Streit um Negativzinsen Stadtsparkasse Düsseldorf droht Kunden mit Kündigung

Düsseldorf · Das Düsseldorfer Finanzinstitut geht gegen Inhaber von Konten vor, die höhere Beträge aufweisen. Wer sich nach der Ankündigung von Negativzinsen bislang nicht mit der Stadtsparkasse einigen konnte, bekam nun erneut Post.

 Banken wie die Stadtsparkasse müssen Strafzinsen bezahlen, wenn sie überschüssiges Geld bei der EU-Zentralbank parken.

Banken wie die Stadtsparkasse müssen Strafzinsen bezahlen, wenn sie überschüssiges Geld bei der EU-Zentralbank parken.

Foto: Bußkamp, Thomas (tbu)

Die Stadtsparkasse geht energisch gegen Kunden mit hohen Guthaben vor und droht ihnen sogar mit Kündigungen von Tagesgeld- oder Girokonten. Im Juli war zunächst Klienten mit Guthaben von mehr als 100.000 Euro per Brief angekündigt worden, dass künftig ein Minuszins von 0,5 Prozent fällig werden würde, sollte man sich nicht auf eine Anlagealternative einigen.

Nun legt die Bank bei all den Kunden nach, für die noch keine Lösung gefunden wurde. In einem Mitte Oktober verschickten Schreiben bittet die Bank nochmals um ein Gespräch bis 11. Dezember. Weiter heißt es: „Nach Ablauf der vorgenannten Frist werden wir das oben genannte Konto ordentlich kündigen.“ Es folgen Worte des Bedauerns, wenn die Konten künftig nicht mehr bei der Stadtsparkasse geführt würden.

Dieses Schreiben erreichte auch eine 90-Jährige Düsseldorferin, deren Name der Redaktion bekannt ist. Ihr Sohn zeigt sich im Gespräch mit unserer Redaktion fassungslos über dieses Vorgehen. „Will man da einen jahrzehntelangen Kunden rausschmeißen? Anscheinend. Es ist absolut unfair, wenn auch in einem oberflächlich freundlich-korrekten Stil verfasst, so an ältere Menschen heranzutreten und diese zu verunsichern.“

Der Sohn der Kundin fragt sich zudem, wie dieses Verhalten mit dem öffentlichen Auftrag der Sparkassen in Einklang zu bringen ist. Und wie eine solche Kündigung überhaupt zu begründen sei. Die in einem Beratungsgespräch vorgeschlagenen Alternativen seien für seine Mutter mit einem niedrigen sechsstelligen Betrag auf dem Girokonto jedenfalls nicht in Frage gekommen. „Was soll eine so alte Frau mit Aktien?“ Eine erneute Kontaktaufnahme mit der Bank sei aktuell bei einer Sachbearbeiterin geendet, die die zuständige Kollegin informieren wolle.

Die Stadtsparkasse selbst erklärt auf Nachfrage unserer Redaktion, im Sommer insgesamt 1800 Personen angeschrieben zu haben. Mit 1000 von ihnen sei bereits eine Einigung erzielt worden, berichtet Sprecher Gerd Meyer. Das zweite Schreiben sei erfolgt, da sich viele Kunden nicht zurückgemeldet hätten. Wer weiterhin keinen Kontakt aufnehme, könne dann auch gekündigt werden. „Das ist aber nicht das Ziel, sondern wir streben eine einvernehmliche Lösung an“, sagt Meyer. 40 Prozent der erneut angeschriebenen Kunden hätten sich inzwischen zurückgemeldet, man habe sich entweder einigen können oder die Gespräche liefen noch. Zum Teil seien auch Negativzinsen vereinbart worden. Sie könnten allerdings nicht einfach in die bestehenden Konto-Verträge aufgenommen werden.

Nötig seien die Negativzinsen, da Kunden mit relativ hohen Vermögen die Stadtsparkasse finanziell sehr belasten würden. Grund: Banken müssen einen Strafzins von -0,5 Prozent zahlen, wenn sie überschüssiges Geld bei der Europäischen Zentralbank parken. Meyer erklärt zudem, welche Anlage-Alternativen Kunden geboten würden: Dabei ginge es längst nicht nur um Aktien. Man vermittele Kunden sogar an andere Dienstleister und Banken, die zurzeit sogar einen geringen, positiven Zinssatz bieten würden.

Die Verbraucherzentrale sieht das Vorgehen der Stadtsparkasse kritisch. Aufgrund ihres Versorgungsauftrags brauche sie im Gegensatz zu anderen Banken einen besonderen Grund, um Konten kündigen zu können, sagt David Riechmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht bei der Verbraucherzentrale. Sollte also eine Kündigung vonseiten der Stadtsparkasse erfolgen, könne es sich lohnen, dagegen zu klagen. Ob ausbleibende Antworten auf die verschickten Briefe als Kündigungsgrund gelten dürfen, sei fraglich. „Ich sehe da die rechtliche Verpflichtung nicht.“

Zudem schätzt Riechmann die negativen Zinsen selbst als rechtlich hinterfragbar ein. „Gerade bei Girokonten zahlen die Nutzer schon eine Gebühr, mit den Negativzinsen kommt faktisch eine zweite hinzu. Das heißt: zwei Gebühren für die gleiche Leistung.“

Nicht zuletzt fragt sich Anwalt Riechmann, ob der von der Stadtsparkasse im Brief angeschlagene Tonfall dazu beiträgt, Kunden im Haus zu halten. Bei einem Wechsel zu einer anderen Bank gelte es jedoch, sich im Vorhinein gut zu informieren. Bei der Verbraucherzentrale sei das an neutraler Stelle möglich, so Riechmann.

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