Pannen, überalterte Fahrzeuge, Personalmangel Düsseldorfer Rheinbahn führt einen schmutzigen Machtkampf

Düsseldorf · Der Machtkampf beim Verkehrsunternehmen spitzt sich immer weiter zu. Kandidaten werden demontiert, gezielt Gerüchte gestreut. Scheitert der Aufsichtsrat beim Versuch eines Neuanfangs?

  Die U75 hält an einer Haltestelle in Düsseldorf (Symbolbild).

Die U75 hält an einer Haltestelle in Düsseldorf (Symbolbild).

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Pünktlich zu Weihnachten schienen endlich die besseren Zeiten anzubrechen. Der Aufsichtsrat einigte sich auf einen Neubeginn bei der Rheinbahn. Drei statt zwei Vorstände sollte es künftig geben. Und der erste Neuzugang wurde gleich mitbeschlossen: Technikexperte Michael Richarz sei geeignet, neben dem langjährigen Arbeitsdirektor Klaus Klar in die Spitze aufzusteigen, verkündete man. Gewählt werden sollte er zwar erst im Frühjahr, wenn auch die dritte Stelle besetzt ist. Aber loslegen sollte er natürlich sofort. Schließlich gibt es genug Baustellen. Die Ausfallquote bei Bus und Bahn ist hoch, die Fahrgastzahlen sind enttäuschend. Und die Stimmung im einstigen Vorzeigeunternehmen im VRR ist schlecht.

Es ist nicht einmal Karneval, und die Rheinbahn ist doch wieder knietief in Krise und Kabale versunken. Die Wahl von Richarz ist plötzlich ungewiss. Es wird aus dem politischen Raum kolportiert, der Favorit der Arbeitnehmer habe sich als ideenlos und träge präsentiert. Ihm wird etwa vorgeworfen, bei Betriebsversammlungen gefehlt zu haben. Mehrere Mitarbeiter, die ihn in der täglichen Praxis erleben, beschwören das Gegenteil: Richarz, der im Unternehmen bereits als Leiter der Stabsstelle Strategie tätig war, sei mit großem Engagement gestartet.

Auch die Favoritin für den dritten Posten steht unter Beschuss. Sylvia Lier, bis zum Jahreswechsel Chefin der Bahntochter DB Connect und im Herbst mit einem Innovationspreis der Allianz Pro Schiene ausgezeichnet, soll neue Geschäftsfelder wie Sharing-Systeme erschließen. Der erste Eindruck vieler Aufsichtsräte ist hervorragend. Wie OB Geisel unserer Redaktion bestätigt, sind aber Hinweise auf angebliche Verfehlungen aus ihrer Bahn-Zeit eingegangen. Geisel bewertet sie nach Prüfung als Versuch einer Kampagne.

Und auch über den einzigen amtierenden Vorstand, Klaus Klar, wird viel gesprochen. Der Arbeitsdirektor, der 1976 als Auszubildender bei der Rheinbahn begonnen hat, war unter Michael Clausecker und dessen Vorgänger Dirk Biesenbach die Nummer zwei. Seit Clauseckers Aus führt er das Unternehmen alleine. Nun soll er Ambitionen auf den Vorsitz des Vorstands verkündet haben – und großen Einfluss auf Aufsichtsratschef Geisel haben. Wer das Vorstands-Trio oder -Duo anführen soll, ist im Aufsichtsrat angeblich noch nicht besprochen.

Die erhoffte schnelle Lösung ist vom Tisch. Der Aufsichtsrat wird am Freitag noch nicht über die Vorstandsfrage entscheiden. Auch, weil die Nervosität groß ist. Die Politiker wissen: Nach dem Fehlschlag mit Vorstandssprecher Michael Clausecker, der Ende Oktober gehen musste, muss die nächste Entscheidung sitzen – weitere Versuche werden Geisel und dem Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP nicht bleiben. Die Arbeitnehmervertreter müssen derweil klären, ob sie sich mit Lier anfreunden können. Sie dürften auch bei ihren Kollegen von der Eisenbahn- und Verkehrsgesellschaft (EVG) in Frankfurt nachgefragt haben – und wenig Erbauliches gehört haben. Der dortige Gewerkschaftssekretär Martin Benner sagt unserer Redaktion, man weine Lier keine Träne nach: Als einzige Bahntochter habe DB Connect keinen Tarifvertrag unterzeichnet, das kreide man der Ex-Chefin auch persönlich an. Das klingt nicht nach einer Empfehlung für die Rheinbahn mit ihrem mächtigen Betriebsrat. Clausecker scheiterte auch am Widerstand der Belegschaft.

Schon seit Monaten fällt auf, wie schmutzig der Machtkampf geführt wird. Gerüchte und böswillige Anekdoten werden verbreitet, alle Beteiligten beteuern derweil, sie selbst seien nur am Wohl des Unternehmens interessiert. Auch die zweite Führungsebene steht wegen Betriebsproblemen, überalterten Fahrzeugen und Personalmangel unter Druck. Selbst eine als sicher geltende interne Neubesetzung in der Pressestelle wurde nun gestoppt. Es wird gemunkelt über einen externen Bewerber, der den Vorstand in seiner öffentlichen Darstellung unterstützt hat – bei der Rheinbahn ist vieles vorstellbar.

Für Düsseldorf ist die Dauer-Krise in vieler Hinsicht ein Problem. Auf lange bekannte Ärgernisse wie die vielen Ausfälle und Verspätungen auf der U79 hat das Unternehmen immer noch keine Antwort gegeben, wichtige Zukunftsfragen bleiben unbeantwortet. Unternehmensinsider bestätigen derweil den Eindruck, dass die neuen Metro-Busse nicht so gut angenommen werden wie erhofft. Dabei steht Düsseldorf wegen des starken Bevölkerungswachstums und der drohenden Diesel-Fahrverbote unter Druck. Das Unternehmen ist aber mit sich selbst beschäftigt.

Der Aufsichtsrat hofft auf einen Befreiungsschlag nach den Karnevalstagen. Wenn Thomas Geisel von der Immobilienmesse Mipim zurück ist, soll die Vorstandsfrage endlich entschieden werden. Wer auch immer sich durchsetzt: Es gibt genug zu tun.

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