Düsseldorf Düsseldorfs ältester Baum ist 335 Jahre alt

Düsseldorf · Er hat alles überstanden: Dürren und Hochwasser, Kriege und Blitzeinschläge direkt in seiner Nachbarschaft - und nun auch den Orkan vom Pfingstmontag: Düsseldorfs ältester Baum hat die Naturgewalten nahezu unbeschadet überlebt, wie offenbar etliche der alten Riesen. Doch eine genaue Zahl, wie viele der 32 Naturdenkmale jetzt noch stehen, ist nicht bekannt. Silke Wiebrock, Sprecherin des Gartenamtes: "Wir sind immer noch mit der Gefahrenabwehr beschäftigt." Zeit für eine Schadensbilanz in den Parks war bisher nicht.

Er hat alles überstanden: Dürren und Hochwasser, Kriege und Blitzeinschläge direkt in seiner Nachbarschaft - und nun auch den Orkan vom Pfingstmontag: Düsseldorfs ältester Baum hat die Naturgewalten nahezu unbeschadet überlebt, wie offenbar etliche der alten Riesen. Doch eine genaue Zahl, wie viele der 32 Naturdenkmale jetzt noch stehen, ist nicht bekannt. Silke Wiebrock, Sprecherin des Gartenamtes: "Wir sind immer noch mit der Gefahrenabwehr beschäftigt." Zeit für eine Schadensbilanz in den Parks war bisher nicht.

Jan Wellem führte seit einem Jahr die Regierungsgeschäfte in Vertretung seines Vaters, da wurde 1679 in Hubbelrath, auf dem Grund von Gut Bruchhausen, eine Eiche gepflanzt. Die Schönste ist sie nicht gerade, mächtigere Stämme haben andere. Und schon vor dem Orkan sah ihre Krone etwas gerupft aus, als habe sie ihre besten Jahre hinter sich. Aber ihr Alter lässt nun mal keine Jugendfrische erwarten: 335 Jahre. Schätzungsweise 90 000 Bäume standen in Düsseldorfs Parks, wie viele es nach dem Orkan noch sind, diese Frage wird das Gartenamt noch eine Weile nicht beantworten können. Die Mitarbeiter waren in den letzten Monaten gerade damit beschäftigt, die exakte Zahl für ein umfassendes Baumkataster zu ermitteln. Darin aufgelistet werden auch die Naturdenkmale, Bäume, die besonders alt, selten oder von auffallend schönem Wuchs sind. Von Angermund bis Garath standen 32 dieser alten Riesen auf der Liste, sie werden regelmäßig inspiziert, und selbst wenn sie im Privatbesitz wachsen, darf ihnen kein Ast gekrümmt werden.

Es sei denn, Forstwirt Frank Rohleder oder seine Kollegen stellen bei ihren Kontrollbesuchen fest, dass trockenes Gehölz entfernt werden muss oder eine Krankheit dem Baum zusetzt. "Der alten Stieleiche in Hubbelrath jedenfalls geht's gut, die kann da noch viele Jahre stehen", lautet sein Urteil über die grüne Greisin auf dem Gelände von Gut Bruchhausen. Düsseldorfs ältester Baum wurzelt in historischem Grund: Der Stammsitz der Ritter von Broichhausen wurde 1218 erstmals urkundlich erwähnt.

In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts kaufte die Industriellenfamilie Haniel das Gut und ließ es im Stil des "rheinischen Spätbarocks" neu erbauen - die Eiche blieb davon unbeschadet, schon lange existiert sie, von einer alten Ziegelmauer umgeben, in guter Nachbarschaft mit einer mächtigen Blutbuche, und ihre Krone spiegelt sich in einem nahen Weiher. Möglicherweise ist sie ein Baum mit besonderer Vergangenheit, war vielleicht eine Gerichtseiche, in deren Schatten Recht gesprochen wurde.

Langsam wachsende Bäume wie Eichen können etliche hundert Jahre, wenn nicht gar tausend Jahre alt werden. So eine günstige Prognose gilt auch für die beiden prachtvollen Libanonzedern in Himmelgeist, in der Nähe von Schloss Mickeln. Zwei wahre Schönheiten, die auch im Winter, wenn die Bäume in ihrer Umgebung kahl werden, ihr dichtes Nadelnetz in den Himmel strecken und denen der Orkan nur ein paar kleinere Zweige wegblies. Ein verblasstes Hinweisschild an den Riesen informiert, dass sie 1740 gepflanzt wurden. Aber auf der Internetseite des Gartenamtes wurde ihr Alter mittlerweile um 100 Jahre korrigiert, denn erst 1840 wurde Schloss Mickeln nach einem Brand neu aufgebaut und in dieser Zeit wohl auch die Zedern gepflanzt. Ursprünglich stammen sie aus dem Libanongebirge, wachsen vorzugsweise in 1000 Metern Höhe, schätzen feuchtes Klima, geschützte Lagen und mineralhaltigen Boden. Was immer ihnen der Himmelgeister Rheinbogen zu bieten hat, das Baumpaar gedeiht jedenfalls prächtig - und gehört seit langem zu den Naturdenkmalen der Stadt. Unbeschadet blieb auch eine Feldulme in Angermund, an der Ecke Kalkweg/Goldackerweg. Ein paar Radler sausen vorbei und würdigen den Prachtbaum mit keinem Blick. Was ihnen da entgeht! Die Ulme wächst auf eingezäuntem Terrain, ein geheimnisvoller Ort, früher soll hier ein kleiner Friedhof gewesen sein. Als möglicherweise letzter Zeuge steht ein Marienkreuz am Rand. In die Naturdenkmal-Liste schaffte es dieser Baum "aufgrund seiner besonderen Vitalität und Schönheit." Vor allem fällt an der Ulme auf, dass sie ihre Äste wie eine Kopfweide aus einem gewaltigen Stamm mit fast acht Metern Umfang treibt, der sich weiter oben in mehrere Äste spaltet. "Ulmen werden meist allein gepflanzt", erläutert Fachmann Rohleder, allenfalls in der Nähe von Buchen, Eichen und Pappeln. "Denn dann steigen ihre Chancen, von ihrem ärgsten Feind, dem Ulmensplintkäfer, nicht entdeckt zu werden." Der Mammutbaum in Angermund jedenfalls wirkt ganz gesund.

Ein Naturdenkmal ist nicht immer ein Solitär. Manche Alleen in Düsseldorf sind so imposant als Gesamtwerk, das sie komplett in die Liste aufgenommen wurden. Die älteste von allen ist die Lindenallee an Schloss Kalkum, die 1825 gepflanzt wurde. Bis auf einen Baum hat die prächtige Doppelreihe das Unwetter überstanden. Überlebenskünstler, deren Stämmen schon die Bombensplitter des Zweiten Weltkriegs zusetzten. Ohne menschliche Hilfe in jüngster Zeit hätte die Allee vielleicht jetzt nicht überlebt: Erst gaben Baumchirurgen vielen Stämmen zusätzliche Stabilität, nun bekommen ihre Wurzeln eine Weile Spezialdünger, damit sich die Bäume gründlich regenerieren können. Versteckt und gut geschützt in einem privaten Garten am Barbarossawall in Kaiserswerth steht seit 100 Jahren eine Weiße Maulbeere. Der seltene Baum wurde gepflanzt von dem Besitzer der früheren Seidenweberei, denn die Blätter galten als ideale Nahrung für die Raupen des Seidenspinners. Die Weberei gibt's schon lange nicht mehr, und auch die Maulbeere hat schon bessere Zeiten erlebt. Der ursprüngliche Stamm ist geteilt, teils hohl und musste mit Stangen gesichert werden, Mauern stützen die riesige Krone. Das hat sie wohl auch vor dem Orkan bewahrt. So wird sich im nächsten Winter, wenn sie ihre Blätter verloren hat, der Wuchs ihrer imposanten Krone wieder bewundern lassen.

Ihre Zukunft ist ungewiss: Eine alte Platane im Hofgarten (in der Nähe der Unterführung Maximilian-Weyhe-Allee) stand in der Blüte ihrer Jugend, als Heinrich Heine durch den Park flanierte. Von 1815 stammt dieser Baum, als Nummer 24 wurde er bisher im Lehrpfad des Gartenamtes geführt, aber der muss nach dem Orkan sowieso neu geschrieben werden. Von der Platane im XXL-Format steht noch der Stamm, der größte Teil ihrer einst so mächtigen Krone liegt zertrümmert auf dem Boden, Reste eines alten Riesen. Ein winziges Herz wurde wohl erst jüngst in den Stamm geritzt von "J + E". Vielleicht mit der Hoffnung, dass mit dem Baumherz auch die Liebe bleibt. Nun ist noch nicht entschieden, ob die Platane gefällt werden muss.

Aber wie widerstandsfähig die Gattung der "Platanus Acerifolia" sein kann, zeigt eine noch ältere Vertreterin: Vor über 300 Jahren wurde am Wehrhahn in Höhe der Brauerei Frankenheim ein Baum gepflanzt. Als die U-Bahn-Bauarbeiten begannen, umwickelte man zum Schutz seinen Stamm, und im Erdreich ist man seinen Wurzeln nicht zu nah gekommen. Die oberirdische Trasse der Straßenbahn wurde so verlegt, dass sie um die Platane herumführt. All dies hat wohl dazu beigetragen, dass die Riesin gesund ist und nun auch dem Orkan standhalten konnte. Sie hat nur einen Ast verloren.

(RP)
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