Neues Gesetz legt 80-Prozent-Quote fest Seniorenheime in Düsseldorf haben zu wenig Einzelzimmer

Düssseldorf · Seit dem 1. August müssen laut Gesetz in Altenheimen 80 Prozent der Zimmer Einzelzimmer sein. Doch das können einige Träger noch nicht erfüllen – und halten es auch nicht für sinnvoll.

 Maria Waldmüller wohnt im Hans-Jeratsch-Haus. Hier wurde die Quote erfüllt, die Seniorin hat ein Zimmer für sich.

Maria Waldmüller wohnt im Hans-Jeratsch-Haus. Hier wurde die Quote erfüllt, die Seniorin hat ein Zimmer für sich.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Die im neuen Wohn- und Teilhabegesetz NRW vorgeschriebene Einzelzimmer-Quote stellt viele Seniorenheime vor eine Herausforderung. Um zu gewährleisten, dass die Bewohner auf Wunsch Einzelzimmer bekommen, müssen diese mindestens 80 Prozent der Zimmer ausmachen – bei Neubauten sogar 100 Prozent. Das Gesetz gilt seit 1. August, 15 Jahre hatten die Betreiber von Seniorenheimen zuvor Zeit, sich auf diese Quote einzustellen. Die Träger mussten und müssen hohe Summen in den Um- und Neubau investieren.

Trotz der Vorlaufzeit ist der Prozess noch nicht bei allen Einrichtungen in Düsseldorf und Umgebung abgeschlossen. Tatsächlich konnten 115 der insgesamt 688 Pflegeeinrichtungen im Regierungsbezirk die Quote nicht fristgemäß erfüllen, heißt es vom Sozialministerium NRW.

Hohe Nachfrage

„Wir sind auf dem Weg, die Quote zu erfüllen. In drei von unseren Häusern muss die Herausforderung noch gelöst werden“, sagt etwa Thomas Jeschkowski vom Deutschen Roten Kreuz in Düsseldorf. In einem Haus in Wersten habe man sich mit einem Trick beholfen: Einige der Doppelzimmer-Plätze seien zur Kurzzeitpflege umfunktioniert worden. Diese wird etwa zur Rehabilitation nach Krankenhausaufenthalten angeboten, oder wenn pflegende Angehörige im Urlaub sind. In diesem Bereich gibt es eine hohe Nachfrage, und die Einzelzimmerquote gilt nicht.

Anderswo sei jedoch nur der Neubau möglich gewesen. In zwei Häusern warten die Bewohner noch darauf, ihre mit der Regulierung übereinstimmenden Einrichtungen beziehen zu können. Die neue Verordnung habe das DRK mehrere Millionen Euro gekostet. Dabei wird sie dort inhaltlich nicht begrüßt. Thomas Jeschkowski sagt: „Es gibt viele Menschen, die sich im Seniorenheim kein Einzelzimmer wünschen.“ Für mobile ältere Menschen sei die neue Regel zwar gut, wer aber sein Zimmer nicht mehr verlassen könne, drohe im Einzelzimmer zu vereinsamen. Auch bei Paaren, die gemeinsam in ein Seniorenheim einziehen, werden häufig Doppelzimmer gewünscht.

Es kostet viel Geld, die Quote zu erfüllen

Auch bei der Düsseldorfer Caritas wird die Verordnung kritisch gesehen. „Viele Menschen wollen im Alter nicht allein leben“, sagt Sprecherin Stephanie Agethen. Auch ihr Verband hat es nicht geschafft, die Quote rechtzeitig zu erfüllen. „Es gab sicherlich Versäumnisse auf unserer Seite“, gibt sie zu. Allerdings sei auch die aktuelle Lage auf dem Immobilienmarkt der Stadt zu beachten: Grundstücke seien rar und teuer, Genehmigungen zeitaufwendig. Mehrere Neubauten seien nötig, um die Quote zu erfüllen. Bis dahin habe man Bewohner in andere Einrichtungen verlegen müssen und sei ebenfalls auf die Kurzzeitpflege ausgewichen. In den umgebauten Häusern seien Plätze auch langfristig weggefallen, da zwei Einzelzimmer mehr Raum in Anspruch nehmen als ein Doppelzimmer. Allerdings, so betonen alle Beteiligten, seien dies keine bestehenden Plätze: Kein Mensch verliere sein Zimmer, es können lediglich frei werdende Betten nicht neu belegt werden.

Mehr als 40 Millionen Euro muss die Caritas in die Hand nehmen, um die Quote zu erfüllen. „Bis Mitte, spätestens Ende 2019 werden wir mit den Vorgaben übereinstimmen“, verspricht Agethen.

Von den vier Düsseldorfer Seniorenzentren, die von der AWO betrieben werden, hat nur eines die Quote nicht erfüllt. An diesem Heim entsteht ein Anbau, der im Herbst fertig gestellt werden soll und das Heim dann auf einen mit der Verordnung konformen Stand bringt. Die AWO begrüßt die Einzelzimmerquote ausdrücklich. Sprecher Wolfgang Schmalz sagt, die neue Regelung sei „im Interesse der Heimbewohner, da sie die Wohn- und Lebensqualität verbessert“.

Die Düsseldorfer Heime der Diakonie erfüllen schon jetzt die Vorgaben des neuen Gesetzes. „Wir haben uns langfristig vorbereitet“, sagt Andreas Maus, Leiter des Joachim-Neander-Hauses in Benrath. Er erklärt, die Mehrheit der Bewohner begrüße die neue Zimmerordnung. Mittelfristig können Menschen, die das wünschen, noch in den 20 Prozent Doppelzimmern untergebracht werden. Langfristig, so Maus, wird diese Möglichkeit jedoch wegfallen – wegen der vorgeschriebenen Einzelzimmerquote von 100 Prozent bei Neubauten.

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