Neuer Bericht zur sozialen Lage Düsseldorf ist sozial gespalten - Große Unterschiede zwischen Stadtteilen

Düsseldorf · In Düsseldorf-Garath lebt jedes zweite Kind in einem Hartz-IV-Haushalt, im Stadtteil Himmelgeist kein einziges. Das dokumentiert der aktuelle Bericht zur sozialen Lage in Düsseldorf. Die Stadt stellt das vor besondere Herausforderungen. Ein Überblick.

 Garath gehört zu den Stadtteilen mit hohem sozialen Handlungsbedarf. Ein besonderes Quartiersmanagement wurde dort etabliert.

Garath gehört zu den Stadtteilen mit hohem sozialen Handlungsbedarf. Ein besonderes Quartiersmanagement wurde dort etabliert.

Foto: A. Endermann

Wie können möglichst viele Bürger vom Boom der Landeshauptstadt profitieren? Wie können alle Quartiere Anteil haben an der guten wirtschaftlichen Entwicklung? Die Stadt sucht nach zukunftsweisenden Antworten auf diese Fragen. Wie notwendig das ist, belegen Daten aus dem jüngsten Bericht zur sozialen Lage, der die Jahre 2012 bis 2017 in den Blick nimmt. Die wichtigsten Fakten und Schlussfolgerungen im Überblick:

Hartz IV Rund 12,2 Prozent der Bürger unter 65 Jahren bezogen 2017 staatliche Leistungen nach dem zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II). Geringe Quoten finden sich vor allem im Düsseldorfer Norden und Osten. Hoch sind sie entlang einer Achse von der südöstlichen Innenstadt bis hinunter in den äußersten Süden. Spitzenreiter ist Garath mit 30,3 Prozent, gefolgt von Reisholz (23,8), Lierenfeld (23,5), Hassels (22,8) und Flingern Süd (22,4). Zum Vergleich: In Himmelgeist ist nur ein Prozent der Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter auf Unterstützung angewiesen. Stark anstiegen ist die Quote der Bezieher von Transferleistungen in Lörick. 2012 lag sie dort bei 5,2, fünf Jahre später bei 8,9 Prozent der Bevölkerung unter 65 Jahren. Allein zwischen 2015 und 2017 stieg die Zahl der Empfänger um 217 auf 499.

Kinderarmut Noch wesentlich deutlicher fallen diese Unterschiede beim Hartz-IV-Bezug von Jungen und Mädchen unter 15 Jahren aus. Während in Garath annähernd jedes zweite Kind (47 Prozent) in einem Haushalt aufwächst, der auf Leistungen nach SGB II angewiesen ist, sind es in Hubbelrath lediglich 0,5 Prozent und in Himmelgeist sogar nur 0,2 Prozent (im Schnitt der fünf im Bericht dokumentierten Jahre). 2017 lebte in diesem Stadtteil kein einziges Kind in einer Bedarfsgemeinschaft. Zum Vergleich: Im Schnitt war jedes fünfte Düsseldorfer Kind (20,6 Prozent) auf solche Leistungen angewiesen.

Arbeitslosigkeit Insgesamt nimmt sie ab. Die gesamtstädtische Quote sank auf 8,6 Prozent. 2012 hatte sie noch bei 10,8 Prozent gelegen. Den niedrigsten Wert weist auch hier Himmelgeist mit 2,9 Prozent auf, den höchsten wiederum Garath mit 16,2 Prozent. Erfreulich ist, dass von der positiven wirtschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre gerade jene Stadtteile profitieren, die mit größeren sozialen Problemen zu kämpfen haben. So ging in Flingern Süd, Lierenfeld, Rath und Hassels der Anteil der Menschen ohne Job jeweils um 2,5 bis 4,5 Prozent zurück. „Wir hatten schon lange nicht mehr so gute Beschäftigungsindikatoren“, sagt Sozialdezernent Burkhard Hintzsche.

Lösungsansätze „Wir dürfen die Teilung nicht hinnehmen, sondern haben einen sozialen Gestaltungsauftrag“, sagt Diakonie-Pfarrer Thorsten Nolting. Entscheidend sei, den Trend zu gleichförmigen, so­zial sortierten Quartieren zu überwinden. „Es ist nicht gut, wenn in Oberkassel jedes Kind auf das Gymnasium wechselt oder in Kaiserswerth und Angermund kaum einer wohnt, der ,arm’ ist, also beispielsweise staatliche Leistungen erhält“, sagt er. Gut dagegen sei es, wenn in Garath Niedrigenergiehäuser entstünden, die für Bürger aus dem Mittelstand interessant seien. Und Caritas-Chef Henric Peeters ergänzt: „Man kann aus Garath kein Himmelgeist machen, aber man kann noch mehr Menschen in reguläre Beschäftigungsverhältnisse bringen, das bleibt die wichtigste Strategie gegen Armut.“

Städtisches Konzept Die Planer im Rathaus wollen unter anderem mit dem neuen Konzept „Zukunft Quartier.Düsseldorf“ eine Vertiefung der sozialen Spaltung verhindern. „Der Bogen reicht von einem besonders ausgestatteten Familienzentrum in Rath über den Aktiv-Treff der Arbeiterwohlfahrt in Wersten Süd-Ost bis hin zur Errichtung einer Gesamt­schule in Garath“, sagt Planungsamtschefin Ruth Orzessek-Kruppa. Ein weiteres Instrument sei es, die Quoten für preisgedämpften und sozial geförderten Wohnraum (insgesamt 40 Prozent bei Neubau-Projekten) ausnahmslos für alle Stadtteile vorzugeben. „In Hamm gab es deswegen prompt eine kleine Revolte“, sagt die Expertin. Davon, in wohlhabenden Gegenden den Anteil der Sozialwohnungen sogar überproportional zu erhöhen, hält sie nichts. „Wer Quartiere verändern will, muss das im Konsens mit den dort lebenden Bürgern machen – sonst geht es am Ende schief.“

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