Lehrer-Kolumne Im Internet Zustände wie im Wilden Westen

Düsseldorf · Soziale Medien fördern selten Bildung und Verbindlichkeit, meint unser Autor.

 080219
 Junglehrer-Kolumne: Lutz Tomala 
Foto: Andreas Bretz

080219 Junglehrer-Kolumne: Lutz Tomala Foto: Andreas Bretz

Foto: Bretz, Andreas (abr)

„Alle reden von Schule, aber keiner macht etwas dagegen.” Zu meiner Schülerzeit war das ein gängiger Witz. Heute kommt er mir immer in den Sinn, wenn sich wieder einer der Kollegen oder Freunde ärgert, dass jemand etwas Unsinniges in einem Sozialen Netzwerk gepostet hat. Vielleicht ist der Vergleich zwischen Unterricht sowie Instagram und Co. nicht weit hergeholt. Es folgt ein voreingenommener, kompetitiver Vergleich.

Die Grundfunktion beider Wettkämpfer ist ähnlich. Unterricht und Soziale Netzwerke dienen dazu, Informationen zu verbreiten. Während es in der Schule strenge Vorschriften über den zu vermittelnden Inhalt gibt, herrschen im Internet Zustände wie im Wilden Westen. Am Wim-Wenders-Gymnasium (wie auch an anderen Schulen in NRW) werden wegen der Umstellung auf das G9-Modell zurzeit viele schulinterne Lehrpläne neu geschrieben. Das ist mitunter ein großer Aufwand, der sich aber lohnen kann.

Ein guter Lehrplan kann die kollegiale Zusammenarbeit fördern, erleichtern und dafür sorgen, dass Schüler eine kontinuierlich gute Bildung erhalten. Soziale Medien fördern selten Verbindlichkeit und die Bildung. Die kurierte Auswahl an Unterrichtsinhalten wird zwar immer wieder diskutiert und infrage gestellt, aber fast nie, dass es eine solche Auswahl gibt – das „killer feature” der Schule.

Ein weiterer wichtiger Vergleich zwischen Facebook und Biologie-Unterricht wird deutlich durch den Begriff der Didaktischen Reduktion. Diese führt komplexe Inhalte auf wesentliche Elemente zurück, um sie begreifbarer zu machen. Dafür gibt es viele gute Beispiele in Sozialen Medien. Bei Reddit finde ich etwa immer wieder exzellente Darstellungen schwieriger Themen. Auch im Umfang werden viele Themen in Sozialen Medien gut reduziert. Ich greife gerne auf diese Quellen zurück, um meinen Unterricht vorzubereiten und hole so die sozial „vorverdauten” Inhalte ins Klassenzimmer.

Problematisch ist die Reduktion der Schwierigkeit. Auch hier gibt es exzellente Beispiele im Internet, allerdings ist kaum zu erkennen, welche Themen so vereinfacht worden sind, dass sie schlichtweg falsch sind. Ohne Fachwissen ist das kaum möglich. Polemisch vereinfacht: Ohne Fachkompetenz sind Soziale Medien nur eine sich widersprechende Sammlung von Katzen-Videos. Didaktisch reduziert können sie den Unterricht bereichern.

Der Autor Lutz Tomala unterrichtet am Wim-Wenders-Gymnasium.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort