Interview mit dem Chef des Düsseldorfer Flughafens "100.000 Passagiere pro Tag im Sommer"

Düsseldorf · Der Chef des Flughafens Düsseldorf, Thomas Schnalke, berichtet von starkem Wachstum und rechnet mit Rekordzahlen in den Ferien. Er hofft, dass Air Berlin die Krise überwindet. Er drängt die neue Landesregierung, schnell mehr Flüge zu erlauben.

 Thomas Schnalke am Düsseldorfer Flughafen.

Thomas Schnalke am Düsseldorfer Flughafen.

Foto: Bretz

Nur wenige Chefs haben einen so guten Blick auf den Verlauf des Geschäftes wie Thomas Schnalke. Während wir uns im Sitzungssaal des Managements treffen, hebt vor den Fenstern ein Jet nach dem anderen ab. Die Verwaltung des Flughafens liegt gegenüber der Startbahn. Schnalke betrachtet das Treiben mit Wohlwollen. "Die Leute fliegen gerne."

Keine Airline bietet ab Düsseldorf mehr Langstreckenflüge als Air Berlin. Wie sehen Sie die Krise?

Schnalke Air Berlin ist für Düsseldorf ein wesentlicher Anbieter von Interkontinentalflügen mit einem Marktanteil in diesem Geschäft von 40 Prozent. Auch darum haben wir und das ganze Land NRW ein großes Interesse daran, dass Air Berlin die Sanierung erfolgreich hinter sich bringt. Die neue Strategie bedeutet ja, dass man vorrangig auf Düsseldorf und Berlin als Drehkreuze setzt.

Brauchen wir eine Bürgschaft des Landes für Air Berlin?

Schnalke Das muss die Politik entscheiden. Nicht von der Hand zu weisen ist, dass Air Berlin weit über 2000 Menschen allein hier in Düsseldorf beschäftigt. Und ich habe großes Vertrauen, dass Air Berlin die Verspätungskrise im April und Mai überwindet. Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann hat die richtigen Schritte eingeleitet, damit die Maschinen wieder pünktlich fliegen. Wir sehen schon jetzt eine deutlich bessere Performance und erwarten einen guten Sommer.

Führen die Probleme bei Air Berlin zu weniger Wachstum in Düsseldorf?

Schnalke Nein. Das Wachstum Air Berlins in Düsseldorf ist überproportional höher als der Markt. Zum anderen wachsen auch viele andere Airlines wie insbesondere Eurowings als Teil der Lufthansa-Gruppe. Die setzen zunehmend den Airbus A 320 ein statt früher viel kleinerer Jets. Das ermöglicht im ersten Halbjahr 2017 ein Wachstum von fast 30 Prozent bei den Reisenden. Die Lufthansa-Gruppe hat in Düsseldorf inzwischen insgesamt ein vergleichbar hohes Volumen bei den Passagierzahlen wie die Air Berlin-Gruppe.

Der Verkehr wächst also insgesamt?

Schnalke Das kann man wohl sagen. Im ersten Halbjahr werden wir mit fast zwölf Millionen Passagieren 1,2 Millionen mehr Passagiere mehr abwickeln als im ersten Halbjahr 2016. Damit legen wir stärker zu als jeder andere größere Airport Deutschlands und liegen auch relativ mit einem Plus von zwölf Prozent deutlich vor allen anderen großen Airports. Und auch bei den Flugbewegungen geht es deutlich aufwärts: Deren Zahl steigt um fast acht Prozent auf 104.500 im ersten Halbjahr.

Wie geht es weiter?

Schnalke Die Nachfrage ist wahnsinnig groß. Wir haben für diesen Sommerflugplan zwischen 15. März und Ende Oktober erstmals alle gut verwendbaren Slots vergeben. Wir rechnen nun damit, an mehreren Tagen im Sommerflugplan mehr als 100.000 Passagiere abzuwickeln. Der Rekord lag bisher bei 92.000 Personen am Tag.

Das klingt so, als ob Sie von der neuen Landesregierung eine schnelle Genehmigung der Kapazitätserweiterung um rund 18 Prozent erhoffen.

Schnalke Die Zahlen sprechen eine sehr klare Sprache. Eine zügige Erteilung der Betriebsgenehmigung ist wegen der hohen Nachfrage wichtig. Spätestens für den Sommerflugplan 2018 müssen wir die neue Betriebsgenehmigung erhalten, weil wir sonst noch viel mehr Flugbewegungen ablehnen müssen.

Im Koalitionsvertrag steht kein Wort zur Kapazitätserweiterung.

Schnalke Bei unserem Antrag handelt es sich auch nicht um eine politische Entscheidung, sondern eher um einen Verwaltungsakt, der nach gültiger Rechtslage entschieden wird. Weil sich aber CDU und FDP grundsätzlich für eine Stärkung des Luftverkehrs aussprechen und die NRW-Wirtschaft entfesseln wollen, sehe ich Rückenwind für unseren Antrag. Immerhin will die neue Landesregierung sich auch für eine Abschaffung der Luftverkehrssteuer einsetzen, um die Flughäfen in NRW zu stärken.

Im Herbst kündigten Sie an, konsequent gegen Verspätungen vorzugehen, doch wir hatten im April und Mai schlechtere Werte als im Vorjahr.

Schnalke Wir haben eindeutig zuviele verspätete Landungen. Ich bedaure das sehr. Darum halte ich daran fest, dass wir mit Airlines, Flugsicherung und Bodenabfertigung die Abläufe noch weiter verbessern müssen. Das ist ein Bohren dicker Bretter, das am Ende zielführend, aber ein längerer Prozess ist.

Die neue Koalition will, dass alle Flughäfen die Zuschläge für zu späte Landungen so weit erhöhen, wie es rechtlich möglich ist. Das zielt doch auch auf Düsseldorf, oder?

Schnalke Wir haben schon länger sehr hohe Zuschläge bei Landungen nach 23 Uhr. Je nach Flugzeugtyp und Uhrzeit steigen die Zuschläge um 700 Prozent. Derzeit verhandeln wir mit den Airlines die neue Entgeltordnung ab 2018. Jedenfalls sind wir uns im Ziel einig: Wir wollen NRW als Luftverkehrsstandort stärken und müssen gleichzeitig so gut wie möglich auf die Interessen der Anwohner Rücksicht nehmen.

Reinhard Kowalewsky führte das Gespräch.

(rky)
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