Denkmal in Düsseldorf Pallas Athene hängt in der Warteschleife

Düsseldorf · Seit fast drei Jahren steht die goldene Statue der Göttin nicht mehr an der Tonhalle. Der Kunstgießer Karl-Heinz Schmäke durfte sie nicht restaurieren. Seitdem reden Experten viel – und passiert ist wenig.

2020 lag die Statue der Pallas Athene in der Gießerei von Karl-Heinz Schmäke, dann kam sie unter die Fittiche des Landschaftsverbands.

2020 lag die Statue der Pallas Athene in der Gießerei von Karl-Heinz Schmäke, dann kam sie unter die Fittiche des Landschaftsverbands.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Geht man so mit Göttinnen um? Weggesperrt für Jahre, weil sich ein paar Irdische nicht einigen können oder ratlos sind. Eingesperrt, statt erhaben den Menschen Vorbild zu sein. Seit fast drei Jahren steht die goldene Pallas Athene mit ihrem Speer nicht mehr dort, wo sie hingehört: ein paar Meter vor der Tonhalle auf der Rampe zur Oberkasseler Brücke. Die Statue der Göttin der Weisheit, der Kunst und des Handwerks sollte längst restauriert und zurückgekehrt sein, passiert ist bis auf viel Expertengerede offenbar wenig bis nichts. Mit klaren Worten sagt das niemand, aber die aktuelle Antwort aus dem Rathaus lässt keine andere Schlussfolgerung zu.

Eigentlich wäre der Fall eine Sache von ein paar Wochen gewesen. Kunstgießer Karl-Heinz Schmäke stellte bei einer Rüttelprobe vor drei Jahren fest, dass die Pallas Athene nicht mehr standsicher war. Er empfahl der Stadt, die Statue in seiner Werkstatt zu vergolden und für die nächsten Jahrzehnte standfest zu machen. Der erfahrene Gießer wollte die Figur öffnen, Edelstahlstützen einschieben, die Teile der Figur verschweißen, die Nähte ziselieren und anschließend die Statue, deren Vergoldung an vielen Stellen nicht mehr sichtbar ist, neu vergolden lassen. Kostenpunkt: 19.000 Euro.

Schmäke erhielt den Auftrag der Stadt, schließlich ist er nicht nur in dritter Generation Kopf eines renommierten Familienbetriebs, sondern war auch über Jahre Professor an der Kunstakademie. Die Stadt, die schon mehrfach mit ihm zusammengearbeitet hat, schaltete als Untere Denkmalbehörde dann jedoch das Rheinische Amt für Denkmalschutz beim Landschaftsverband Rheinland (LVR) ein. Die dortigen Experten hatten eine ganz andere Sichtweise als Schmäke. Sie wollten und wollen keine Neuvergoldung der Athene, obgleich schon Schmäkes Großvater nach dem Krieg eine solche vorgenommen hatte. Auch wenn es gar keinen Originalzustand der Athene-Figur mehr gibt, soll nun auch nach der Restaurierung möglichst viel vom „alten“ Gold weiterhin auf der Figur zu sehen sein.

Der avisierte Einbau der Edelstahlstützen dürfte als Sakrileg aufgefasst worden sein, andererseits ist die Statikfrage nun scheinbar das größte Problem. Denn obgleich die Statue schon seit mehr als zwei Jahren unter die Fittiche des LVR geraten ist und seit Monaten in einer Restaurierungswerkstatt liegt, ist ihr offenbar noch niemand zu Leibe gerückt. Dabei ist bereits ein zusätzliches Gutachten erstellt worden (plus 4000 Euro Zusatzkosten). Nach aktueller Auskunft der Stadt befindet sich die Restaurierungswerkstatt derzeit in Klärung, wie die geforderten Nachweise für die statische Ertüchtigung erzielt werden können. Eine mögliche Lösung werde mit dem dafür geeigneten Büro (weitere Zusatzkosten noch unbekannt) erarbeitet, sei zum jetzigen Zeitpunkt jedoch noch nicht final abgeschlossen.

Bereits im vorigen Herbst sollte die Pallas Athene wieder an der Tonhalle stehen. Daraus wurde nichts. Als unsere Redaktion im Dezember nachfragte, hieß es, die Figur werde voraussichtlich im Frühjahr 2023 wieder am vertrauten Ort aufgestellt. Das ist kaum zu schaffen, deswegen sagt eine Stadtsprecherin nun: „Eine Aussage, wann die Skulptur wieder aufgestellt wird, kann nicht genau bestimmt werden.“ Das Kulturamt befinde sich im Austausch mit allen Beteiligten, um die Rückkehr der Pallas Athene so schnell wie möglich zu ermöglichen. Das macht das Amt natürlich „aktiv“, so wie in der Antwort viel von „bereits“ und „schon“ die Rede ist – tatsächlich ist die Geschichte der Pallas Athene wohl eher eine, zu der besser die Wörter Bemächtigung und Verzögerung passen.

Die 2,30 Meter große Bronzefigur stammt von Johannes Knubel, der sie 1926 für den neuen Ehrenhof schuf. Die Figur steht auf einem 15 Zentimeter hohen Sockel aus Muschelkalk, der wiederum auf einer zwei Meter hohen Steinsäule ruht. Die Verbindungen erwiesen sich bei der Rüttelprobe als inzwischen sehr fragil. Für die Nazis war die Figur „entartet“, Schmäkes Großvater rettete sie vor dem Einschmelzen und lagerte sie ein. Nach dem Krieg vergoldete er sie neu. Sein Enkel wollte nun die Standsicherheit für Jahrzehnte herstellen. Dass er sie ganz vergolden wollte, hat einen einfachen Grund: „Die Farbtöne des Goldes unterscheiden sich sonst zu sehr“, sagte Schmäke unserer Redaktion.

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