Jahrestag der Deportation der Düsseldorfer Sinti Gedenken an die während der NS-Zeit ermordeten Sinti

Düsseldorf · Bei der Veranstaltung wurden zum ersten Mal auch Details über die Frau, die Vorbild für Otto Pankoks Figur „Ehra“ war, bekanntgegeben.

 Oberbürgermeister Keller dankt den Nachfahren der ermordeten Sinti dafür, deren Geschichte am Leben zu halten. Auf dem Foto auf dem Pult ist die Figur der „Ehra“ zu sehen.  Foto: Landeshauptstadt Düsseldorf/Ingo Lammert

Oberbürgermeister Keller dankt den Nachfahren der ermordeten Sinti dafür, deren Geschichte am Leben zu halten. Auf dem Foto auf dem Pult ist die Figur der „Ehra“ zu sehen. Foto: Landeshauptstadt Düsseldorf/Ingo Lammert

Foto: Landeshauptstadt Düsseldorf/Ingo Lammert

Aufgrund einer Unwetterwarnung war die zentrale Figur „Ehra“ einer Gedenkveranstaltung nur als Foto zugegen. Erinnert wurde bei dieser an den 16. Mai vor 82 Jahren, als das städtische Lager „Höherweg“, in dem seit 1937 Düsseldorfer Sinti interniert waren, von Polizei und SS umstellt und ein Großteil der Insassen verschleppt wurde. Im Lager waren sie gezwungen, unter schwierigsten Bedingungen für die damalige Gerresheimer Glasfabrik zu arbeiten. Viele überlebten das und die anschließende Zwangsarbeit in Polen nicht.

Anlässlich des 82. Jahrestages der Deportation besuchte Oberbürgermeister Stephan Keller die Mahn- und Gedenkstätte. Keller dankte zunächst den Gästen der Düsseldorfer Sinti-Union: „Es waren ihre Eltern, Großeltern und Urgroßeltern, die von der Deportation betroffen waren. Ihrer soll hier gedacht werden“. Geplant gewesen war die Gedenkfeier eigentlich an der Figur „Ehra – Kind mit Ball“ im Alten Hafen. Die 1997 aufgestellte Figur wurde nach Entwürfen des Künstlers Otto Pankok gefertigt, der mit den Düsseldorfer Sinti befreundet war. In mühseliger Arbeit hat die Gedenkstätte die reale Person hinter „Ehra“ finden können und das Ergebnis nun veröffentlicht. Der Name der Frau, die 1921 im Elsass geboren wurde, aber noch als Kind mit ihren Eltern nach Düsseldorf zog, war Ida Meinhardt. Sie überlebte die Deportation und den Völkermord an den Sinti und Roma und zog als junge Frau sogar wieder nach Düsseldorf. Gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten lebte sie später wieder in Düsseldorf, danach in Ratingen und Köln. „Sie war ein Familienmensch und liebte es, im Kreise ihrer Verwandten zu sein“, sagte Keller. Sie stehe sinnbildlich für die Erinnerung an alle Sinti, die Opfer der nationalsozialistischen Terrorherrschaft wurden.

Begleitet wurden die Feier und die Kranzniederlegung von musikalischen Beiträgen des Vereins der Sinti-Union. Es berichteten auch die Mitglieder Serano und Rudi Mettbach und Jordana Kreuz von ihren Verwandten, die die schrecklichen Zustände in den Lagern und bei der Deportation miterleben mussten. „Meine Großeltern waren beide im Lager am Höherweg, sie haben nie eine Entschädigung dafür erhalten“, sagte Kreuz. Rudi Mettbach berichtete von den Erzählungen seines Großvaters über einen besonders grausamen SS-Mann, der die Sinti im Lager quälte. Sogar nach dem Ende des Krieges habe dieser Mann die Insassen weiter dort festgehalten, erst als sich die wenigen Gefangenen, die dazu noch in der Lage waren, zusammenschlossen, um ihn zu töten, kamen sie frei. Von diesen Erlebnissen hätte sein Großvater bis zu seinem Tod nur sehr selten sprechen können.

 Rudi Mettbach berichtete, was sein Großvater erleiden musste.

Rudi Mettbach berichtete, was sein Großvater erleiden musste.

Foto: Landeshauptstadt Düsseldorf/Ingo Lammert

Rund 2500 Sinti und Roma waren Mitte Mai 1940 in Hamburg, Stuttgart und Köln in Lager gebracht worden. Rund 330 Sinti und Roma aus Düsseldorf und dem Ruhrgebiet wurden zunächst nach Köln-Deutz verschleppt. Am 21. Mai 1940 erfolgte dann vom Bahnhof Deutz-Tief aus der Abtransport. In Polen wurden die Deportierten aus dem Norden, Westen und Südwesten Deutschlands in provisorische Unterkünfte eingewiesen und zu schwerster Zwangsarbeit heranzogen, etwa zum Bau von Grenzbefestigungen, Straßen, Flugplätzen und Lagern. Viele wurden ermordet: Sie fielen den Massenerschießungen oder den Morden in den Vernichtungslagern zum Opfer.

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