Düsseldorf Ehemaliges Kino macht Neubauten Platz

Düsseldorf · Im Januar wird das leerstehende Gebäude Schiessstraße/Heerdter Hof abgebrochen. 1953 wurde es als Kino vom Bauunternehmen Bahners gebaut. Dessen Nachkomme Andreas Bahners plant nun 14 Mietwohnungen.

 Vom Filmtheater zum Gemüseladen und Restaurant. Die Tage des ehemaligen Kinos sind gezählt.

Vom Filmtheater zum Gemüseladen und Restaurant. Die Tage des ehemaligen Kinos sind gezählt.

Foto: Andreas Bretz

Das Wohn- und Geschäftshaus an der Ecke Schiessstraße und Heerdter Hof, in dem zuletzt ein Restaurant versuchte, Fuß zu fassen, steht leer. Geht alles planmäßig, so wird das Gebäude am 19. Januar komplett abgerissen und im März durch einen Neubau mit 14 Mietwohnungen und zwei Stadthäusern ersetzt. Damit zieht Bauherr Andreas Bahners einen Schlussstrich unter ein Stück Familiengeschichte. Denn sein Großvater und sein Großonkel hatten das Gebäude auf dem eigenen Grundstück einst gebaut, um dort ein Kino einzurichten.

Es ist das Jahr 1953: Nach dem Inferno des Zweiten Weltkriegs versuchten die Überlebenden, das Schreckliche zu vergessen und irgendwie ein normales Leben zu führen. Kein Wunder, dass die "Traumfabrik Kino" Hochkonjunktur hatte. Das erkannten die Heerdter Bauunternehmer Michael und Karl Bahners. Im April 1953 reichten sie ein Gesuch zum Bau eines Filmtheaters mit 600 Plätzen beim Bauaufsichtsamt ein. Bereits im Oktober wurde es mit dem Film "Der Klosterjäger" eröffnet. Die Schauspieler Marianne Koch und Paul Hartmann lockten insgesamt 2368 Zuschauer ins "Rheineck", wie das Kino damals hieß.

 Das "Rheineck" Ecke Schiessstraße/Heerdter Hof wurde 1953 gebaut. Das Haus rechts steht heute noch.

Das "Rheineck" Ecke Schiessstraße/Heerdter Hof wurde 1953 gebaut. Das Haus rechts steht heute noch.

Foto: Privat

Ein eifriger Kinogänger war auch Michael Bahners Sohn, Klaus, damals zehn Jahre alt: "Ich kann mich noch gut an das Kino erinnern", sagt er. Auch die Eintrittspreise habe er noch im Kopf. Sie waren gestaffelt. "Die ersten drei Reihen kosteten 90 Pfennig, die nächsten 1,10 Mark und wer in den letzten Reihen sitzen wollte, zahlte 1,50 Mark." Am teuersten seien mit 1,80 Mark die Logen mit ihren gepolsterten Sitzen gewesen. "Ich hatte aber immer freien Eintritt", sagt Bahners und freut sich noch heute darüber. Die prominenteste Begegnung habe er gehabt, als seinerzeit Conny Froboess mit ihrem Vater auftrat und "Pack die Badehose ein" sang.

Mit zwei Vorstellungen am Tag sowie Matineen und Spätvorstellungen konnte sich der Heerdter Kinobetrieb mehrere Jahre halten. Das beste Spielergebnis erzielte der Film "Quo Vadis?" mit Robert Taylor, Deborah Kerr und Peter Ustinov, den sich 3141 Besucher nicht entgehen ließen. Und dann kam das Fernsehen. Obwohl Michael und Karl Bahners mit Hans Otto einen Partner hatten, der das Kinogeschäft kannte (Atlantik-Lichtspiele an der Kölner Straße und das Union-Theater Reisholz), beschlossen sie zehn Jahre nach der Eröffnung, das Kino aus wirtschaftlichen Gründen zu schließen und es in einen Großraumladen für die Firma Kaffee Reichelt umzubauen. Im August 1963 fand die letzte Vorstellung statt mit dem Film "Die Goldene Brücke". Doch der Film bestätigte, dass auch die großen Stars wie Paul Verhoeven, Ruth Leuwerik, Curd Jürgens und Paul Hubschmid keine Zugnummern mehr waren. So verwandelte sich die "Traumfabrik" in einen Gemüseladen. Großbuchstaben auf dem Gesims aber erinnerten noch Jahre, dass dort einst das "Rheineck" den Heerdter Bürgern Filmunterhaltung geboten hatte. In Gedenken an das Erbe des Großvaters und um die Geschichte nicht völlig zu tilgen, will sein Enkel Andreas das neue Wohngebäude "Haus Rheineck" nennen. Anders als sein Vater Klaus, der nicht ins Bauunternehmen der Familie einstieg, sondern Lehrer für Französisch, Geschichte und Latein am Ursulinen-Gymnasium wurde, führt Sohn Andreas in sechster Generation die Familientradition weiter. Kürzlich machte er sich selbstständig und gründete eine Gesellschaft für Projektentwicklung.

 Klaus Bahners (r.) hütet die Familientradition, sein Sohn Andreas führt sie in sechster Generation weiter.

Klaus Bahners (r.) hütet die Familientradition, sein Sohn Andreas führt sie in sechster Generation weiter.

Foto: Salzburg

Doch auch als Lehrer wurde Klaus Bahners mit der Familientradition konfrontiert. "Mein Vater und mein Onkel hatten seinerzeit einen Aufruf gestartet und gebeten, Namensvorschläge für das Kino zu machen. Unter den zahlreichen Einsendungen hatte sie der Name Rheineck überzeugt", erinnert sich Bahners. Den ersten Preis habe eine junge Frau gewonnen, die später verheiratet Fischer hieß. "1982 hat ihre Tochter Ursula bei mir Abitur gemacht - wie klein die Welt doch ist."

(RP)
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