Doppel-Delegation in Moskau Düsseldorf will vom Russland-Boom profitieren

Moskau · 6300 deutsche Unternehmen setzen in Russland inzwischen 40 Milliarden Euro pro Jahr um und haben dort 100.000 Arbeitsplätze geschaffen. Umgekehrt leben heute 2,5 Millionen Russen in Deutschland und sind hier mit über 2000 Firmen aktiv.

 Der Düsseldorfer OB Dirk Elbers (rechts) trifft seinen Moskauer Amtskollegen Sergej Sobjanin im Moskauer Rathaus.

Der Düsseldorfer OB Dirk Elbers (rechts) trifft seinen Moskauer Amtskollegen Sergej Sobjanin im Moskauer Rathaus.

Foto: Privat

Der deutsche Botschafter in Russland, Ulrich Brandenburg, untermauerte mit harten Zahlen wie diesen seine Kernbotschaft: "Die deutsch-russischen Beziehungen sind heute besser und vielschichtiger als jemals zuvor in der deutschen Nachkriegsgeschichte."

Gemeinsam mit dem Düsseldorfer Oberbürgermeister Dirk Elbers (CDU) hatte Brandenburg gestern rund 500 Gästen ins legendäre Moskauer "Baltschug Kempinsiki"-Hotel geladen, um dort mit ihnen den Tag der Deutschen Einheit zu feiern.

Der Empfang war in mehrfacher Hinsicht ein Gipfeltreffen: Gleich zwei hochkarätige Delegationen vom Rhein treffen in diesen Tagen in Moskau zusammen: Die Eine unter Leitung des Düsseldorfer IHK-Präsidenten Ulrich Lehner, der von rund 50 Unternehmern aus dem Großraum Düsseldorf begleitet wird.

Die Andere unter der Führung von OB Dirk Elbers, der Moskau anlässlich der 20-jährigen Städtepartnerschaft mit Düsseldorf besucht. Beinahe wäre auch noch NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) dabei gewesen. Er musste wegen einer Erkrankung kurzfristig absagen.

Elbers sagte bei dem Empfang unter lautem Beifall der Gäste: "Als Moskau und Düsseldorf Ende der 1960er Jahre die ersten Kontakte knüpften, konnte keiner ahnen, dass wir hier einmal gemeinsam die deutsche Wiedervereinigung feiern würden." Wenige Stunden davor hatte Lehner vor der Dopppel-Delegation eine Ansprache gehalten. "Die Chancen der deutschen Wirtschaft, in Russland gute Geschäfte zu machen, waren selten so gut", sagte der IHK-Präsident.

Denn die beiden Delegationen sind nicht nur in Moskau, um dort zu feiern. Sie haben auch konkrete wirtschaftliche Interessen. Unter anderem wollen sie von der einmaligen Gelegenheit profitieren, die sich gegenwärtig aus dem wohl anspruchsvollsten Projekt der russischen Hauptstadt-Regierung seit 200 Jahren ergibt: Unter Leitung des Moskauer Bürgermeisters Sergei Semjonowitsch Sobjanin, mit dem Elbers und Lehner ebenfalls zusammentrafen, soll die Stadt auf beinahe das Dreifache ihrer heutigen Fläche wachsen — ein riesiges Areal im Westen der Stadt, das heute noch weitgehend brach liegt, soll ausgebaut werden und mit der Elf-Millionen-Stadt verschmelzen.

Dafür sollen in den kommenden Jahren Milliarden von Rubel in das wohl größte Neubaugebiet der Welt fließen: In die Infrastruktur, den Umzug der Stadtverwaltung auf das neue Gelände und in den Bau neuer Wohnungen für mehrere Millionen Moskowiten. Denn die Stadt steht vor dem Kollaps, was sich zum Beispiel in der täglichen Total-Blockade der Moskauer Straßen zeigt: 1994 waren in Moskau noch 350.000 Pkw zugelassen — inzwischen sind es vier Millionen.

Die gut 60 Wirtschaftsvertreter, die beide Delegationen begleitet haben, hoffen unter anderem auf Aufträge aus diesem Mammut-Projekt. Weitere Chancen ergeben sich aus der umfassenden Mondernisierungsstrategie, mit der die russische Staatsregierung die bislang zu einseitige Abhängigkeit des Landes vom Öl und vom Gas reduzieren will.

"Wir haben bei unserer Städtepartnerschaft mit Moskau nicht nur, aber vor allem wirtschaftliche Interessen", gab OB Elbers am Rande der Reise auch unumwunden zu. Deshalb gehöre die Freundschaft mit Moskau auch zu seinen Lieblings-Partnerschaften: "Da sieht man so richtig, was sich daraus in den vergangenen 20 Jahren alles für lukrative Geschäfte ergeben haben", sagte Elbers mit Blick auf die prosperierenden Moskau-Repräsentanzen großer Düsseldorfer Unternehmen wie Henkel oder Metro, die inzwischen von gut 1000 Mittelständlern aus NRW flankiert werden.

Die Ziele seiner Delegation, die unter anderem eine NRW.Invest-Filiale in St. Petersburg als Anlaufstelle für russische Unternehmen mit Investitionsabsichten in NRW eröffnet hat, seien dreigeteilt: Den Teilnehmern mit Abstechern nach St. Petersburg sowie in drei verschiedene Regionen Russlands "ein möglichst heterogenes Bild von diesem riesigen Land zu vermitteln", so Lehner.

Außerdem erweist sich die Reise als ideale Plattform für neue Kontakte mit russischen Unternehmern. Und schließlich, so Lehner, habe sich der organisierte Erfahrungsaustausch unter den deutschen Unternehmern bewährt. Die Delegationen werden am Samstag zurückerwartet.

(RP/nbe/ac)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort