Filiale in Düsseldorf Karstadt auf der Schadowstraße muss auch schließen

Düsseldorf · Die Karstadt-Filiale in der Innenstadt ist eine der 52 Galeria-Standorte, die geschlossen werden. Am 31. Januar 2024 ist letzter Verkaufstag. Der Betriebsrat berichtet über eine „Schockstarre“ – und eine „traurige Abfindung“.

 Der Betriebsrat der Karstadt-Filiale an der Schadowstraße: Melanie Heinrich, Carsten Dengel, Rainer Kruchem, Christine Hins, Detlef Lohrum, Annette Janz, Andrea Steuer, Andreas Scholten und Christina Vogel (v.l.).

Der Betriebsrat der Karstadt-Filiale an der Schadowstraße: Melanie Heinrich, Carsten Dengel, Rainer Kruchem, Christine Hins, Detlef Lohrum, Annette Janz, Andrea Steuer, Andreas Scholten und Christina Vogel (v.l.).

Foto: Maximilian Nowroth/MaximilianNowroth

Am Montag um 11.15 Uhr erfuhr Andreas Scholten, dass er und seine 105 Kollegen ihren Job verlieren werden. Der Betriebsratschef der Karstadt-Filiale an der Schadowstraße war in eine Videokonferenz eingeladen worden, bei der es um die Schließung der Filialen des Unternehmens Galeria Karstadt Kaufhof ging. „Ab da war mir klar: Wir stehen auch auf der Liste“, sagt Scholten. Um 12 Uhr teilte dann der Galeria-Finanzchef Guido Mager den betroffenen Betriebsräten mit, was Scholten kurze Zeit später der Belegschaft auf einer Betriebsversammlung sagen musste: Die Düsseldorfer Karstadt-Filiale ist eine der bundesweit 52 Standorte, die schließen müssen.

„Wir haben in den vergangenen Wochen intensiv um jeden einzelnen Standort gerungen“, sagt Arndt Geiwitz, Chefsanierer von Galeria, zu der Entscheidung. Das Unternehmen war im Herbst wegen Kundenschwunds und gestiegenen Kosten in ein Schutzschirmverfahren gegangen. Nun steht der Sanierungsplan, der für Düsseldorf konkret bedeutet: Der Kaufhof an der Kö muss zwar zehn Prozent der Belegschaft abbauen, darf aber bleiben. Der Karstadt an der Schadowstraße dagegen wird verschwinden.

Am 31. Januar 2024 ist letzter Verkaufstag, dann endet die rund 70-jährige Geschichte des Warenhauses in der Innenstadt. Die 106 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekommen bis Ende April ihre Kündigung und haben danach zwei Möglichkeiten: Entweder, sie gehen in eine Transfergesellschaft über. Dann bekommen sie für mehrere Monate den größten Teil ihres Gehaltes weiter bezahlt, werden umgeschult und auf den Arbeitsmarkt vorbereitet. Oder aber sie gehen sofort und akzeptieren eine Abfindung in Höhe von zwei Monatsgehältern, maximal aber 7500 Euro. „Dieses Angebot ist schon sehr traurig“, sagt Scholten, der bereits seit den 1980er-Jahren in der Filiale arbeitet. Zum Vergleich: Beim Düsseldorfer Röhrenwerk Vallourec, das ebenfalls demnächst geschlossen wird, hängt die Höhe der Abfindung von der Betriebszugehörigkeit ab – und läge damit bei einem wie Scholten im sechsstelligen Bereich.

Kaufhof NRW - Schließungsliste: Diese Filialen machen zu
11 Bilder

Diese Kaufhof-Filialen in der Region stehen auf der Schließungsliste

11 Bilder
Foto: Moll, Jürgen (jumo)

In den kommenden Wochen will der Betriebsratsvorsitzende Mitarbeiter der Arbeitsagentur und der Rentenversicherung einladen, um mit der Belegschaft jeweils individuell über deren Zukunft zu sprechen. Das Durchschnittsalter beträgt 44, viele Jüngere haben erst in den vergangenen Jahren ihren Arbeitsvertrag unterschrieben. „Seit 2020 laufen wir profitabel“, berichtet Scholten. Dass es nun bald vorbei ist, habe die Belegschaft „in Schockstarre“ versetzt, sagte der 56-Jährige. Wegen der Betriebsversammlung hatte die Filiale am Montag um 14 Uhr geschlossen und auch nicht wieder aufgemacht. „Das wollten wir uns nicht antun, nach so einer Nachricht wieder ganz normal zu den Kunden zu gehen und einen auf gute Laune zu machen“. So standen am Nachmittag viele verdutzte Kunden an der Eingangstür und versuchten vergeblich, einkaufen zu gehen.

Den genauen Grund für die Schließung wird Andreas Scholten erst in den kommenden Tagen erfahren, so viel ist aber schon jetzt klar: Es liegt an einer mangelnden Einigung mit dem Vermieter. Die 20.000 Quadratmeter große Verkaufsfläche auf vier Etagen gehört der Berliner Ärztevereinigung. 2020 hatte diese schon einmal die Miete gesenkt und damit die Filiale am Leben halten können. Ein erneuter Nachlass war nun aber scheinbar nicht möglich. Der Immobilienverwalter Quantum schreibt auf Anfrage, dass man sich „zum jetzigen Zeitpunkt nicht äußern möchte“, auch nicht zu einer möglichen Zukunft des Gebäudes. Scholten und seine Kollegen aus dem Betriebsrat wollen das Gespräch mit Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) suchen. „Noch so ein großer Leerstand inmitten der Innenstadt, das kann doch keiner wollen“, sagt Scholten.

Marcel Abel, Geschäftsführer des Düsseldorfer Gewerbe-Immobilienmaklers JLL, sieht nun mehrere Herausforderungen für den Standort, der eine wichtige „Frequenzlage“ sei. Zwar sei die Abhängigkeit von einem so großen Warenhaus in Düsseldorf nicht so groß wie in kleineren Städten, dennoch sei höchste Aufmerksamkeit geboten. „Bei längerem Leerstand droht ein Wegbrechen der Nebenlagen.“ Umso wichtiger sei es, dass der Eigentümer frühzeitig über neue Nutzungskonzepte kommuniziere, damit sich der Handel in der Umgebung darauf einstellen könne. Letztlich sei der Standort auch für die Ausstrahlung in Richtung Wehrhahn von großer Bedeutung.

Abel sieht für das Haus zwei Möglichkeiten: Entweder werde nur das Nötigste saniert oder umgebaut, um möglichst schnell eine neue Belegung zu schaffen, mit Handel und Gastro im Erdgeschoss, möglicherweise Lagernutzungen in den Obergeschossen. Ein umfangreicherer Umbau mit längerem Leerstand andererseits könnte auch Wohnen oder Büros ermöglichen. „Das Potenzial für den Standort ist groß“, sagt Abel. Zumal die Schadowstraße auch frisch umgebaut worden sei.

Ein Vorbild für einen gelungenen Wandel von einem großen Nutzer zu vielen kleinen sei das ehemalige Kaufhaus Sorge und später Kult an der Flinger Straße in der Altstadt. In Düsseldorfs Innenstadt stünden jetzt jedoch viele Veränderungen in großen Warenhäusern gleichzeitig an: vom Umbau des Carsch-Hauses zum KaDeWe, von einem mehr in Richtung Premiumsegment tendierenden Kaufhof an der Kö, möglichen Veränderungen bei P&C nach der Insolvenz sowie dem Aus für Kaufhof und jetzt Karstadt an der Schadowstraße. „Das muss dann auch alles erst mal funktionieren“, sagt der Immobilienexperte.

Andreas Scholten und der Betriebsrat vom Karstadt auf der Schadowstraße wollen weiter um den Verbleib der Filiale kämpfen. „Am Dienstag um 10 Uhr stehen wir hier wieder mit Unterschriftslisten.“ Bis dahin müssten er und seine Kollegen die Nachricht nun aber erst einmal verarbeiten. Deswegen ging der Betriebsrat am späten Nachmittag geschlossen in eine nahe gelegene Gaststätte. „Sacken lassen und Schlachtpläne schmieden.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort