Ein Tag Praktikant Ein richtig cooler Beruf

Düsseldorf · Mechatroniker für Kältetechnik installieren nicht nur Klima-, sondern auch industrielle Kälteanlagen. Und sie sind sehr gefragt.

 RP-Redakteur Stefan Osorio-König (l.) übt das Löten von Kupferrohren unter der Aufsicht von Nicolai Stelzer.

RP-Redakteur Stefan Osorio-König (l.) übt das Löten von Kupferrohren unter der Aufsicht von Nicolai Stelzer.

Foto: Anne Orthen (ort)

40,5 Grad Celsius - am 24. Juli dieses Jahres wurde in Deutschland ein neuer Hitzerekord erreicht. In Geilenkirchen, keine 70 Kilometer Luftlinie von Düsseldorf entfernt, war das der heißeste jemals gemessene Tag, seit es hierzulande Wetteraufzeichnungen gibt. Den Rekord davor gab es mit 40,5 Grad in Kitzingen im Jahr 2015. Die Sommer in Deutschland werden immer heißer und damit steigt auch die Nachfrage nach Klimaanlagen. Das merkt auch der Kälte- und Klimaanlagenbauer Soeffing aus Düsseldorf, wo ich als RP-Redakteur ein Praktikum als Mechatroniker für Kältetechnik machen durfte.

„In den vergangenen zwei bis drei Jahren haben wir einen starken Anstieg bei Privatkunden gehabt“, erklärt Patrick Tilmes, Leiter für den Bereich Klima und Lüftung bei Soeffing. „Von einer Abkühlung der Konjunktur merken wir nichts, im Gegenteil. Wir haben eine Auftragsauslastung, die bis in den November hineinreicht.“ Tilmes würde sofort zwanzig Kälte- und Klimatechniker einstellen, wenn er könnte, aber der Arbeitsmarkt ist leergefegt. „Es gibt keine arbeitslosen Mechatroniker für Kältetechnik.“

Als Praktikant komme ich in die Obhut von Nicolai Stelzer, der mittlerweile im dritten Ausbildungsjahr ist. „Wir arbeiten viel mit Kupferrohren – und die Rohre müssen zugeschnitten und zurechtgebogen werden“, erklärt Nicolai. Meine erste Aufgabe: Ich soll ein Kupferrohr zu einer Herzform biegen. Dazu muss ich erst einmal das mit einem Isolierschaum umhüllte und zusammengerollte Rohr auf circa einen Meter ausrollen, das Isoliermaterial aufschneiden und entfernen. Ich merke, wie leicht sich so ein Kupferrohr aufrollen lässt. „Ja, Kupfer ist sehr biegsam“, erklärt Nicolai. Mit dem Maßstab messe ich dann genau einen Meter und markiere das mit einem Bleistift auf dem Rohr. Genau an dieser Stelle setze ich dann den Rohrschneider an. Einige Umdrehungen mit dem Gerät und das Rohr ist durchgeschnitten.

Mit mir in der Werkstatt sind mehrere Auszubildende. Sie haben Anfang August bei Soeffing ihre Lehre begonnen. Insgesamt bildet der Handwerksbetrieb gegenwärtig 20 Azubis in den Berufen Mechatroniker für Kältetechnik, Kaufleute für Büromanagement und technische Systemplaner aus. „Es ist wirklich schwer, geeignete Azubis zu finden“, erklärt Tilmes. „Ich hätte gerne mehr als die acht, die jetzt ihre Ausbildung begonnen haben.“ Von den mehr als 100 Mitarbeitern bei Soeffing sind knapp 60 Monteure, Service-Techniker und Wartungsmonteure.

In der Werkstatt muss ich jetzt das auf einen Meter geschnittene Rohr in eine gerade Form bringen. „Dazu stellst du dich in die Mitte auf das Rohr und rollst es mit den Füßen hin und her“, erklärt Nicolai. „Danach gehst du mit den Füßen immer weiter nach außen und rollst es weiter.“ Während ich mich an der Werkbank festhalte, mache ich diese für mich ungewöhnliche Übung. Danach hebe ich das Rohr auf. Wir sehen es uns beide an und es ist sehr gerade geworden.

Bevor ich das Rohr jetzt weiterbearbeiten kann, muss ich noch die scharfen Schnittstellen an den beiden Enden entfernen. Dazu erklärt mir Nicolai die Funktionsweise des sogenannten Entgraters. Das Gerät sieht aus wie der Griff eines Schraubenziehers mit einem kleinen, gebogenen und beweglichen Messer am unteren Ende. „Am besten hältst du das Rohr nach unten“, erklärt Nicolai, „damit die Späne herausfallen und nicht im Rohr bleiben.“ Das wäre zwar bei unserer Trockenübung kein Problem, aber in einer Anlage könnten Späne schnell zu Verstopfungen und einem Ausfall des Systems führen. Die ersten paar Bewegungen mit dem Entgrater verlaufen holprig, doch dann wird es einfacher, die Späne fallen und nach einigen Sekunden ist die Schnittstelle des Rohrs glatt.

Jetzt geht es ans Biegen des Rohrs. Dazu kommt eine sogenannte Biegezange zum Einsatz. Und das ist Millimeterarbeit. Schließlich muss das Rohr unter realen Bedingungen in einer Kälte-, Klima- oder Lüftungsanlage exakt passen. „Auch in der Gesellenprüfung haben wir einen Spielraum von maximal einem bis zwei Millimetern“, erklärt Nicolai. Beim dreißigsten Zentimeter soll ich das Rohr biegen.

Ich messe nach, markiere die Stelle mit einem Bleistift. Dann lege ich es auf die Biegezange auf, justiere es so lange nach, bis es an der richtigen Stelle liegt. Doch dann fällt mir das Rohr hinab und ich muss es nochmals in die Zange einlegen und nachjustieren. Diesmal klappt es. Vorsichtig drücke ich die Biegezange zusammen. Durch die Hebelwirkung ist das sehr einfach. Dann geht es wieder ans Messen, Rohr in die Biegezange einlegen, zusammendrücken. So langsam bekomme ich Übung und das Herz nimmt Form an.

So wie ich haben schon unzählige Praktikanten, Azubis und Gesellen in der Werkstatt gearbeitet, denn die Firma Soeffing wird in diesem Jahr 100 Jahre alt. „Wir haben heute eine große Bandbreite an Kunden“, so Patrick Tilmes. „Dazu gehören Privathaushalte ebenso wie Firmen, die ihre Büros klimatisieren wollen, und Kunden, die gewerbliche Kälte brauchen, speziell Supermärkte für ihre Kühltruhen und -regale sowie Bedienungstheken, aber auch für die Bereiche, die der Kunde nicht sieht, wie das Kühlhaus.“

Im Lebensmittelbereich müssen zudem spezielle Hygienevorschriften eingehalten werden. „Außerdem haben wir einen Notdienst, der rund um die Uhr besetzt ist.“ Per Laptop könne sich der Soeffing-Mitarbeiter beispielsweise direkt in das Kühlsystem eines Supermarktes einloggen, um zu sehen, was los ist. „Rund 30 Prozent der Fälle können wir so direkt am Rechner erledigen, indem man zum Beispiel einen zusätzlichen Lüfter schaltet.“ Im Bereich der Privathaushalte kämen hingegen immer mehr Smart-Home-Anlagen zum Einsatz.

Doch ganz fertig ist mein Kupfer-Herz noch nicht. Es muss noch gelötet werden. Doch bevor ich das machen kann, muss ich noch mit einem Expander in Kegelform eine der beiden Rohröffnungen weiten, damit man die andere hineinstecken kann. Dabei muss man das Rohr ein paar Mal drehen, damit die Weitung gleichmäßig wird.

Dann kommt das Lötgerät zum Einsatz. Es verbrennt Sauerstoff mit Acetylen, einem Industriegas, das aus Kohlenstoff und Wasserstoff besteht, bei einer Temperatur von 710 Grad Celsius. Nach gut zehn Sekunden wird das Kupferrohr glühend rot. Das Lot, das unter anderem aus Phosphor, Kupfer und Zinn besteht, schmilzt sofort und läuft in die enge Ritze zwischen den zwei Rohrenden. Jetzt ist mein Kupfer-Herz fertig und muss nur noch abkühlen.

Für Abkühlung sorgen sollen auch die Klimaanlagen. „Der Preis für eine Installation geht bei circa 2000 Euro los und kann bei sehr komplexen Anlagen 40.000 Euro erreichen“, so Tilmes. Allerdings würden viele Menschen den Stromverbrauch überschätzen. Gehe man von 30 Tagen im Jahr aus, an denen man zehn Stunden täglich die Anlage laufen lässt, beliefen sich die Gesamtkosten auf 40 bis 50 Euro pro Jahr.

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