Blind Date der Redaktion Mit Porzellan um die Welt reisen

Düsseldorf · Die Keramik aus 8000 Jahren erzähle viel über Kulturen, sagt die Hetjens-Direktorin.

 Der gedeckte Tisch im Hetjens-Museum wecke bei den Besuchern Emotionen und Erinnerungen, sagt Direktorin Daniela Antonin (l.).

Der gedeckte Tisch im Hetjens-Museum wecke bei den Besuchern Emotionen und Erinnerungen, sagt Direktorin Daniela Antonin (l.).

Foto: Anne Orthen (ort)

In der Adventszeit wichtelt jeder RP-Redakteur einem Kollegen in der Lokalredaktion ein Blind-Date mit einem Interview-Partner zu. Heute ist das Daniela Antonin, Direktorin des Deutschen Keramikmuseums Hetjens, die auf Redakteurin Semiha Ünlü trifft.

Wodurch wurde die Liebe zum Porzellan geweckt?

Antonin Nicht, weil ich als Kind ständig Prinzessin spielen wollte (lacht). Mein Onkel, der Glassammler ist, führte mich schon vor 30 Jahren hier durch die schönen Düsseldorfer Straßen, um Antiquariate, Sonderausstellungen und Museumssammlungen zu besuchen. Und er erzählte sehr spannend über historische Persönlichkeiten. August der Starke und Friedrich der Große waren zum Beispiel große Porzellanliebhaber. Der Preußenkönig veranlasste sogar, seine Porzellanservice in Dekor und Farbe passend für seine Kabinette in den Schlössern anfertigen zu lassen.

Porzellan als Männersache?

Antonin Ja, in der Geschichte werden die Männer, die Porzellan sammelten, prominenter dargestellt. Zarin Katharina die Große von Russland, Kaiserin Maria Theresia von Österreich und sogar unsere Kurfürstin Anna Maria Luisa de Medici waren ebenfalls Porzellanfreundinnen. Anfang und Mitte des 18. Jahrhunderts war Porzellan ein absolutes Luxusgut und kein übliches Kücheninventar. Wir Bürger kamen erst mit Beginn des 19. Jahrhunderts an diese Kostbarkeiten. Mich interessieren immer die Personen zu den Objekten: Wie wurde Porzellan und Keramik am Königs- oder Kurfürstenhof verwendet oder gelagert? Das war übrigens häufig in der Garderobe oder der Bibliothek.

Wie ist denn heute das Verhältnis zu Keramik und Porzellan?

Antonin Es hat sich gewandelt, weil die große gedeckte Tafel im Familienkreis im Alltag kaum noch existiert. Und dennoch ist unser Verhältnis eng: Jeder hat doch zum Beispiel seine Lieblings-Kaffeetasse daheim oder im Büro und seinen Keramik-Thron im WC. Wenn unsere Besucher im Hetjens eine hübsch gedeckte Tischtafel sehen, bleiben sie immer stehen, weil sie sich an vergangene Zeiten erinnert fühlen.

Steht deswegen dieser Pavillon mit dem gedeckten Tisch hier?

Antonin Ja, dieser Tisch mit dem Service des Grafen Finck zu Finkenstein vermittelt eine besonders festliche Stimmung. Wir entführen hier die Betrachter in die späte Rokoko-Zeit um 1760. Diese Tafel vermittelt uns eine Idylle der Geselligkeit und des Genusses. Der Pavillon ist für viele Besucher wie ein magnetischer Anziehungspunkt.

Wie viele Besucher kommen pro Jahr?

Antonin Circa 30.000. Bei unserer Mops-Ausstellung war die Hemmschwelle besonders niedrig. Wir erzählen mit der Keramik ja auch die Geschichte unserer Kultur und Gesellschaft. Ich sehe uns aber auch als Museum für Reisefreudige: Sie können mit unserer Ausstellung mit Keramik aus 8000 Jahren zu allen Kontinenten spazieren.

Wir sind gerade im Orient angekommen.

Antonin Ja, ist das nicht ein Traum? Unsere islamische Keramik mit der großen Multan-Kuppel aus Punjab. Persien und Syrien sind seit dem frühen Mittelalter zwei wichtige Keramikzentren. Später gehörte auch Marokko dazu. Der kalligraphische Schmuck, die reichen Blumenmotive aus der Textiltradition, die Kamelkarawanen, hier sind wir im 9. Jahrhundert. Allerdings wünschen sich die Besucher die Islamabteilung noch romantischer inszeniert. Ich auch! Hier müssen wir klarer, aber auch sinnlicher werden in der Präsentation. Wie in unserer zauberhaften Sonderausstellung zu den Meissener Märchenwelten.

Wie zum Beispiel?

Antonin Besucher sollen sich eingeladen fühlen und Kunst als Inspiration genießen können: Eine Ecke mit Kissen, eine andere mit Barockstühlen und dann auch etwas Lounge-ähnliches fände ich klasse. Auch wünsche ich mir ein Café-Bistro, denn unser Museum dreht sich doch ohnehin um die Themen Essen und Trinken. Zahlreiche Besucherinnen und Besucher wünschen sich das ebenso.

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