Prozess in Düsseldorf Gerüstbauer muss wegen Arbeitsunfalls vor Gericht

Düsseldorf · Der Chef einer Gerüstbau-Firma soll nach dem schweren Unfall eines Mitarbeiters Strafe zahlen. Dagegen legte er Einspruch ein, über den jetzt verhandelt wird.

 Eine Statue der Justitia hält als Symbol eine Waage in ihrer Hand (Symbolbild).

Eine Statue der Justitia hält als Symbol eine Waage in ihrer Hand (Symbolbild).

Foto: David-Wolfgang Ebener

Nach einem beinahe tödlichen Arbeitsunfall eines Mitarbeiters muss der Chef einer Gerüstbaufirma am Montag vors Amtsgericht. Gegen den 41-Jährigen war eine Strafe von 7000 Euro verhängt worden, weil er beim Einrüsten eines Hauses in der Innenstadt etliche Sicherheitsvorschriften außer acht gelassen und dadurch den Absturz des Mitarbeiters aus fast vier Metern Höhe verschuldet hatte. Der 53-Jährige zog sich dabei schwerste Verletzungen zu, liegt seit rund zwei Jahren im Wachkoma. Gegen die Strafe und den Schuldspruch wegen fahrlässiger Körperverletzung legte der Firmenchef jedoch Einspruch ein, über den jetzt verhandelt werden soll.

Extrem leichtsinnig habe der Chef laut Anklage im Juli 2020 mit zwei Mitarbeitern versucht, die Arbeitsabläufe bei diesem Gerüstaufbau abzukürzen. „Mal eben“ soll der 53-jährige Angestellte nämlich statt einer Leiter nur lose an die Hauswand angelehnte Gerüstrahmen zum Hochklettern auf ein 3,6 Meter hohes Vordach genutzt haben – mit dramatischen Folgen. Der Gerüstbauer verlor dabei das Gleichgewicht, stürzte ab, schlug auf dem gepflasterten Boden des Hinterhofes auf und erlitt an Kopf und Oberkörper eine Vielzahl von Knochenbrüchen.

Neben einem Bruch des Schädeldachs samt Schädel-Hirn-Trauma erlitt der Mitarbeiter eine Wirbelsäulenverletzung, ein gebrochenes Schulterblatt sowie reihenweise Rippenbrüche auf beiden Seiten. Seit dem Arbeitsunfall ist der 53-Jährige als Wachkoma-Patient in einer Spezialklinik auf Vollzeitpflege angewiesen. Ob er sich von den Sturzfolgen jemals erholen wird, sei „derzeit nicht absehbar“, so die Anklage weiter.

Diese wirft dem Gerüstbau-Chef vor, dass er trotz seiner Fürsorgepflicht als Arbeitgeber damals weder eine sichere und klare Arbeitsanweisung für den Mitarbeiter erteilt, noch eine Leiter besorgt oder dem Mitarbeiter auch nur einen Bauhelm mitgegeben habe.

Stattdessen habe er zugelassen und womöglich sogar angeordnet, dass der 53-Jährige völlig ungesichert und nur am Gerüstrahmen hangelnd auf ein Vordach kletterte, um dort für Malerarbeiten an der Hausfassade einzelne Gerüstfelder aufzustellen. Die Anklage wirft dem Chef auch vor, dass er das Fassadengerüst nicht vorschriftsgemäß vom Boden aus aufbauen ließ, sondern Bauteile gleich auf dem Vordach platzieren wollte.

Dafür hatte die Staatsanwaltschaft gegen den Gerüstbau-Chef eine Strafe von 100 Tagessätzen zu je 70 Euro erwirkt. Dessen Protest führt nun aber dazu, dass der folgenschwere Arbeitsunfall jetzt vom Amtsgericht in öffentlicher Verhandlung geprüft werden muss.

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