Stadt will Kriminelle schneller abschieben Düsseldorf schafft neue Stellen in Ausländerbehörde

Düsseldorf · Zwei neue Mitarbeiter sollen der Stadt Düsseldorf dabei helfen, Abschiebeverfahren für Straftäter zu beschleunigen. Das ambitionierte Gemeinschaftsprojekt mit der Polizei kommt nur schleppend in Gang.

 Seit der Razzia Anfang 2016 wünschen sich viele Einwohner im Maghreb-Viertel mehr und regelmäßige Kontrollen der Polizei.

Seit der Razzia Anfang 2016 wünschen sich viele Einwohner im Maghreb-Viertel mehr und regelmäßige Kontrollen der Polizei.

Foto: dpa

36 Schwerkriminelle hat das Kriminalkommissariat 33 in den vergangenen 15 Monaten aus dem Verkehr gezogen. Rund 100 solcher Männer – tatsächlich ist unter den erwachsenen Intensivstraftätern derzeit keine Frau – hatten  die Fahnder ins Visier genommen, als im September 2017 das Konzept gegen die Intensivtäter startete, gut die Hälfte dieser Fälle wurde mit Hochdruck bearbeitet. So gesehen eine Erfolgsstory. Aber auch eine Sisyphos-Arbeit, denn die durch Verurteilung und Abschiebung frei gewordenen Plätze auf der Intensivtäterliste sind längst von Nachrückern besetzt.

Die Kriterien, nach denen die Kripo gemeinsam mit einem Sonderdezernat der Staatsanwaltschaft gegen die Berufskriminellen vorgeht, sind von Experten festgelegt. Die Taten werden nach einem Punktesystem bewertet. Fünf Punkte etwa für Gewaltverbrechen, drei für einfache Körperverletzung, einen für Taschendiebstahl. Zum Punktekonto addiert sich dann noch die persönliche Einschätzung der erfahrenen Sachbearbeiter und auch die Sozialprognose. Auf diese Weise schafften es vier Nordafrikaner, ein Türke und ein Albaner auf die Spitzenplätze. Raub, Erpressung, Körperverletzung – alle sechs sind inzwischen abgeschoben worden. Die anderen 30 Kriminellen sind überwiegend Deutsche, derzeit mit Wohnsitz in einer JVA. Polizeipräsident Norbert Wesseler hatte es vor einem Jahr auf den Punkt gebracht: „Mehr Haftstrafen, schneller Abschiebungen. Diese Leute müssen von der Straße.“

In Punkto Abschiebung allerdings läuft das Verfahren eher schleppend. Anfang 2018 war die Ausländerbehörde der Stadt ins Projekt mit eingebunden worden. Die Idee: Noch während die Polizei gegen einen der Schwerkriminellen ermittelt, sollte die Abschiebung vorbereitet werden. Denn die scheitert nach Festnahme und Verurteilung oftmals am Papierkrieg. Weil Abschiebehaft aber zeitlich begrenzt ist, kamen die Täter oft auf freien Fuß, bevor die Voraussetzungen für die Abschiebung geschaffen waren. Ein komplexes Thema, sagt Miriam Koch, Leiterin des Amts für Migration und Integration. „Gerade bei mehrfach vorbestraften Tätern nimmt die Auswertung sämtlicher Strafakten viel Zeit in Anspruch.“ Dazu kommt, dass die meist justizerfahrenen Straftäter  jedes Rechtsmittel nutzen. Jetzt will die Stadt gegensteuern: Für Kochs Amt werden zwei neue Stellen ausgeschrieben, dann soll es auch in der Ausländerbehörde Spezialisten für diese Härtefälle geben.

Eine weitere Schwierigkeit bei der Abschiebung krimineller Migranten: Ihre Herkunftsländer wollen sie nur ungern wieder aufnehmen. Immer wieder gibt es deshalb Schwierigkeiten. Polizeipräsident Wesseler kann das nachvollziehen:  „Die Leute, die wir abschieben wollen, sind einfach mobile Kriminelle. Die meisten haben auch in ihrem Herkunftsland nichts anderes getan, als Straftaten zu begehen.“ Ende des Jahres war Wesseler mit einer Delegation in Marrakesch. „Als Düsseldorfer sind wir da sehr herzlich empfangen worden“, sagt er. Als Polizeipräsident dagegen begegnete man ihm eher skeptisch. „Wir sind ja nicht die einzige Behörde, die von Marokko die Rücknahme solcher Krimineller fordert“, sagt  Wesseler.

Und das ist eben nicht das beliebteste Gesprächsthema. Wesseler suchte deshalb andere Themen. „Wir wollen bei den marokkanischen Behörden Verständnis für unsere Situation wecken.“ Etwa für die Lage im Maghreb-Viertel, wo seit Jahrzehnten marokkanische Einwanderer leben, und das in Verruf geraten ist, als bekannt wurde, dass dort hunderte, im Flüchtlingsstrom oft unter falschen Identitäten illegal eingereiste Kriminelle aus Marokko ihren Rückzugsort hatten. „Darunter leiden ja vor allem die alteingesessenen Bewohner des Viertels“, sagt Wesseler, der in Marrakesch nicht jedem Gesprächspartner die Besonderheit des Oberbilker Viertels erklären musste. „Viele kennen Deutschland und Düsseldorf, haben Verwandte hier oder selbst schon hier gelebt.“

Eine Chance, findet der Polizeipräsident. „Es gibt viele Anknüpfungspunkte. Wenn wir im Gespräch bleiben, vielleicht am Ende auch Hinweise auf Lösungen.“ Ein erster Schritt könnte ein Austausch mit der marokkanischen Polizei sein. Ähnlich wie mit den Niederlanden, Rumänien und Bulgarien könnten marokkanische Polizisten dann die Düsseldorfer Beamten auf Streife begleiten und bei Ermittlungen unterstützen.

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