Gastbeitrag Düsseldorf lässt Israel links liegen

Düsseldorf · Das Land ist nur knappe vier Stunden Flugzeit entfernt. Aber die NRW-Landeshauptstadt steht freundlich beiseite, wenn es um Israel geht. Dabei pflegt sie zu zahlreichen anderen Ländern und Metropolen intensive Kontakte und betreibt fast eine eigene Außenpolitik.

 Gert Kaiser, Ex-Rektor der Heine-Universität, hat sich mit der Beziehung Düsseldorfs zum Staat Israel beschäftigt.

Gert Kaiser, Ex-Rektor der Heine-Universität, hat sich mit der Beziehung Düsseldorfs zum Staat Israel beschäftigt.

Foto: Andreas bretz

Es ist ein Jammer, dass die Landeshauptstadt ihre Beziehungen zu Israel so kümmerlich hält. Und was die Sache nicht besser macht: Man muss geradezu hoffen, dass es nur Trägheit und Interesselosigkeit ist und nicht etwa politische Absicht. Ein Blick nach Frankreich und England zeigt nämlich, wie schnell eine berechtigte Kritik an der israelischen Regierung umschlägt in Feindschaft gegenüber dem Land. Und offen antisemitische Töne fehlen dabei nicht. Besonders die dortigen Universitäten tun sich da hervor; aus Solidarität mit den Palästinensern wird zum Abbruch aller Beziehungen zu israelischen Universitäten aufgerufen.

In der Tat macht es die aktuelle Regierung schwer, Sympathien für die israelische Politik zu empfinden. Dabei hatte die politische Landeshauptstadt einen guten Anfang gemacht, als sie im Jahre 1988 einen offiziellen Partnerschaftsvertrag mit Haifa, der drittgrößten Stadt Israels, schloss. Alle Voraussetzungen für ein lebendiges Miteinander, für wissenschaftlichen und kulturellen Austausch, für Geschäfte vor allem waren gegeben. Man hat nichts davon gehört. Selbst das ganz Übliche solcher Partnerschaften, nämlich der wechselseitige Besuch der Stadtoberen, ist wohl unterblieben. Bis auf eine ad hoc-Reise des Kulturdezernenten nach Haifa im Herbst vergangenen Jahres.

Anders die Heine-Universität. Sie hat einiges getan und pflegt das auch. Sie hat begonnen mit einem bedeutsamen politischen Akt, indem sie den 50. Jahrestag der Gründung des Staates Israel in einer sehr besonderen Weise würdigte. Sie berief im Jahr 1999 den israelischen Botschafter in Deutschland zum Heinrich Heine-Gastprofessor. Sein Name war Avi Primor, und aus dieser Einladung sind eine Reihe wichtiger politischer Vorlesungen entstanden. In Israels Öffentlichkeit und Politik wurde diese Einladung durch eine deutsche Universität als wichtiges Zeichen gewertet.

Avi Primor ist der Universität noch heute verbunden. Die Juristische Fakultät pflegt seit Jahren einen lebendigen wissenschaftlichen und studentischen Austausch mit der führenden israelischen Privatuniversität in Herzliya. Angestoßen durch die Finanzierungsbereitschaft eines Düsseldorfer Förderers ist diese Verbindung zu einem Muster an wirkungsvoller Zusammenarbeit geworden. Auch ist es eine Freude mitzuerleben, wie die israelischen Studenten und Studentinnen nach getaner Arbeit die Altstadt, die Rheinwiesen und die Discotheken genießen. Und wie Freundschaften mit den deutschen Studierenden entstehen und manchmal mehr als nur Freundschaften.

Auf der Ebene des Landes Nordrhein-Westfalen hat sich seit den Tagen des Ministerpräsidenten Heinz Kühn eine intensive politische Pflege der Beziehungen zu Israel entwickelt. Jeder Ministerpräsident seither hat das Thema Israel auf seiner Agenda ganz weit oben stehen. Kein Jahr vergeht, ohne dass der nordrhein-westfälische Regierungschef zu politischen Gesprächen in Israel ist und dabei für Wirtschaft wie für Wissenschaft die Wege bahnt. Besonders erfolgreich ist das Stipendienprogramm für israelische und palästinensische Studenten. Die Landeshauptstadt aber steht freundlich beiseite. Dabei treibt sie wie wenige Großstädte eine eigene "Außenpolitik". In China, in Russland, in Japan und zu Zeiten von Joachim Erwin auch in den USA werden wichtige geschäftliche Türen geöffnet. Düsseldorf ist bekannt dafür, auf besonders charmante und zugleich effektive Weise Politik und Wirtschaft zu verbinden.

Warum aber nicht in Richtung Israel? Schließlich hat sich ja auch bis zur stadteigenen Messe herumgesprochen, dass Israel im Nahen Osten eine wirtschaftliche Großmacht ist. Ganz davon abgesehen, dass das kleine Land im globalen Wettrennen um technologische Innovationen in der kleinen Spitzengruppe mitläuft, sei es in den Life Sciences, in der Biotechnologie, der Informationstechnologie, den erneuerbaren Energien. Um die Hochschulen herum gibt es eine Menge erfolgreicher Ausgründungen, gibt es erstaunlich viel Wagniskapital, gibt es enorme geschäftliche Erfolge. Nach den USA die meisten Neugründungen. Und gar nicht zu reden von der höchst lebendigen Medien-, Game- und Softwareszene. Und gerade eben hat Air Berlin einen Direktflug von Düsseldorf nach Tel Aviv eingerichtet. Damit ist Israel nur knappe vier Stunden entfernt.

Die Landeshauptstadt Düsseldorf ist stolz auf ihr gutes Verhältnis zur jüdischen Gemeinde ihrer Stadt. Vielleicht hält sie das für eine Beziehung zu Israel. Jedenfalls hat sie sich weder mit der Landesregierung Nordrhein-Westfalen zusammen getan, um Israel für uns zu gewinnen, noch hat sie sich mit der Universität verbündet. Sie blieb auf Distanz. Warum nur?

(RP)
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