Pro & Contra Wäre ein Tempolimit für Räder auf der Schadowstraße sinnvoll?

Meinung | Düsseldorf · Die FDP bringt Tempo 10 für Radfahrer auf der Einkaufsmeile ins Spiel. Das soll die Gefahr von Kollisionen mit Fußgängern vermindern. Ist das der richtige Weg? Unsere Autoren sind da unterschiedlicher Meinung.

Neue Schilder für Fußgänger und Fahrradfahrer an der Schadowstraße.

Neue Schilder für Fußgänger und Fahrradfahrer an der Schadowstraße.

Foto: Anne Orthen (orth)/Anne Orthen (ort)

Die FDP fordert Tempo 10 für Radfahrer auf der Schadowstraße. Der Vorschlag sorgt für großes Aufsehen. Wäre das eine gute Idee?

Ja

Radwege sind wichtig und werden gebraucht – gerne mehr. Doch dass die Radspur auf der Schadowstraße in dieser Form eine schlechte Idee ist, habe ich (im Chor mit vielen anderen) lange vor der Fertigstellung gesagt; gekommen ist sie trotzdem, und nun müssen wir schauen, wie wir die Situation für alle beteiligten Verkehrsteilnehmer möglichst sicher gestalten. Dazu gehören neben den Radlern auch die Fußgänger, die auf der Schadowstraße in großer Zahl unterwegs sind. Ein Tempolimit für Räder könnte hier helfen – und wenn das formal nicht möglich ist, dürften auch Empfehlungsschilder schon einen guten Beitrag leisten.

Wer oft auf der Einkaufsstraße unterwegs ist, sieht fast täglich hochgefährliche Situationen. Denn der überwiegende Teil der Passanten erkennt die Radspur nicht als solche. Das liegt einerseits daran, dass sie an einer eher ungewöhnlichen Stelle mitten auf der ansonsten (weitgehend) Fußgängern vorbehaltenen Straße verläuft. Andererseits daran, dass die Spur im Vergleich zur ursprünglichen Planung schlecht markiert ist – statt eines leuchtend roten Radweges gibt es wenige Schilder und einige Piktogramme, die man bei regem (Fußgänger- und Rad-)Verkehr wiederum kaum entdecken kann. Folge: Fußgänger laufen immer wieder auf der Spur.

Viele – wenngleich sicher nicht alle – Radfahrer haben unterdessen offenbar beschlossen, dass diese Spur nun einmal ihr Bereich ist. Und dass Fußgänger, die es nicht begreifen, mindestens einen ordentlichen Schrecken verdient haben. Vielleicht auch aus Frust darüber, dass sie an dieser Stelle kaum vorwärts kommen oder Slalom fahren müssen. Immer wieder sieht man also Menschen auf Rädern regelrecht durch die Menge preschen, laut klingelnd und gern möglichst eng an Familien, Senioren und anderen Passanten vorbeirauschend. Scooter-Fahrer machen es ganz ähnlich.

Deswegen ist die Idee eines Tempo-Limits (ob nun formalrechtlich oder als charmante Empfehlung) eine gute. Wenn große „10“-Schilder neben der Radspur prangen, mahnt das die Fahrradfahrer zu mehr Rücksicht. Auch wenn sie vielleicht keinen Tacho haben und deswegen nicht genau abmessen können, wie schnell sie unterwegs sind. Dass man auf der Mitte einer Einkaufsmeile nicht auf einem Radschnellweg ist, sollte eigentlich ohnehin eine Selbstverständlichkeit sein.

Insofern hat die FDP mit ihrer Anregung eine wichtige Debatte angestoßen und eine Idee für eine etwas sicherere Schadowstraße aufgebracht. Dass die Liberalen ausgerechnet bei einer Fahrradspur anfangen, sich offen mit der Sinnhaftigkeit eines Tempolimits auseinanderzusetzen, ist natürlich trotzdem ziemlich lustig. Aber vielleicht ja auch ein erster Schritt in die richtige Richtung. Nicole Lange

Nein

Wenn die Schadowstraße auf eins verzichten kann, dann auf noch mehr Verwirrung. Und genau die würde ein Rad-Tempolimit bringen. Das Schild ist nicht geläufig und würde im Rummel auf der Einkaufsmeile sowieso untergehen. Und wie sollte Tempo 10 kontrolliert werden? Die Radfahrer kennen ja nicht mal selbst ihr Tempo. Soll sich das Ordnungsamt vor Karstadt mit dem Blitzer auf die Lauer legen? Mit einer solchen Regelung macht sich Düsseldorf nur lächerlich – und riskiert absehbare Schlappen vor Gericht.

Dazu würde eine verheerende Außenwirkung kommen. Düsseldorf will sich zur fahrradfreundlichen Stadt entwickeln. Die Rolle als Pionier eines Radfahr-Tempolimits sendet das gegenteilige Signal. Für die hiesige FDP hat sich die Idee ohnehin zu einer PR-Katastrophe entwickelt. Deutschlandweit erntet sie Spott. Viele fühlten sich daran erinnert, dass die Liberalen kürzlich beim generellen Tempolimit für Autos abgewunken haben.

Das heißt nicht, dass die Lage auf der Schadowstraße so hinnehmbar ist. Verkehrsdezernent Jochen Kral – der bei der Gestaltung der Straße noch nicht im Amt war – hat bereits eine Überarbeitung zugesagt. Warten wir sie doch erst mal ab. Eine große Schwachstelle ist offensichtlich: Die Planer haben sich entschieden, den Radweg nahezu zu verstecken. In ersten Entwürfen war er noch knallig rot markiert, jetzt muss man zwei Mal hinsehen. Das verschönert vielleicht das Erscheinungsbild, erhöht aber die Unfallgefahr.

Zu den Geburtsfehlern gehört auch, dass die Radfahrer viel zu stark gestellt sind. Verkehrsrechtlich besteht die Schadowstraße aus einer Fahrbahn, die für Räder und zeitweise den Lieferverkehr freigegeben ist, und daneben breiten Gehsteigen. Die Räder haben also Vorrang – und die Fußgänger sollen beim Queren aufpassen.

Das ist an dieser Stelle eine falsche Gewichtung. Der Radverkehr muss stattdessen Rücksicht auf die Passanten nehmen. Die Schadowstraße soll eine entspannte Einkaufsstraße sein und nicht ein Radschnellweg. Das muss auch in der Beschilderung sofort einleuchten. Das bringt mehr als irgendein willkürliches Tempolimit.

Für die Radfahrer ist es ein großes Entgegenkommen, dass die Politik sie über die belebte Einkaufsmeile fahren lässt. Die Alternative wären große Umwege – daher finde ich es richtig, dass das Experiment versucht wird. Außerhalb der Shopping-Stoßzeiten funktioniert das Miteinander auch meist entspannt. Deshalb sollte der Radweg über die Schadowstraße erstmal noch eine Chance bekommen.

Falls sich die Unfallgefahr trotz aller Bemühungen nicht verringern lässt, hält die Straßenverkehrsordnung eine viel bewährtere Vorgabe bereit als ein Tempolimit. Sie lautet: Absteigen und schieben. Arne Lieb

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