Düsseldorfer Stadtchef Stephan Keller Der virtuelle Oberbürgermeister

Düsseldorf · Düsseldorfs OB Stephan Keller muss wegen der Corona-Pandemie fast vollständig auf Kontakte verzichten – ausgerechnet zum Start in ein so öffentliches Amt. Der neue Oberbürgermeister ist vor allem auf Bildschirmen zu erleben.

 Oberbürgermeister Stephan Keller beim Technikcheck für eine Videobotschaft.

Oberbürgermeister Stephan Keller beim Technikcheck für eine Videobotschaft.

Foto: Stadt Düsseldorf

Stephan Keller ist jetzt schon mehr als einen Monat im Amt, und nur eine überschaubare Zahl von Menschen konnte sich persönlich davon überzeugen, dass es den neuen Düsseldorfer Oberbürgermeister gibt. Ausgerechnet der Inhaber eines Amtes, über das gesagt wird, es sei besonders nahe am Menschen, muss zu anderen Menschen derzeit auf Abstand gehen. Keller ist bislang gezwungenermaßen vor allem ein virtueller OB – eine einmalige Situation durch die Corona-Pandemie. Keller und sein Team müssen Wege suchen, trotzdem mit der Stadt in Kontakt zu kommen.

Der 50-Jährige, der ab dem Frühjahr in seiner damaligen Funktion als Stadtdirektor des Corona-Krisenstab in Köln geleitetet hatte, nimmt den Infektionsschutz ernst. Im Rathaus gilt die Order, dass Besprechungen mit mehr als vier weiteren Personen nicht persönlich angesetzt werden, weil sich dann der Mindestabstand nicht mehr gewährleisten lässt. Dann werden alle oder einzelne Teilnehmer per Video zugeschaltet. Das gilt auch für die Verwaltungskonferenz, die wöchentliche Sitzung der Spitzenbeamten – auch die ist zum digitalen Event geworden.

Auch in seinen öffentlichen Auftritten ist Keller der virtuelle OB. Persönliche Auftritte im größeren Kreis verbieten sich derzeit, Keller hat stattdessen im November acht „virtuelle Grußworte“ gehalten, wurde also digital zugeschaltet, etwa beim Immobiliendialog. Dazu kommen drei Videobotschaften und diverse „virtuelle Termine“, etwa die Illumination des Weihnachtsbaumes vor dem Rathaus. Das bedeutet, dass Keller zwar persönlich vor Ort war, aber Publikum und Journalisten nur per Videostream dabei sein konnten. Keller hat auf ähnliche Weise sogar ein „virtuelles Richtfest“ einer Sporthalle absolviert – das dürfte eine Premiere sein. Für das politische Netzwerken ist die Situation mehr als undankbar, angesichts der besorgniserregenden Zahlen steht allerdings gerade der Stadtchef unter besonderer Beobachtung – und muss auch Vorbild sein.

Die engen Grenzen der Virtualität zeigte das Hoppeditzerwachen. Am 11.11. schunkeln sonst hunderte Zuschauer vor dem Rathaus, im Jan-Wellem-Saal begrüßt der OB die Honoratoren zum Empfang, ein dankbarer Auftritt für den Stadtchef. Diesmal hielten Hoppeditz und OB die Rede und Gegenrede im riesigen Ratssaal, Karnevalspräsident Michael Laumen bildete allein das Live-Publikum – das ist alles, was in diesem Jahr an Karneval möglich ist.

Die Einschränkungen durch die Pandemie haben Kellers gesamtes Auftreten in diesem Jahr begleitet: Wenige Wochen nach Bekanntgabe seiner Kandidatur Ende Januar begann der erste Lockdown, auch der Wahlkampf war da´nn geprägt von Abstands- und Maskenpflicht und vielen Terminen, die aus leeren Sälen online übertragen wurden. Der Amtsantritt fiel just auf den Tag, an dem der neue Lockdown begann. In normalen Jahren ist der OB fast jeden Tag irgendwo anzutreffen, Keller ist bislang ein Rathausarbeiter.

Das betrifft auch das Kennenlernen der Mitarbeiter. Keller hätte sich gern wie üblich bei einer Personalversammlung vorgestellt, normalerweise wird die angesichts von rund 10.000 städtischen Mitarbeitern in der Mitsubishi Electric Halle ausgerichtet. Auch daraus wurde am Dienstag gezwungenermaßen ein Online-Talk. Den will Keller fortsetzen, bis die Pandemie besiegt ist.

Immerhin stehen die Zeichen gut, dass sich das öffentliche Leben bis zur nächsten Wahl 2025 normalisiert hat und Keller noch einige Jahre bleiben, in denen er wieder Hände schütteln darf. Das Rathaus befindet sich politisch ohnehin noch in der FIndungsphase, erst Mitte Januar soll die Ratskoalition aus CDU und Grünen stehen. Auch Keller sitzt bei den Verhandlungen mit am Tisch. Natürlich nicht buchstäblich: Die Verhandlungsgruppen treffen sich ebenfalls im Videochat.

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