Kinderschutz in Düsseldorf Düsseldorf sucht Familien für Kinder in Not

Düsseldorf · Sind Kinder im eigenen Zuhause gefährdet, springen Bereitschaftsfamilien ein und nehmen sie für eine begrenzte Zeit auf. Aktuell gibt es in Düsseldorf 40 solcher Fälle. Und neue Familien werden gesucht.

 Petra Meiers (links), Fachberaterin der Arbeiterwohlfahrt Düsseldorf, im Gespräch mit einer Pflegemutter und ihrem Kind

Petra Meiers (links), Fachberaterin der Arbeiterwohlfahrt Düsseldorf, im Gespräch mit einer Pflegemutter und ihrem Kind

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Krankheit, Drogenabhängigkeit, psychische Probleme oder Gewalt – nicht immer sind Familien in der Lage, sich um ihre Kinder zu kümmern. Aktuell gibt es in Düsseldorf 40 Fälle in der Familien-Bereitschaftsbetreuung. 15 Kinder sind in Kinderschutzfamilien der Awo Düsseldorf untergebracht, zwölf beim Pflegekinderdienst des Jugendamtes Düsseldorf, acht bei der Diakonie Düsseldorf und fünf beim Sozialdienst katholischer Frauen und Männer Düsseldorf (SKFM). „Wir haben ein hohes Interesse daran, diese Hilfeform in Düsseldorf auszubauen“, sagt Johannes Horn, Leiter des Jugendamtes.

In der Aufnahme durch Familien sieht Horn eine gute Lösung. Vom Säugling bis zum Kind im Alter von sechs Jahren ist die Unterbringung in Bereitschaftspflegefamilien angedacht. „In der Regel darf das ein halbes bis ein dreiviertel Jahr dauern, dann sollte Klarheit vorliegen, wie es weitergeht“, erläutert Horn. Dass eine solche Aufnahme manchmal länger dauert, ist ihm bewusst. „Daran arbeiten wir“, sagt er. Ein wichtiges Thema sei, auch gute Lösungen für Geschwister zu finden. „Wir rollen das Thema Inobhutnahmen auf und sind dabei, ein Geschwisterhaus zu entwickeln“, sagt er.

Die Zahl der Kinder, die aus Familien herausgenommen werden, ist in den vergangenen 30 Jahren konstant geblieben. Dies ist auch ein Ergebnis der Arbeit von Institutionen wie der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Düsseldorf. „Wir suchen deshalb dringend weitere Familien“, sagt Awo-Fachberaterin Petra Meiers.

Wo das Kindeswohl in Gefahr ist, kommen Menschen wie Heike A. (alle Namen von der Redaktion geändert) ins Spiel. Seit 19 Jahren gibt die 56-Jährige Säuglingen und Kleinkindern ein sicheres Zuhause, wenn die eigenen Eltern das nicht (mehr) leisten können. Gezählt hat sie die Jungen und Mädchen nicht, die sie über die Jahre in ihrer eigenen Familie betreute, manche blieben nur wenige Tage, andere bis zu drei Jahren. Die heute zweijährige Lisa war noch ein Säugling, als Heike A. sie im Fachbereich Kinderschutzfamilien der Awo Düsseldorf zu sich nahm. Den Anruf bekam sie bei einem Einkaufsbummel mit ihrer eigenen Tochter. Als aufnahmebereite Familie machte sie sich auf den Weg zur Awo-Einrichtung in Eller. „Ich fahre dann schnell los, um das Kind abzuholen und nehme alles Notwendige mit: Einen Kindersitz fürs Auto, Windeln und etwas zu essen“, sagt sie.

Den Fachbereich Kinderschutzfamilien gibt es seit 30 Jahren bei der Awo Düsseldorf. „In akuten Notsituationen gibt das Jugendamt Säuglinge und Kleinkinder in familiäre Bereitschaftsbetreuung. Wir haben dafür aktuell 19 Familien“, sagt die Awo-Fachberaterin Petra Meiers. In freier Mitarbeit ist Heike A. für die Awo Familienglobus gGmbH tätig. Sie erhält eine Vergütung sowie Pflegegeld. „Es ist kein normaler Job, da steht die Vergütung nicht im Vordergrund“, sagt sie.

Die Kinder müssen den Alltag in der neuen Familie erst kennenlernen. Oft kennen sie keine festen Strukturen. Und genauso müssen die Pflegeeltern bereit sein, sich auf das neue Familienmitglied auf Zeit einzustellen. „Die Dauer der Betreuung ist dabei häufig ungewiss“, sagt Fachberaterin Petra Meiers. Kontakte zu den Eltern der betroffenen Kinder finden unter Aufsicht statt, Fachstellen klären die Situation und erarbeiten Pläne für die Rückführung des Kindes zu den Eltern oder in eine Pflegefamilie, Erziehungsstelle oder Heimgruppe.

Heike A. lässt sich auf die Kinder ein, ihre ganze Familie zieht mit, es entstehen dadurch auch veränderte Geschwister-Konstellationen. Wenn der Abschied naht, ist das nicht immer leicht. „Es gab schmerzhafte Abschiede“, sagt sie, doch es überwiege das Gefühl, sinnvoll zu helfen. „Neue Kinder nehmen wir nicht von heute auf morgen, wir machen dann auch Pause als Familie“, sagt sie.

Die neuen Kinderschutzfamilien, die die Arbeiterwohlfahrt in Düsseldorf jetzt sucht, sollen eigene Erziehungserfahrung besitzen, müssen aber keine Familie im klassischen Sinn sein. Vorübergehend wird das Kind im eigenen Haushalt aufgenommen. „Unsere Fachkräfte bereiten umfassend auf die Aufgaben vor und begleiten die Familien“, sagt Petra Meiers.

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