Neues Buch zur Städte-Feindschaft Düsseldorf und diese andere Stadt

Düsseldorf · Rheinisches Erfolgsrezept: 13 Historiker, Archivare und Domprobst Norbert Feldhoff haben die Hass-Liebe der Düsseldorfer und Kölner zueinander untersucht – und hinter der gegenseitigen Veräppelung eine gepflegte Rivalität entdeckt, die mit der Schlacht von Worringen nichts zu tun hat.

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Foto: RP, Andreas Bretz

Rheinisches Erfolgsrezept: 13 Historiker, Archivare und Domprobst Norbert Feldhoff haben die Hass-Liebe der Düsseldorfer und Kölner zueinander untersucht — und hinter der gegenseitigen Veräppelung eine gepflegte Rivalität entdeckt, die mit der Schlacht von Worringen nichts zu tun hat.

Nach Düsseldorfer Lesart verlief der 5. Juni 1288 auf der Fühlinger Heide bei Worringen so: Kurz vor Nachmittag stieg der Mönch Walther Dodde aufs Pferd und führte das Fußvolk mit dem Schlachtruf "Hya, Berge romerike!" in den Kampf zurück. Nach erfolgreichem Gemetzel nahm Graf Adolf den Kölner Erzbischof gefangen und verlieh Düsseldorf die Stadtrechte — 1:0 in der Dauerfehde der beiden Städte.

So zeigt es auch der prächtige Leinwand-Schinken im Düsseldorfer Rathaus (Peter Janssen, 1893), vor dem sich gelegentlich Düsseldorfer Mannschaften fotografieren lassen, wenn sie gerade wieder mal die Konkurrenz aus der Domstadt in Grund und Boden gesiegt haben. Die Schlacht von Worringen sei in vieler Hinsicht ein Anfang gewesen, "aber nicht der Anfang einer rheinischen Rivalität zwischen Köln und Düsseldorf", schreibt dagegen Christian Hillen vom — Kölner — Rheinischen Wirtschaftsarchiv in dem Band "Düsseldorf — Köln. Eine gepflegte Rivalität".

Für die 304-seitige Suche nach dem Ursprung der dauernden Witzelei übereinander — herausgegeben von Annette Fimpeler, der Leiterin des Düsseldorfer Schifffahrt-Museums, erschienen im Kölner Greven-Verlag — haben sich 13 Historiker, Archivare sowie der Kölner Domprobst Norbert Feldhoff (ein gebürtiger Düsseldorfer) dem Phänomen genähert. Die Schlacht von Worringen scheidet aus Sicht der Autoren nicht etwa deshalb als Ursprung der Köln-Düsseldorfer Rivalität aus, weil Kölner Bürger mindestens die Hälfte der bergischen Streitmacht stellten, sondern Düsseldorf als bessere Haufensiedlung im Jahr 1288 wahrlich keine Konkurrenz darstellte.

Wie viele Kölner vergisst Hillen, in der Würdigung des kölschen Beitrags zu Worringen das Detail zu erwähnen, dass der Kölner Patrizier Gerhard Overstolz bereits vor dem Kampf tot umfiel, als er sich an die Spitze des bergisch-kölschen Trosses stellen wollte. Overstolz starb vor Erschöpfung, während er vom Pferd stieg. Im Gegenzug unterschlagen die Düsseldorfer gern, dass sich weder die Existenz des Mönches Walther Dodde noch überhaupt die Beteiligung eines einzigen Düsseldorfers am Sieg der Bauern über den Kölner Erzbischof nachweisen lassen.

Erst im 19. Jahrhundert, so die Autoren, befanden sich beide Städte auf Augenhöhe und in Konkurrenz — und gingen ab 1815 unter preußischer Herrschaft zunächst beide leer aus. Provinzhauptstadt wurde Koblenz, die Uni bekam Bonn. Heftig konkurrierten Köln und Düsseldorf.

Dabei ging es gelegentlich nicht weniger sportiv als auf der Fühlinger Heide zu. Annette Fimpeler berichtet, wie im Jahr 1838 der Kapitän einer Kölner Dampfschifffahrtsgesellschaft den Rhein-Dampfer "Leopold" bei Aßmannshausen auf Grund setzte, nachdem er sich ein waghalsiges Überholmanöver mit einem Düsseldorfer Schiff geliefert hatte; selbstverständlich verlangten die Kölner (nach der Rettung ihrer Passagiere durch die Düsseldorfer) von der preußischen Obrigkeit, den Düsseldorfer Kapitän zu bestrafen. Bis die Streithähne sich 1925 zu einer gemeinsamen "Köln-Düsseldorfer Rheindampfschifffahrt GmbH" zusammenschlossen, wurde sieben Jahrzehnte hin und her verhandelt; die endgültige Fusion fand erst 1967 statt.

Die Rivalität, die sich im 20. Jahrhundert vor allem auf das Messe-Geschäft, den Luftverkehr und nicht zuletzt Kunst und Kultur ausdehnte, wirkte für beide Städte enorm anspornend und damit produktiv. 1922 ließ Konrad Adenauer als Kölner Oberbürgermeister das Deutzer Messegelände errichten; zur Eröffnung 1924 kamen 3000 Aussteller und 600 000 Besucher. 1926 hielt Düsseldorf mit der "GeSoLei" dagegen und brach alle Rekorde: 400 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche, 7,5 Millionen Besucher.

1928 schlug Adenauer zurück: Immerhin fünf Millionen Besucher kamen zur Welt-Presseschau. Im Luftverkehr lag Köln zunächst vorn: 1926 war der Butzweiler Hof nach Berlin-Tempelhof der wichtigste deutsche Flughafen, wogegen sich der Flugplatz Lohausen albern ausnahm. Die Düsseldorfer hatten nach dem Zweiten Weltkrieg das Glück, ihre Landebahn schneller von den Alliierten zurückzubekommen als die Kölner, die zudem in Köln-Wahn neu bauen mussten.

Die Autoren glauben nicht, dass die produktive Köln-Düsseldorfer Rivalität in Kürze nur noch folkloristische Zutat von Büttenreden sein wird. Versöhnliche Worte findet Domprobst Norbert Feldhoff: "Ich fühle mich in erster Linie als Rheinländer und empfinde Düsseldorf und Köln als zwei wunderbare Spielarten des Rheinischen. Die Spannungen, die es dann und wann gibt, und vor allem die Witze, die darüber erzählt werden, sind ein belebendes Element." Und die besten schreibt die Wirklichkeit: Kölner Journalisten wollte man nicht zumuten, zur gestrigen Buchvorstellung in den Düsseldorfer Schlossturm zu kommen. Für sie gibt es demnächst einen eigenen Termin mit Domblick.

(RP/jco/rl)
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