Mediziner der Uniklinik Düsseldorfer Forscher machen Tests in der Schwerelosigkeit

Düsseldorf · Ein Forscherteam der Uniklinik hat unter besonderen Bedingungen Experimente zum menschlichen Blutfluss gemacht. Möglich wurde das durch Parabelflüge mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt.

 In der Schwerelosigkeit führten die Mediziner Sema Kaya und Nana-Yaw Bimpong-Buta (v.l.) die Experimente durch - an ihrem Kollegen Christian Jung.

In der Schwerelosigkeit führten die Mediziner Sema Kaya und Nana-Yaw Bimpong-Buta (v.l.) die Experimente durch - an ihrem Kollegen Christian Jung.

Foto: Uniklinik

Wer sich medizinische Forschung als eintönige Tätigkeit hinter dicken Labortüren vorstellt, der sollte mal Christian Jung und Nana-Yaw Bimpong-Buta fragen. Die beiden Mediziner der Klinik für Kardiologie, Pneumologie & Angiologie an der Düsseldorfer Uniklinik haben jetzt in einem besonderen Experiment nach Erkenntnissen über den menschlichen Blutfluss gesucht. Dazu nahmen sie mit ihrem Team an der jüngsten Parabelflugkampagne des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) teil. Bei einem Parabelflug herrscht für kurze Zeit Schwerelosigkeit: So konnten sie unter Bedingungen forschen, wie sie sonst nur Astronauten haben.

"Wir interessieren uns schon lange für die Mikrozirkulation, also die Durchblutung der kleinsten Gefäße im menschlichen Körper", sagt Oberarzt Christian Jung. Diese beeinflusst unter anderem den Blutdruck und transportiert lebenswichtige Nährstoffe durch den Körper. Um die menschliche Physiologie besser zu verstehen, wollten Jung und seine Kollegen den Einfluss der Schwerkraft testen - was man eben gut kann, wenn man diese quasi abstellt und untersucht, wie sich der Körper der neuen Situation anpasst. Also bewarben sich die Düsseldorfer Mediziner für die Flüge des DLR - und wurden schließlich als eines von elf Forscher-Teams angenommen. Sie durften nach umfassenden Vorbereitungen ins französische Bordeaux reisen, von wo aus die Flüge starteten. "Das war natürlich spannend für uns alle", sagt Nana-Yaw Bimpong-Buta. "Ich fand es einfach sensationell - das ist ja etwas, das man so nie wieder erleben wird."

Aufwendige Untersuchungen hatten er und seine Kollegen dafür in Kauf genommen, ihre Flugtauglichkeit und den Gesundheitszustand umfassend testen lassen, spezielle Medikamente im Vorfeld eingenommen. Immerhin können die ungewöhnlichen Belastungen bei einem Parabelflug so manchem den Magen umdrehen. Jung, Bimpong-Buta und ihre Kollegen aber hielten sich tapfer ("Wir haben keine Tüte gebraucht") und gewöhnten sich von Flug zu Flug besser an das ungewohnte Umfeld in dem Flugzeug. "Auch für die Piloten ist das immer eine besondere Herausforderung", sagt Jung.

Ein Parabelflugtag dauert normalerweise vier Stunden, innerhalb derer jeweils 31 Parabeln geflogen werden. Der Pilot lässt das Flugzeug - einen umgebauten Airbus 310 - aus dem horizontalen Flug plötzlich steil nach oben steigen und drosselt dann am höchsten Punkt die Schubkraft der Turbinen. Im Flugzeug, das der Bahn einer Parabel folgt, herrscht dann für etwa 22 Sekunden Schwerelosigkeit - bei vier Tagen mit je 31 Flügen bedeutet das insgesamt 35 Minuten Zeit für die Versuche.

Das Düsseldorfer Team nutzte diese Zeit, indem es an einem (natürlich ordentlich am Flugzeugboden festgeschnallten) Probanden verschiedene Werte untersuchte und dazu ein besonders modernes Hand-Mikroskop nutzte. "Unsere Vorarbeiten bei kritisch kranken Patienten auf der Intensivstation haben gezeigt, dass die Messung der Mikrozirkulation am Zungengrund Rückschlüsse auf die Gesamt-Durchblutung und Kreislaufsituation des Patienten zulässt", heißt es in der Beschreibung des Experiments von Nana-Yaw Bimpong-Buta. Auch die Sauerstoffsättigung des Blutes wurde getestet.

Nicht immer hat alles sofort funktioniert, wie die Mediziner einräumen. Zwar waren sie schon Tage vorher vor Ort, planten sorgsam die Versuchsanordnung; wer wo liegt, was wo auf welche Weise befestigt wird. Doch nicht alles ließ sich tatsächlich vorhersehen. So zeigte sich schnell, dass der für die Daten-Aufzeichnung genutzte Tablet-PC sich in der Schwerelosigkeit nicht so bedienen ließ wie am Boden: "Der Druck des Fingers auf dem Touchpad reichte schlicht nicht aus", so Bimpong-Buta. Am zweiten Tag wurde also eine Maus angeschlossen.

Die Forscher wollen mit der Untersuchung weiter zum Verständnis beitragen, wie die Mikrozirkulation im Körper reguliert wird. Zudem lassen sich so diagnostische Möglichkeiten entwickeln, um Personen mit erhöhtem Risiko für Kreislaufstörungen in der Schwerelosigkeit identifizieren zu können. Und wenn man weiter in die Zukunft denke und an die Pläne der Menschen, womöglich weiter ins All vorzudringen, "dann ist es natürlich eine entscheidende Frage, wie Menschen unter diesen Bedingungen leben können", sagt Christian Jung. Welche Erkenntnisse der besondere Ausflug genau gebracht hat, lässt sich indes noch nicht sagen. "Die Auswertungen laufen aktuell", sagt der Mediziner: "Das wird noch ein wenig dauern."

(RP)
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