Youtuber Rezo in Düsseldorf „Die Alten kriegen wenig auf die Kette“

Düsseldorf · Der Youtuber, der vor der Europawahl die CDU mit einem Video scharf kritisiert hatte, war zu Gast im Düsseldorfer Rathaus. Mit Oberbürgermeister Thomas Geisel sprach Rezo über die Zukunft der Bildung.

 Rezo sprach in Düsseldorf über Bildung.

Rezo sprach in Düsseldorf über Bildung.

Foto: Endermann, Andreas (end)

Eigentlich war Rezo der Falsche, um die letzte Frage am Tag der Bildung zu beantworten. Aber der Youtuber hatte für das Podium im Düsseldorfer Rathaus lange vor seinem CDU-Video zugesagt, also spricht er ohne Kappe auf dem Kopf und mit Star-Wars-Shirt auf der Brust stellvertretend für seine Generation. Unter anderem mit Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD), einem Theologen, einem Spieleentwickler und einem Pädagogen.

Die sind voll des Lobes für den jungen Mann aus Aachen. Geisel nennt seine Arbeit „inhaltlich sehr interessant“, Medienpädagoge Andreas Mertin sagt in seiner Eröffnungsrede, das Volk habe – mit Blick auf den kirchlichen Hintergrund der Veranstaltung – seinen Propheten nun offenbar in Rezo gefunden. Der erzählt dann, wie er als Kind zu Hause die Tür zum Wohnzimmer mit einem Dietrich knackte, um den Computer benutzen zu dürfen. Weil er sich bilden wollte.

„Knackig kurz statt tiefgründig? Bildung in Zeiten von Youtube, Gaming und Co.“ hieß die Abschlussdiskussion, zu der der Evangelische Kirchenkreis Düsseldorf am Samstag in den Plenarsaal geladen hatte. Mehr als 80 Veranstaltungen fanden zuvor in der City statt. Youtuber Rezo, der im Sommer ein viel beachtetes Video mit dem Titel „Die Zerstörung der CDU“ veröffentlichte, hatte mit dieser knapp 55-minütigen Politikkritik und dem Quellenverzeichnis dazu ja gerade gezeigt, dass er es lieber nicht knackig kurz mag. Das Video ging wenige Tage vor der Europawahl im Mai online. Rezo übte darin scharfe Kritik an den Positionen der CDU, aber auch der SPD und AfD, besonders zu ökologischen und sozialen Fragen. Es wurde bis heute mehr als 15 Millionen Mal geklickt und zog internationales Medieninteresse nach sich.

Die Gäste diskutieren, wie erfolgreiche Bildung im digitalen Zeitalter aussehen kann. Entwickler Armin Josua erklärt etwa, wie er Spiele mit biblischem Hintergrund entwirft, den Spielern aber viele Entscheidungen einräumt. Der Titel der Veranstaltung sei kein Widerspruch, sagt unterdessen Andreas Mertin. Gerade heute sei es möglich, sich tiefgründig und gleichzeitig kurz zu fassen. „Die Digitalisierung entwöhnt uns nur davon, Dinge überlegt zu formulieren“, sagt er. Geisel, der eingangs erklärte, ohne Social-Media wäre er nicht Oberbürgermeister geworden, fürchtet, dass sich die Gesellschaft spaltet, weil die Jungen online über andere Kanäle kommunizieren als die Alten.

Offline sieht das anders aus. Im Plenarsaal hören viele Menschen zu, die Teil von Rezos Generation (18-35) sind, aber mindestens genau so viele in Geisels Generation (50+). Es scheint, als bringe wenigstens der Tag der Bildung die Gesellschaft zusammen. Immer wieder ist Youtube Thema in der Runde. Rezo kritisiert, dass nur etwa vier Prozent der Nutzer dort eigene Inhalte hochladen, der Rest konsumiere nur. Angesichts vieler Hassbotschaften im Netz findet Geisel das „gar nicht so wenig.“ Rezo glaubt, dass besonders Geisels Generation online nur selten etwas Sinnvolles zustande bringe. „Wenn es darum geht, dass dort jemand wenig auf die Kette kriegt, sind es eher die Alten als die Jungen“, sagt er.

Nach rund einer Stunde ist eine einzige Frage der Zuhörer erlaubt und sie geht – natürlich – an Rezo, wegen dem so viele Zuhörer im Rathaus waren, dass kurzfristig kostenlose Eintrittskarten draußen an einem Zelt verteilt werden mussten. Eine junge Schülerin fragt: „Wie wird man eigentlich so erfolgreich auf Youtube?“ Ein Teil sei Glück, antwortet Rezo. Und der Rest viel Arbeit.

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