EU-Austritt Großbritanniens So schauen Düsseldorfer Firmen auf den Brexit

Düsseldorf · Wenn Großbritannien Ende März die EU verlässt, sind auch viele Düsseldorfer Unternehmen betroffen. Manche befürchten eine Katastrophe – andere ein Zusatzgeschäft. Starke Einschnitte gibt es in der Logistik und am Flughafen.

 UPS beschäftigt hunderte Mitarbeiter in Düsseldorf. Nach dem Brexit könnten es mehr werden.

UPS beschäftigt hunderte Mitarbeiter in Düsseldorf. Nach dem Brexit könnten es mehr werden.

Foto: Jana Bauch (jaba)

Der Brexit geht auch Düsseldorf als internationalen Wirtschaftsstandort an. Im IHK-Bezirk Düsseldorf haben rund 1000 Unternehmen Geschäftsbeziehungen mit der Insel. Mehr als 500 Unternehmen aus Großbritannien sind hier ansässig. Sie schauen gespannt auf den 29. März, den Brexit-Stichtag. Geschieht der Austritt Großbritanniens ohne Abkommen als harter Brexit, wäre uns Großbritannien rechtlich so nah wie Nigeria.

IHK-Präsident Andreas Schmitz bietet die Region Düsseldorf britischen Unternehmen bereits als „sicheren Hafen“ an. Während dies Zugewinn an Firmen und Menschen bedeuten kann, würden die Handelsbeziehungen durch einen harten Brexit deutlich komplizierter. Die Exporte aus NRW-Firmen sind bis Oktober im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bereits um 6,3 Prozent zurückgegangen. Gerhard Eschenbaum, IHK-Geschäftsführer für Außenhandel, stellt bei den Unternehmen ein langsames Erwachen fest. „Viele haben lange gedacht und denken noch, dass sich ein Land nicht den EU-Austritt antut. Jetzt merken sie: Die Zeit läuft ab, es geht in diese Richtung.“

Logistik Frank Sportolori ist als Deutschland-Chef von UPS für 20.000 Mitarbeiter verantwortlich. Mehr als 700 sind es in Düsseldorf, „in Europa eine unserer größten Niederlassungen“. Der Amerikaner sieht im Brexit eine ziemliche Katastrophe. „Wir müssten hunderte Mitarbeiter einstellen, um die Pakete verzollen zu können.“ Er beobachtet außerdemm: Lagerräume im Grenzbereiche werden knapp, viele Firmen schaffen sich Puffer.

Bei ABC Logistik geht man davon aus, dass jede Warenlieferung aus oder ins Vereinigte Königreich zukünftig 50 Euro mehr kosten wird. „Die Wartezeiten an der Grenze muss jemand bezahlen“, sagt Geschäftsführer Holger Te Heesen. Er hat bereits zahlreiche Anfragen von britischen Kunden, die ihre Lager nach Europa verlegen wollen. Für ABC ein nettes Zusatzgeschäft.

Flughafen Der Verkehr zwischen der EU und Großbritannien würde, so die Einschätzung des Managements, nicht zum völligen Erliegen kommen. Rechtlich könnte man Flüge entweder als Gelegenheitsverkehr durchführen oder auf Basis des Abkommens, das vor der Einführung des gemeinsamen Binnenmarkts galt – also in den 50er Jahren. Die Einschränkungen dadurch seien noch nicht kalkulierbar. Die EU hat vorgeschlagen, dass der Luftverkehr auf aktuellem Niveau eingefroren wird, bis neue Abkommen geschlossen sind. Einige Airlines gehen darum mit ihrem Flugangebot schon früher an den Start als ursprünglich geplant.

Zoll Deutschlandweit will der Zoll 900 zusätzliche Mitarbeiter einstellen. Wieviele es am Düsseldorfer Flughafen sein werden, lasse sich noch nicht absehen, so Sprecher Michael Walk. „Bis das neue Personal eintrifft, werden wir sehen müssen, wo wir Kräfte abziehen, um sie bei den Einfuhrkontrollen einzusetzen.“ Positiv sei, dass der Zoll schon vor einiger Zeit auf elektronische Abfertigung und automatisierte Kontrollen umgestellt habe. Das aktuelle System habe einen Stresstest gut überstanden. Man erwarte, dass es die Mehrkontrollen gut verkraften werde.

Konsumgüter „Insgesamt dürften die direkten wirtschaftlichen Folgen für unser Unternehmen überschaubar sein“, teilte eine Sprecherin des Henkel-Konzerns mit. „In Großbritannien erzielen wir nur rund zwei Prozent unseres Umsatzes und produzieren überwiegend lokal für den dortigen Markt. Schwer abzuschätzen sind aus heutiger Sicht jedoch mögliche wirtschaftliche Folgen im gesamten EU-Raum.“

Telekommunikation Auch bei Vodafone sieht man keine größeren Verwerfungen auf sich zukommen – trotz einer britischen Muttergesellschaft. „Die Vodafone Group bilanziert seit zwei Jahren in Euro“, teilte Sprecher Alexander Leinhos mit. „Auf dem Campus in Düsseldorf arbeiten zwar Mitarbeiter aus 71 Nationen, aber auch sie werden alle in Euro bezahlt.“ Für Vodafone sei jedes Land eine Insel, so Leinhos weiter, weil überall autarke Telekommunikationsinfrastruktur gebaut werde. Das Geschäft werde also weitergehen wie bisher.

Uni-Klinik Auch große Krankenhäuser beschäftigen sich mit dem Brexit. Am Universitätsklinikum Düsseldorf (UKD) heißt es aus der Apotheke: „Es kann durchaus sein, dass es in einzelnen Bereichen der Medikamentenversorgung Schwierigkeiten geben wird.“ Die Einkaufsgemeinschaft der Vertragspartner ist angefragt, bisher gibt es keine kritischen Rückmeldungen. Im Einkauf rechnet das UKD mit höheren Kosten und steigendem administrativen Aufwand.

Personalvermittlung Die Jobsuchmaschine Stepstone hat auch einen britischen Ableger. „Die Lage ist ja aktuell noch nicht ganz eindeutig. Wir beobachten die Entwicklungen in Großbritannien aber natürlich sehr aufmerksam und sind im ständigen Austausch mit unseren britischen Kollegen“, teilte ein Sprecher mit. „Generell gilt aber, dass wir auf alle Szenarien sehr gut vorbereitet sind.“

Altbier Auch Düsseldorfer Spezialitäten stecken in der Brexit-Klemme. Michael Schnitzler, exportfreudiger Baas der Hausbrauerei Uerige, weiß nicht, wie er künftig sein „lecker Dröppke“ in englische Pubs und auf Festivals bekommt. Sein Importeur hat ihm mitgeteilt, niemand kenne die neuen Regularien. Er werde sich melden, sobald er mehr wisse.

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