Neuer Internetauftritt Kirche will Austrittswelle mit Informationskampagne stoppen

Düsseldorf · Im Internet werben die evangelischen Kirchenkreise Jülich und Düsseldorf für einen Verbleib in der Kirche. Sie wollen mitihrer gemeinsamen Kampagne vor allem informieren – auch darüber, wie der Austritt funktioniert.

 Sie stehen hinter der Kampagne: Digitalmarketing-Experte Carsten Eckhardt und die Superintendenten der evangelischen Kirchekreise Jülich un Düsseldorf, Jens Sannig und Heinrich Fucks (v.l.)

Sie stehen hinter der Kampagne: Digitalmarketing-Experte Carsten Eckhardt und die Superintendenten der evangelischen Kirchekreise Jülich un Düsseldorf, Jens Sannig und Heinrich Fucks (v.l.)

Foto: RP/Christopher Trinks

Wer im Internet nach „Kirchenaustritt“ sucht,  stößt  zuallererst auf eine gleichnamige Seite, die den bürokratischen Prozess erklärt und Anlaufstellen bei den jeweiligen Kommunen nennt. Betrieben wird diese Seite allerdings nicht von einer kirchlichen Institution. Auch sonst findet sich zu dem Thema zunächst nur wenig, was von den Vertreter der beiden Kirchen stammt..

„Man kriegt eine Menge Informationen, wie man die Kirche verlassen kann. Aber die Kirchen selbst  sind bei dem Thema fast gar nicht präsent“, sagt Jens Sannig. Dabei wissen dem Jülicher Superintendenten zufolge viele Menschen heutzutage gar nicht mehr, welche Funktion die Kirche und ihre Institutionen im lokalen Sozialgefüge übernähmen. „Das ergab auch unser Bürgergutachten im vergangenen Jahr. Es ist kaum noch bekannt, in welcher Weise Kirche überall tätig ist“, ergänzt sein Düsseldorfer Kollege Heinrich Fucks.  

Dagegen wollen die beiden benachbarten Kirchenkreise nun gemeinsam vorgehen und mit einer gemeinsamen Kampagne mehr Präsenz im Internet zeigen. Seit Freitag werden Nutzer der Suchmaschine bei der Eingabe bestimmter Begriffe wie Kirchenaustritt oder Kirchensteuer per Google-Werbung auch auf die Seite www.evangelischfuerdich.de verwiesen, die eine Gruppe Grafikdesigner um den Digitalmarketing-Experten Carsten Eckhardt und die Crossmedia-Journalistin Sarah Nellen entworfen hat. Sie enthält unter anderem 27 kurze Filme, von denen einige gestern im Filmkunstkino Cinema präsentiert wurden.  

Die Clips informieren in kurzer, verständlicher Sprache, wie der Kirchenaustritt funktioniert. Vor allem beantworten sie auch andere  Fragen, die Menschen beschäftigten, die mit dem Gedanken an einen Austritt spielen. „Wofür wird die Kirchensteuer eigentlich verwendet? Wie wirkt sich das auf meine Kinder aus? Welche Aufgaben erfüllt Kirche eigentlich für das Allgemeinwohl?”, zählt Sannig einige auf. Ein Clip beschreibt beispielsweise exemplarisch, was von der Kirchensteuer genau in die Verwaltung, Jugendarbeit oder Einrichtungen fließt. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Kurz-Reportagen über Menschen, die in evangelischen Kitas, Pflegeheimen und Beratungsstellen aktiv sind. Auch ein homosexuelles Paar oder ein muslimischer Flüchtling berichten von ihrer ganz individuellen Erfahrung mit dem Thema Kirche.

Auffallend selten steht der religiöse Glaubensaspekt im Vordergrund, auch verurteilt oder moralisiert werden Austrittswillige auf der Seite nicht. Per Chat-Möglichkeit ist zudem ein direkter Kontakt zu einem der Superintendenten oder Gemeindevertretern möglich  

Dass sich mit der Kampagne die Austrittswelle in Gänze wohl nicht unterbinden lässt, ist den Superintendenten bewusst. Allein im vergangenen Jahr traten in Düsseldorf mit 1925 noch einmal 600 mehr Menschen aus der evangelischen Kirche aus  als 2020. Fucks und Sannig geht es um Präsenz bei ureigenen Kirchenfragen und der Bedeutung, die eine Unterstützung der Kirchen für ihre Sozialarbeit in der Stadt hat. „Wir möchten zeigen, dass die evangelische Kirche mehr ist als beispielsweise die Skandale, die man über die katholische Kirche wahrnimmt. Und warum es für die Gesellschaft sinnvoll sein kann, in der Kirche zu bleiben.”

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