Ulrich Tillmanns Düsseldorfer an der Spitze von Ogilvy

Düsseldorf · Ulrich Tillmans, bislang Düsseldorf-Chef der Markenagentur Ogilvy & Mather, ist jetzt Chairman der gesamten Gruppe. Er spricht über das "lachende D", das Image der Stadt, den Werbestandort Düsseldorf und seine neue Aufgabe.

 Der neue Chairman der Agenturgruppe Ogilvy, Ulrich Tillmanns: "Eon und RWE haben Jahrzehnte lang den Markt falsch behandelt. Die Konsequenzen bekommen diese jetzt zu spüren."

Der neue Chairman der Agenturgruppe Ogilvy, Ulrich Tillmanns: "Eon und RWE haben Jahrzehnte lang den Markt falsch behandelt. Die Konsequenzen bekommen diese jetzt zu spüren."

Foto: Andreas Endermann

Herr Tillmanns, Sie haben eine neue Aufgabe innerhalb der Agenturgruppe Ogilvy. Was ändert sich für Sie und die Agentur?

Tillmanns Ich bin zum Chairman der deutschen Ogilvy-Gruppe berufen worden. Das ist so etwas wie Aufsichtsrat oder Präsident unserer Agentur. Künftig werde ich mich nicht mehr um operative Aufgaben der Agentur kümmern. Mein Nachfolger für das tägliche Geschäft in Düsseldorf wird Martin Alles.

Aufsichtsratsvorsitzender oder Präsident, das klingt nach Repräsentation ohne konkrete Einbringung ...

Tillmanns Meine Aufgabe wird die Harmonisierung der sechs einzelnen deutschen Standorte von Ogilvy sein, außerdem die Organisation und die Prozessoptimierung unserer großen Agentur. Es gibt eine ziemlich lange Liste von strategischen Aufgaben, um die ich mich kümmern werde.

Bislang saß der Chairman von Ogilvy in Frankfurt, jetzt in Düsseldorf. Ist Ihre Berufung eine Aufwertung des Standortes?

Tillmanns Falls die Frage darauf abzielt, ob hier künftig die Zentrale von Ogilvy ist, dann muss ich Sie enttäuschen. Ogilvy hat kein echtes Headquarter. Wir haben große Standorte in Düsseldorf, Frankfurt am Main, Berlin, Hamburg, Stuttgart und Wolfsburg. In Stuttgart wird vornehmlich der Großkunde IBM betreut, in Wolfsburg Volkswagen. Die meisten Zentralfunktionen sind in Frankfurt. Aber einen Düsseldorfer, der vornehmlich in Düsseldorf sitzt, zum Chairman zu machen, ist ein starkes Zeichen für den Werbestandort Düsseldorf. Trotzdem habe ich natürlich einen Schreibtisch in Frankfurt.

Sie sprechen von Prozessoptimierung. Das Wort steht oft als Synonym für Jobabbau, den es etwa bei Ihrem Mitbewerber — der Düsseldorfer Agentur Grey — bereits gegeben hat...

Tillmanns Dann haben Sie mich falsch verstanden. Es werden bei der Prozessoptimierung keine Leute entlassen. Es ist kein Umbau. Wir haben die Unternehmensphilosophie, unsere Struktur, unsere Art zu arbeiten, ständig auf den Prüfstand zu stellen. Und das ist jetzt meine Hauptaufgabe. Firmen, die stillstehen, weil sie glauben, ihr Geschäft laufe gerade gut und alles müsse deshalb so bleiben, wie es ist, haben schon oft Schiffbruch erlitten. Denken Sie an Polaroid oder Nokia. Man muss sein Geschäftsmodell den sich verändernden Märkten ständig anpassen, sonst geht man rückwärts oder unter.

Was werden Sie dann also ändern?

Tillmanns Wir werden die Integration der Teams verbessern. Bislang arbeiten verschiedene Gruppen etwa an Kampagnen, PR, Fernsehen. Hier müssen Silos zusammengeführt werden, um schneller, besser agieren zu können. Es muss die Devise lauten: Egal, welcher Kanal bespielt wird, die Fachleute sind an der richtigen Stelle. Die Werbung wird immer digitaler. Darauf muss eine Agentur schnell reagieren.

Wie beurteilen Sie als Chef einer Werbeagentur das Image der Stadt Düsseldorf, das oft komplexbeladen oder schicki- micki rüberkommt im Vergleich zu andern Städten?

Tillmanns Die Düsseldorfer sollten sich darum nicht immer so viele Sorgen machen, auch wenn die Einwohner nicht so bedingungslos stolz auf ihre Stadt sind wie die Kölner. Düsseldorf ist mehr als die Schlacht von Worringen, die Stadt ist hochmodern, entschuldet, innovationsstark. Die Infrastruktur ist optimal, keine Stadt Deutschlands ist so ideal an einem internationalen Flughafen gelegen. Doch vielleicht haben wir in Düsseldorf noch immer eine etwas zu hohe Dichte an Poloshirt-Trägern mit weißen Socken.

Umstritten ist die neue Dachmarke mit dem lachenden D. Was halten Sie davon?

Tillmanns Das lachende D ist für die Menschen nicht wichtig, eine oberflächliche Maßnahme. Eine Stadt braucht meines Erachtens auch keinen Claim.

Das sehen manche Städte anders, Harsewinkel etwa darf sich jetzt "Die Mähdrescherstadt" nennen ...

Tillmanns Das ist peinlich bis albern, genau wie die neue Lokalisierung von Autokennzeichen. So was hat Düsseldorf nicht nötig. Die Stadt steht für Mode und Messe, das muss man nicht künstlich aufblasen.

Sehen Sie Düsseldorf noch als deutsche Werbehauptstadt?

Tillmanns Düsseldorf ist unverändert der führende Standort, weil es eine lebendige Kreativszene gibt, mit vielen Freelancern, die die Branche befeuern.

Aus Sicht eines Werbeprofis: Was sind für Sie die besten Marken der Welt?

Tillmanns Die perfekte Marke ist sicherlich noch immer Coca-Cola. Und daran haben wir in letzter Zeit mitwirken dürfen. Erinnern Sie sich, als Kunden im vergangenen Jahr ihre eigenen Namen oder die ihrer Freundin auf eine Coca-Cola-Flasche drucken durften? Das haben Millionen Menschen gemacht, es kam sehr gut an. Es war eine Idee von Ogilvy. Ebenfalls eine gute Marke ist Nike, die wird extrem bewundert, auch von mir.

Dann die Gegenfrage, welche Marken haben große Fehler gemacht?

Tillmanns Da fallen mir als Erstes die großen Versorger in NRW und Düsseldorf ein: Eon und RWE. Die haben Jahrzehnte lang den Markt falsch behandelt, der Auftritt war patriarchisch, es gab wenig Wahlmöglichkeiten. Und die Konsequenzen bekommen diese jetzt zu spüren.

Aber Strom und Gas sind homogene Güter, wie soll man die clever vermarkten?

Tillmanns Durch Sympathie und Nähe. Das Aufkommen alternativer Energien hat da ein großes Feld geöffnet, aber es wurde schon zu Beginn wieder Vieles zerstört. Ökostrom etwa ist weiter ein sehr entferntes Produkt, nicht nah am Kunden. Es gab bei den Versorgern Knebelverträge, die Konzerne haben ihre Marktmacht ausgenutzt, genau wie der Automobilclub ADAC, der jetzt die Rechnung dafür bezahlt.

Was ist heute die Aufgabe von Werbung?

Tillmanns Die Produkte unterscheiden sich heute kaum. Will ein Hersteller oder Dienstleister sich vom Wettbewerb absetzen, dann geht das entweder über den Preis, und das ist nicht sehr attraktiv, teilweise zerstörerisch. Oder man schafft einen Markenmehrwert. Im Übrigen: Wie der Verkäufer oder die Kassiererin im Geschäft mit dem Kunden umgeht, ist tausendmal wichtiger als jedes Werbeposter.

(RP)
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