Licht-Unfall am roten Teppich Düsseldorf schenkt Verletzten Tickets

Für die 15 Menschen, deren Augen bei dem Empfang der 43 ESC-Delegationen verletzt wurden, liegen Freikarten fürs Jury-Finale am Freitag im Büro des Oberbürgermeisters bereit. Dirk Elbers versteht dies als Geste der Entschuldigung. Die Polizei ermittelt gegen den Aufsteller des Lichtmastes.

 Die beim ESC-Empfang verletzten Carlotta Steffling (13, links), Victoria Schulz (14) und Chiara Steffling (16) freuen sich über die Tickets fürs Jury-Finale.

Die beim ESC-Empfang verletzten Carlotta Steffling (13, links), Victoria Schulz (14) und Chiara Steffling (16) freuen sich über die Tickets fürs Jury-Finale.

Foto: Andreas Endermann

Den Sportunterricht hat Victoria Schulz gestern noch ausfallen lassen, mit dem Lesen und Schreiben klappt es auch noch nicht so recht - aber "eigentlich ist alles wieder gut". Die 14-Jährige hatte am Samstag beim Empfang der 43 ESC-Delegationen in der Düsseldorfer Tonhalle am roten Teppich gestanden und sich Verletzungen der Augen zugezogen. Ursache könnten zu starke Scheinwerfer gewesen sein, die nur wenige Meter von dem Mädchen entfernt platziert waren. Insgesamt wurden 15 Personen ambulant behandelt. Oberbürgermeister Dirk Elbers will sich mit einer Geste bei den Betroffenen für die Unannehmlichkeiten entschuldigen - er spendiert 30 Freikarten für das Jury-Finale in der Arena am Freitag. Die Verletzten können sich im OB-Büro melden und erhalten je zwei Karten, wenn sie die ärztliche Diagnose vorlegen können.

"Das finde ich toll", sagte Victoria Schulz gestern. Sie will den Termin auf jeden Fall wahrnehmen, gemeinsam mit ihren Freundinnen Chiara (16) und Carlotta Steffling (14). Die beiden Schülerinnen waren noch länger als sie bei dem Empfang der rund 1100 Beteiligten dabei, ließen die Delegationen rund zweieinhalb Stunden an sich vorüberziehen. Auf der gegenüberliegenden Seite des Teppichs stand der Lichtmast. "Bei der Veranstaltung haben wir nichts gespürt", erzählt Chiara Steffling. "Erst hinterher brannten meine Augen." Während es bei ihr noch glimpflich ablief, hat es ihre jüngere Schwester Carlotta wesentlich stärker erwischt. Ihre Augen brannten in der Nacht von Samstag auf Sonntag, als seien sie voller Sand, sagt die 13-Jährige. "Am Sonntag konnte ich die Augen gar nicht mehr öffnen", sagt sie. Bei der Untersuchung im Krankenhaus stellten die Ärzte bei ihr eine Sehkraft von 40 Prozent fest, bei ihrer Schwester waren es 80 Prozent. Noch gestern sah Carlotta nur verschwommen - allerdings weitgehend schmerzfrei.

Für Oberarzt Thomas Kim von der Augen-Station der Uni-Klinik sind das typische Anzeichen einer so genannten "Verblitzung". Sie tritt auf, wenn die Hornhaut des Auges zu starker UV-Strahlung ausgesetzt ist. "Das ist so ähnlich wie bei einem Sonnenbrand", erläutert Kim. Weil die Hornhaut aber durchzogen ist von vielen Nerven, sind die Schmerzen ungewöhnlich stark. Das Auge tränt, als sei Sand hineingeraten, so Kim. "Das Gute daran ist: Das Auge kann diese Schädigung von selbst reparieren. Meistens geht es den Patienten schon 24 Stunden später deutlich besser." Vergleichbar sei die Verletzung des Auges mit der so genannten "Schneeblindheit", die oft entstehe, wenn man im Hochgebirge ohne Sonnenbrille Ski fahre und die Hornhaut den Lichtreflexionen des Schnees ausgesetzt sei. In beiden Fällen treten laut Kim keine bleibenden Schäden auf.

Über die Ursache der Verletzungen soll nun ein Gutachten Klarheit bringen. Noch sei es aber nicht in Auftrag gegeben, sagt Christoph Kumpa, Sprecher der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft. "Das wird geschehen, wenn wir einen Sachverständigen gefunden haben, der das möglichst kurzfristig erstellen kann." Ein Ergebnis sei aber frühestens in einigen Wochen zu erwarten. Mittlerweile hätten sich 15 Verletzte gemeldet; nicht alle von ihnen haben Anzeige erstattet. Dies spielt aber auch keine Rolle, da die Staatsanwaltschaft ein besonderes öffentliches Interesse sieht und wegen fahrlässiger Körperverletzung in 15 Fällen ermittelt. Die Untersuchungen richten sich zunächst gegen die Firma, die die Scheinwerfer installiert haben - laut Kumpa ein am Niederrhein beheimatetes Unternehmen.

Neben der strafrechtlichen Komponente müssen die Geschädigten selbst entscheiden, ob sie noch auf zivilrechtlichem Wege versuchen, Schmerzensgeld zu bekommen. Dabei muss abgewogen werden, wie der zu erwartende Schadenersatz in Relation zum Prozessrisiko steht. Für Victoria Schulz ist das wohl erst einmal zweitrangig. Sie freut sich mit ihren Freundinnen aufs Jury-Finale - das mit Sicherheit perfekt ausgeleuchtet ist.

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