Düsseldorf Düsseldorfs neues Marketingkonzept polarisiert

Meinung | Düsseldorf · Düsseldorfs hat sein neues Marketingkonzept vorgestellt - und nicht allen gefällt's. Das zeigte zum Beispiel unsere Online-Umfrage. Andere sehen die Corporate ID mit dem Wort "düsseldorf" (ja, klein geschrieben) und einer Variation auf das Thema Nähe gelassen. Ein Pro und Contra aus der Redaktion.

 So soll der neue Auftritt Düsseldorfs aussehen: In der Mitte steht der kleingeschriebene Name, darunter eine Aussage, die mit dem Wort Nähe spielt - beides in den Farben des Stadtwappens, Rot und Blau. Das Ganze wird mit emotionalen Bildern und einer ebensolchen Sprache verknüpft.

So soll der neue Auftritt Düsseldorfs aussehen: In der Mitte steht der kleingeschriebene Name, darunter eine Aussage, die mit dem Wort Nähe spielt - beides in den Farben des Stadtwappens, Rot und Blau. Das Ganze wird mit emotionalen Bildern und einer ebensolchen Sprache verknüpft.

Foto: Düsseldorf Marketing

Pro: Stärken stärken und mal Bescheidenheit probieren - von Christian Herrendorf

Die neue Dachmarke folgt einer alten Weisheit: Mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner kann man keine große Rechnung aufmachen. Hätten die Entwickler versucht, Düsseldorf auf einen Schwerpunkt, einen Slogan oder ein Logo zu bringen, wären sie gescheitert. Düsseldorf ist eine Kunst- und Kreativstadt, eine Stadt am Rhein, auch eine Stadt im Grünen und sogar eine Sportstadt. Das alles lässt sich nicht in einem Satz sagen, und würde man sich auf eine Eigenschaft beschränken, wäre man austausch- bar, denn jede einzelne Eigenschaft können auch andere Städte für sich beanspruchen.

Wenn werder eins noch alles geht, dann erscheint es um so wichtiger, dass es diesmal einen echten Markenprozess gegeben hat. Vor wenigen Jahren fing die Suche mit ganz vielen typischen Bildern für Düsseldorf an - und dann stand plötzlich das lächelnde D da. Für die Bürger war das nicht nachvollziehbar, das Ergebnis deshalb auch eher zum Weinen als zum Lächeln. Ein Logo macht erst Sinn, wenn die Marke bereits aufgeladen ist. Der Apfel von Apple würde alleine nicht eine der stärksten Marken der Welt erzeugen, es sind die Produkte und die Gefühle, die sie bedienen.

Der Weg zur neuen Marke führte über sechs Eigenschaften, die den Düsseldorfer von anderen unterscheidet. Diese Stärken wurden anschließend jeweils unterschiedlich betont, so dass sich vier Darstellungsformen für die Stadt ergaben. An dieser Stelle muss ich zugeben, enttäuscht zu sein, denn das Modell, das den Namen "Showroom" trägt, wäre mein Favorit gewesen. Wenn uns die Nation schon alle für Kö-Dauerflanierer und Champagner-im-Hektoliter-Trinker hält, dann hätte man dieses Bild schön überbetonen und mit rheinischer Ironie einsetzen können.

Der Markenprozess hat aber ein anderes Ergebnis erbracht. 9000 Teilnehmer einer internationalen Umfrage haben dem Modell "Showroom" die schwächsten Noten gegeben. Zu viel Expressivität kommt nicht gut an. Also sollten wir es mal mit Understatement probieren, das uns Düsseldorfern entgegen aller Vorurteile ja auch zu eigen ist. So ganz so wichtig nehmen wir uns eigentlich nicht.

Folglich ist der neue Schriftzug mit dem kleingeschriebenen Stadtnamen ein sehr kluger Ansatz. Vor allem, weil er nicht mit der einen Aussage verbunden wird, sondern mit vielen, die alle mit dem Wort Nähe spielen. Und die ist nun wirklich eine einmalige Stärke Düsseldorfs, räumlich wie menschlich. Räumlich, weil wir die sechsthöchste Einwohnerzahl in Deutschland haben, bei der Fläche aber nur auf Platz 71 liegen. Und menschlich, weil wir gerne ins Gespräch kommen und die Gespräche immer gut sind.

Schlechte Idee: Lieblose Optik und ein Slogan, der keiner ist - von Helene Pawlitzki

Eins vorweg: Ich liebe Düsseldorf. Das ist nicht selbstverständlich, denn ich lebe in Dortmund. Aber mir gefällt diese Stadt sehr gut und ich verteidige sie stets gegenüber Kritikern. Was mir aber auffällt: Düsseldorf hat einen Hang zur Selbstbespiegelung.

Ein Lieblingsthema jedes wahren Stadtpatrioten: Warum liebt die Welt Düsseldorf nicht so, wie Düsseldorf es verdient? Eine so fantastische Stadt mit dieser mediterranen Lebensqualität, viel Kunst, leckerem Alt, tollen Gaslaternen und natürlich dem Rhein! Wieso denkt die Welt beim Namen "Düsseldorf" nur an Botox, Edelshopping und ungehobelte Porsche-Fahrer?

Ich weiß es auch nicht — wie gesagt, ich mag Düsseldorf. Aber ich weiß, dass die neue Marketingstrategie nichts daran ändern wird. Und mir ist schleierhaft, wie eine Stadt, die seit Jahrzehnten ausgiebig mit dem eigenen Image hadert, das Gegenteil annehmen kann.

Nehmen wir mal das Plakat für die Ausstellung zur neuen Stadtmarke - oben im Bild. Ignorieren wir dabei die Frage, ob ein Marketingkonzept, für das man eine Ausstellung braucht, um es zu erklären, wirklich ein gutes Marketingkonzept sein kann.

Konzentrieren wir uns auf die Optik: Da ist ein Fluss — so weit, so gut. Da ist eine Brücke im winterlichen Gegenlicht. Bis hierher könnte es sich um den Hamburger Hafen handeln. Im Vordergrund drei Gestalten mit struppigem Haar — ist der Wind schuld oder hatten sie morgens keine Zeit zum Duschen? Das bleibt unklar. Ebenfalls unklar bleibt, was diese Personen am Ufer wollen. Einer guckt mutmaßlich auf sein Smartphone. Die anderen beiden schauen aus dem Bild rechts hinaus auf etwas, das uns verborgen bleibt.

Ist das wirklich das beste Foto, das die Macher der Marketingstrategie für die große Vorstellung ihrer neuen Ideen finden konnten? Und ist ein weißes Viereck, relativ willkürlich auf diesem Foto platziert, mit dem Inhalt "düsseldorf näher zu uns" wirklich die beste Idee für eine Betextung? Was soll das überhaupt heißen: "näher zu uns"? Soll das deutsche Grammatik sein? Und was hat dieser Text mit dem Bild zu tun?

"Nah" und "expressiv" — das sind die beiden Adjektive, die den Machern in "neun Monaten intensiver Arbeit" eingefallen sind. Mutmaßlich die zwei teuersten Adjektive der Stadt. Sie sollen Düsseldorf in seiner Essenz erfassen, seine "verborgene DNA" darstellen, wie Düsseldorf Marketing in seiner Pressemitteilung doziert. Wenn die frierenden Gestalten auf dem Plakat wirklich die DNA Düsseldorfs verkörpern, wäre diese wohl besser verborgen geblieben. Wenigstens bleibt uns das alte Logo, auch "Smiling D" genannt, erhalten — Sie kennen es als :D.

Das hatte auch nicht viel Substanz, aber immerhin Humor. Auch wenn sein Grinsen mir derzeit etwas hämisch vorkommt.

Stimmen Sie hier über das neue Marketingkonzept ab:

(hdf/hpaw)
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