Gemeinnützige Organisationen Düsseldorfer fühlen sich von Spendensammlern in der Innenstadt belästigt

Düsseldorf · Zahlreiche gemeinnützige Organisationen sprechen Passanten in der Innenstadt an, um für ihre Sache zu werben. Manche Menschen fühlen sich dadurch belästigt. Doch was ist eigentlich zulässig?

 Das UNHCR klärte vergangene Woche in der Flinger Straße über seine Arbeit auf. Die Passanten waren interessiert. Zu Beschwerden kam es nicht.

Das UNHCR klärte vergangene Woche in der Flinger Straße über seine Arbeit auf. Die Passanten waren interessiert. Zu Beschwerden kam es nicht.

Foto: Anne Orthen (ort)

Viele Menschen sind jeden Tag in der Innenstadt unterwegs, zum Einkaufen oder einfach nur zum Bummeln. Viele gemeinnützige Vereine nutzen diese Gelegenheit, um Bürger auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen. Doch immer öfter fühlen sich Passanten belästigt, wenn sie auf der Straße einfach von Mitarbeitern dieser Organisationen angesprochen werden.

Allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres hat die Stadt Düsseldorf Genehmigungen für 165 Stände gemeinnütziger Vereine erteilt, politische Parteien nicht inbegriffen. Das sind rein rechnerisch rund zwei Stände pro Tag. „Prinzipiell ist es natürlich legitim, dass Organisationen für ihre Sache werben“, erklärt Ordnungs- und Rechtsdezernent Christian Zaum. „Aber meine eigene Wahrnehmung und auch die Rückmeldungen des Ordnungs- und Servicedienstes (OSD) zeigen, dass die Werber in letzter Zeit immer aggressiver auftreten oder Leuten hinterherlaufen, auch wenn diese bereits Nein gesagt haben.“

Bei Amnesty International ist man darauf bedacht, Passanten angemessen anzusprechen. „Alle Mitarbeiter werden vor Beginn ihrer Tätigkeit geschult“, erklärt die Sprecherin von Amnesty International Deutschland, Lisa Marie Sauerbrey. „Inhalte dieser Schulungen sind unter anderem die Geschichte und Arbeitsschwerpunkte unserer Organisation sowie die Qualitätsstandards für die angemessene Ansprache von Interessenten.“ Außerdem fänden während der Arbeit an den Infoständen kontinuierlich Nachschulungen statt. „Unsere Qualitätsbeauftragten fahren zudem regelmäßig zu einzelnen Infoständen und führen Testgespräche“, so Sauerbrey.

„Ich finde es grundsätzlich störend, wenn jemand auf mich zukommt und mich einfach anspricht“, erklärt Frank Hermsen, Geschäftsführer der Altstadt-Gemeinschaft, der Interessenvertretung der Anlieger der Altstadt. Und er findet es störend, dass man mittlerweile kaum mehr durch die Altstadt gehen könne, ohne von zumindest einem Vertreter einer Organisation angesprochen zu werden. „Das wird allmählich ein bisschen zu viel und fängt an, lästig zu werden“, so Hermsen. Auch wenn man nicht alle Vereinigungen „über einen Kamm scheren“ könne, so habe er doch den Eindruck, dass manche von ihnen „als Trittbrettfahrer unterwegs“ sind.

Davor warnt auch die Verbraucherzentrale Düsseldorf. „Man muss schon aufpassen, um nicht auf Abzocke hereinzufallen“, erklärt Gerlinde Waschke von der Verbraucherzentrale. „Wenn Schock-Bilder, zum Beispiel von angeblich grausam behandelten Tieren oder gefolterten Menschen, gezeigt werden, ist das oftmals ein Indiz dafür, dass man schnell an den Geldbeutel der Leute will, indem man ihr Mitleid erzeugt.“ Seriöse Organisationen seien hingegen um ein gutes Image bemüht, und würden in der Regel seriös auftreten. Dennoch warnt die Verbraucherschützerin auch hier vor dem allzu schnellen Abschluss einer Mitgliedschaft. „Denn da kommt man unter Umständen nicht mehr so leicht raus“, so Waschke weiter. „Auch aus einer Fördermitglied­schaft nicht.“ Sollte man das Gefühl haben, unter Druck auf der Straße eine Fördermitgliedschaft unterschrieben zu haben, könne man diese innerhalb von zwei Wochen wieder kündigen.

Bei der Tierschutzorganisation WWF wirbt man um Verständnis für die Stände in der Stadtmitte. „Unsere Präsenz in den Fußgängerzonen ist wichtig für unsere politische Arbeit“, so eine Sprecherin. Aufklärungsarbeit sei in einer Demokratie nunmal wichtig. So informierten Mitarbeiter an einem Stand des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen UNHCR vergangene Woche in der Altstadt über die dramatische Situation von Flüchtlingen weltweit. Rund 70 Millionen Menschen seien gegenwärtig vor Krieg und Verfolgung auf der Flucht. Der überwiegende Teil lebe häufig unter menschenunwürdigen Bedingungen in Flüchtlingslagern in Afrika oder Asien. Viele Passanten waren interessiert. Zu Beschwerden kam es nicht.

Die AWO Düsseldorf hingegen ist schon länger nicht mehr mit Ständen in der Stadt präsent. „Die Mitgliederwerbung läuft größtenteils online“, erklärt Wolfgang Schmalz, Pressesprecher der AWO Düsseldorf, „das gleiche gilt für die Spendenaufrufe.“

Für Ordnungsdezernent Zaum besteht gegenwärtig zwar kein Grund zum Handeln, „aber wenn sich gegen eine bestimmte Organisation die Beschwerden häufen, dann können wir da einschreiten“, so Zaum. Die Möglichkeiten des Ordnungsamtes gingen von der Erteilung einer Verwarnung über ein Bußgeld bis zum Entzug der Genehmigung für einen bestimmten Verein, einen Stand in der Stadt aufzustellen. Und was definitiv nicht gehe, sei, dass man Passanten den Weg versperre oder ihnen nach deren Ablehnung noch hinterherlaufe. Da könnte dann eine Genehmigung für einen Stand künftig sehr schnell verweigert werden.

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