ist. Wenn dazu nun noch Bürgerfreundlichkeit und Servicebereitschaft kommt, dann ist das eine Errungenschaft.

Nun weiß jedermann auch, dass eine Stadtverwaltung ein großer Herrschaftsapparat ist. Aber in Düsseldorf scheint die utopische Idee einer Verwaltung als Serviceeinrichtung mehr an Realität zu haben als in anderen Großstädten. Nun haben viele Bürger gewiss auch genau gegenteilige Erfahrungen gemacht. Aber die Düsseldorfer stellen offenbar eher ihre positiven Eindrücke in den Vordergrund. Sollte es wahr sein, dass die städtischen Angestellten und Beamten einen neuen Typus von öffentlichen Bediensteten darstellen? Einen Typus, auf den die jahrhundertealten Erfahrungen und Vorurteile nicht mehr zutreffen? Das große Wort von der Modernisierung der öffentlichen Verwaltung wäre also kein Wunschdenken? Focus-Money sagt es so: "Dass dies offenbar einigen Stadtvätern besser gelingt als anderen, zeigt die Auswertung der Studienergebnisse für die 15 größten deutschen Städte sehr deutlich. Ganz klar an der Spitze der Top-15-Großstädte steht Düsseldorf, gefolgt von Hannover und Nürnberg." Und weiter: "Der Erfolg der Messestadt lässt sich an vielen Punkten festmachen — einer ist das innovative Dienstleistungsangebot. So können Düsseldorfer, die einen neuen Personalausweis benötigen, einen festen Termin beim Bürgerbüro ihrer Wahl per Telefon oder Internet reservieren lassen. Lange Wartezeiten gehören der Vergangenheit an." Die Überschrift lautet: "Sieg an der Kö."

Wahrscheinlich muss man betonen, dass es nicht die Düsseldorfer Stadtverwaltung war, die diese Untersuchung in Auftrag gegeben hat. Es sieht alles danach aus, als sei das eine unabhängige Studie. Das gibt Anlass zu ein paar selbstironischen Nachfragen. Sind die Düsseldorfer besonders nachsichtig mit ihrer jeweiligen Obrigkeit? Warum treiben die Düsseldorfer ihre Menschenfreundlichkeit so weit, dass sie sogar ihre Angestellten und Beamten schätzen? Ist das das rheinische Laissez-faire oder ist es ein Mangel an Kritik und Urteilskraft? Warum nützen die Düsseldorfer das natürliche Grundrecht aller Untertanen nicht, auf die Obrigkeit zu schimpfen? Was ist das für eine merkwürdige Stadt?

Oder ist einfach, wie die Untersuchung behauptet, die Verwaltung hier besser?

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