Mehrsprachler haben Vorteile Bilinguale Menschen sind geistig fitter

Düsseldorf · Düsseldorfer Studie zeigt, dass sie mehr Gehirnvolumen haben und daher auch im Alter leistungsfähiger sind

 Hirnforscherin Svenja Caspers von der Uni Düsseldorf

Hirnforscherin Svenja Caspers von der Uni Düsseldorf

Foto: Bretz, Andreas (abr)

(semi) Wer mehr als eine Sprache fließend spricht, kann davon profitieren. Denn wer eine zusätzliche Sprache intensiv erlernt, legt an Gehirnvolumen zu. Das könnte erklären, wieso Mehrsprachler im Alter oft länger geistig fit bleiben, meinen Wissenschaftler aus Düsseldorf, Jülich und Aachen, die in einer Studie erforscht haben, wie sich die Gehirnregionen im Alter verändern.

224 einsprachige und 175 zweisprachige Probanden nahmen daran teil. „Unser Augenmerk lag auf zwei bestimmten Regionen in der linken Gehirnhälfte, die unter anderem für ihre Rollen in der Sprachverarbeitung bekannt sind“, sagt Professor Stefan Heim. Er leitet die Arbeitsgruppe „Neuroanatomie der Sprache“ am Jülicher Institut für Neurowissenschaften und Medizin. Das Forscherteam aus Medizinern, Psychologen, Linguisten und Logopäden erforschte per Magnetresonanztomographie, wie ausgeprägt das Volumen der grauen Substanz im hinteren unteren Teil des linken Stirnlappens und im unteren linken Scheitellappen ist, die etwa für das Sprachverstehen und die Sprachproduktion wichtig sind. Bestimmte Teilbereiche dieser Regionen arbeiteten oft zusammen, seien funktionell und anatomisch eng verknüpft.

Die Forscher können nun belegen, dass die graue Substanz der beiden Regionen beim Erwerb einer Sprache in jungen Jahren zunächst ein deutlich höheres Volumen hat. Die graue Substanz ist reich an Nervenzellkörpern. Die Forscher erklären diese Zunahme mit einer stärkeren Vernetzung der benachbarten Nervenzellen untereinander. Mit fortschreitendem Alter nimmt das Volumen bei ein- wie bilingualen Menschen ab. Bei Mehrsprachlern liegt der Anteil jedoch bis zu einem Alter von rund 60 Jahren höher als bei Einsprachlern. Erst dann gleichen sich die Gruppen an.

Der Überschuss an grauer Substanz wandele sich mit der Zeit, je besser die neue Sprache „sitzt“, in eine engere Vernetzung der Areale und stärker ausgeprägte Kommunikationsleitungen in der weißen Substanz um. Der Informationsaustausch zwischen den Gehirnregionen werde vereinfacht, sei stabiler und effektiver. Dies könnte erklären, wieso Mehrsprachler im Alter oftmals länger geistig fit bleiben.

 Hirnforscherin Svenja Caspers von der Heine-Uni will auch herausfinden, ob der Erwerb einer weiteren Sprache im Rentenalter die geistige Fitness verbessern kann.

Hirnforscherin Svenja Caspers von der Heine-Uni will auch herausfinden, ob der Erwerb einer weiteren Sprache im Rentenalter die geistige Fitness verbessern kann.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Professorin Svenja Caspers, Leiterin der Studie und Direktorin des Instituts für Anatomie I der Heinrich-Heine-Universität, möchte nun in einer Folgestudie herausfinden, „wie sich die funktionelle ,Verkabelung’ – also die Konnektivität – der beiden Sprachregionen bei Mehrsprachlern und Einsprachlern im Alter darstellt“. Ob das Erlernen einer zweiten oder dritten Sprache mit Eintritt ins Rentenalter einen Vorteil für die geistige Fitness bringt, sei eine weitere spannende Frage.

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