Interview "Düsseldorf muss regional denken"

Düsseldorf · Mönchengladbachs OB Norbert Bude (SPD) kennt die Landeshauptstadt gut und will die Zusammenarbeit der Städte intensivieren. Ein wichtiger Baustein soll dabei der Regio-Gipfel im September sein. Ansätze für Kooperation sieht Bude vor allem bei Verkehr und Ausgleichsflächen.

 Glaubt, dass Kooperation auf Augenhöhe die gesamte Region stärkt: Mönchengladbachs Oberbürgermeister Norbert Bude (SPD).

Glaubt, dass Kooperation auf Augenhöhe die gesamte Region stärkt: Mönchengladbachs Oberbürgermeister Norbert Bude (SPD).

Foto: Rick

Wann haben Sie Ihren Amtskollegen Dirk Elbers, den OB von Düsseldorf, das letzte Mal getroffen?

Bude Erst kürzlich, bei der Verbandsversammlung des rheinischen Sparkassenverbandes zum Thema West LB.

Dirk Elbers hatte bei seinem Amtsantritt 2008 erklärt, er wolle den Nachbarstädten auf Augenhöhe begegnen, es war vom Regio-Gipfel die Rede. Was ist daraus geworden?

Bude Es soll im September einen Regio-Gipfel geben. Wir haben 2010 auf den Immobilienmessen Expo Real verabredet, dass es ein solches Treffen unter der Regie der beiden großen Städte Köln und Düsseldorf geben soll. Ich würde das ausdrücklich begrüßen, auch dass Köln und Düsseldorf dies organisieren.

Wie könnte die Zusammenarbeit innerhalb der Region aussehen?

Bude Die Frage ist, wie man Region definiert: rein geografisch oder thematisch. Ich bin dafür, das thematisch anzugehen.

Bei welchen Themen ist eine Zusammenarbeit denkbar?

Bude Zum Beispiel bei der Fernverkehrsanbindung von Düsseldorf über Mönchengladbach, Venlo, bis zu den großen Nordseehäfen. Beim gesamten Thema Verkehr ist die Region nur denkbar mit Düsseldorf und der Region Niederrhein. Verkehrsfragen muss die Region gemeinsam lösen.

Als 2008 erstmals über einen Regio-Gipfel gesprochen wurde, sagten Sie, im Niederrheinischen würde die Region bereits gepflegt. Wie sieht das aus?

Bude Wir organisieren uns in der Region Linker Niederrhein mit den Städten Krefeld und Mönchengladbach und den Kreisen Neuss, Viersen, Kleve und Wesel. Wir haben gemeinsame Messeauftritte als Region, arbeiten im kulturellen Bereich zusammen, zum Beispiel betreiben Mönchengladbach und Krefeld ein gemeinsames Theater. Es gibt auch vieles im Bereich Verwaltung, wo wir zusammenarbeiten.

Wo liegen die Chancen einer solchen Zusammenarbeit?

Bude Es gibt eine Chance, die Region größer zu machen im Wettbewerb mit dem Ruhrgebiet, das aktuell außerhalb von NRW als einzige Region wahrgenommen wird. Wenn Düsseldorf und Köln dazu kommen, kann diese Region eine weitere wichtige Region in NRW werden. Das muss nicht unbedingt in einer institutionellen Form geschehen, Region muss über Themen, über konkrete Projekte definiert werden.

Kann Mönchengladbach wirtschaftlich von der Zusammenarbeit mit Düsseldorf profitieren?

Bude Natürlich sind beide Wirtschaftsräume eng miteinander verwoben. Es gibt bereits ohne Organisation Nachbarschaftseffekte, das könnte man regional besser organisieren.

Es gibt den Vorschlag, dass Düsseldorf für Vermittlungen einen Ausgleich erhält. Als Beispiel: Wenn ein Investor von Düsseldorf nach Gladbach vermittelt wird, erhielte die Landeshauptstadt einen Teil der aufkommenden Gewerbesteuer. Denkbar?

Bude Ich möchte lieber einen Austausch in beide Richtungen erreichen, ohne die Gewerbesteuer damit zu verknüpfen. Wir brauchen jeden Euro an Gewerbesteuern. Aber Empfehlungen würden ja nicht nur in Düsseldorf für Mönchengladbach ausgesprochen werden, sondern gingen auch in die andere Richtung.

In Düsseldorf gibt es das Problem, dass bei einem Bevölkerungszuwachs immer weniger Fläche zur Verfügung steht. Und in Gladbach?

Bude Dieses Problem hat Mönchengladbach nicht. Wir werden mit dem früheren Kasernengelände JHQ bald 475 Hektar Fläche zusätzlich zur Verfügung haben. Ich kann mir eine Zusammenarbeit im Bereich Ausgleichsflächen vorstellen. Wenn bei Neubauten Ausgleichsflächen aus ökologischen Gesichtspunkten gefordert sind, könnte die Region dafür einen gemeinsamen Pool, in der auch die Fläche des JHQ eingebracht wird, erstellen. Das wird bald wichtig werden, wenn etwa das Autobahnnetz, die A 52 und die A 61, weiter ausgebaut wird.

Ist es interessant für jemanden, der in Düsseldorf arbeitet, in Mönchengladbach zu wohnen?

Bude Der Bahnhof Mönchengladbach wird täglich von 30 000 Menschen genutzt. Davon fahren viele in Richtung Düsseldorf, um dort zu arbeiten. Amerikanische Gäste höre ich ohnehin oft sagen: Das ist doch alles eine Stadt — weil die Entfernungen so gering sind.

Wo hat Mönchengladbach Düsseldorf etwas voraus?

Bude Erstliga-Fußball und eine Fußball-WM. Nein, ernsthaft, Gladbach ist eine Stadt, die eine Menge bieten kann. Man wohnt in der Großstadt, in grüner Umgebung. Und was Mönchengladbach selbst vielleicht kulturell nicht bieten kann, ist schnell erreichbar.

Wie ist es mit dem Flughafen? Ist die Form der Zusammenarbeit jetzt der Endzustand oder soll es weitergehen?

Bude Irgendwann wird in Düsseldorf die Frage nach den Kapazitäten gestellt werden und dann wird der Düsseldorfer Flughafen in Mönchengladbach einen Partner haben, der vielleicht einen Teil übernehmen kann.

Eine mögliche engere Zusammenarbeit wurde erst kürzlich von Düsseldorf aus abgesagt.

Bude Es gab die Möglichkeit, dass, je nach Wetterlage, die An- und Abflugschneisen sich kreuzen. Dann hätte Düsseldorf Vorrang haben wollen. Das wäre für den Flughafen Gladbach schwierig geworden, weil es Verspätungen nach sich gezogen hätte. Aber der Düsseldorfer Flughafen bleibt weiter der Hauptgesellschafter des Flughafens in MG. Mit Perspektive für die Zukunft.

Seit 2008 arbeiten Düsseldorf und Neuss in der IT-Kooperation Rheinland zusammen. Wie sieht es mit Mönchengladbach aus?

Bude Als Düsseldorf und Neuss die EDV fusionierten, sollte Gladbach eigentlich später dazu stoßen. Wir werden das weiter verfolgen.

Was kann Mönchengladbach von Düsseldorf lernen?

Bude Die politischen Entscheidungswege sind in Düsseldorf oft kürzer, auch bei Investitionen. Da tut man sich in Mönchengladbach oft schwerer.

Und umgekehrt?

Bude Mein Kollege Dirk Elbers könnte sich eine offensive, aktive Position in der Region abschauen. Nicht so sehr als Solitär agieren und öfter sagen: Wir sind eine Region und müssen das aktiv nutzen.

Wann besuchen Sie Düsseldorf?

Bude Wenn ich den Flughafen nutze oder eine Ausstellung sehen möchte.

Haben Sie einen Lieblingsplatz in Düsseldorf?

Bude Ich habe dort zehn Jahre gearbeitet. Deshalb kenne ich Düsseldorf gut. Gerne mag ich die Kaiserpfalz in Kaiserswerth und den Markt auf dem Carlsplatz.

Ralf Jüngermann, Jennifer Koch und Denisa Richters führten das Interview mit Mönchengladbachs OB.

(RP)
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