Frugalist aus Düsseldorf Immer schön sparsam und mit 40 in Rente

Düsseldorf · Maximilian Alexander Koch aus Düsseldorf-Wersten ist Frugalist und spart so viel, dass er mit 40 in Rente gehen kann. Er ist Konsumkritiker, investiert das Geld aber am Kapitalmarkt. Eigentlich gehe es ihm aber um Freiheit, sagt er.

Maximilian Alexander Koch ist Frugalist – und lebt ein sparsames Leben in seiner minimalistisch eingerichteten Wohnung.

Maximilian Alexander Koch ist Frugalist – und lebt ein sparsames Leben in seiner minimalistisch eingerichteten Wohnung.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel wurde ursprünglich im Juni 2020 auf RP ONLINE veröffentlicht. Da er weiter aktuell ist, bieten wir ihn noch einmal zum Lesen an.

Anfangs waren es 60 Cent Taschengeld pro Woche. Die Münzen legte Maximilian Alexander Koch sorgsam in eine Kleingeldkiste, die sich langsam füllte. Seit er sechs Jahre alt ist, hat sich der Junge zu Geburtstagen, zu Weihnachten, Ostern und allen anderen Gelegenheiten, an denen Kinder sonst Geschenke bekommen, immer Geld gewünscht. Wie sein Vorbild Dagobert Duck wollte er schon als Kind eines Tages in Fantastillionen schwimmen. Und wie Dagobert Duck spart er dafür eisern.

Als Jugendlicher liest er Bücher über Unternehmer und Investitionen. Mit 15 macht sich Koch einen Plan, rechnet durch, wie viel er als Normalverdiener eines Tages zur Seite legen und welches Vermögen er ansparen kann. Und als er mit 18 seine Kleingeldkiste plündert und alle Ersparnisse zählt, kommt er auf 6000 Euro, die er direkt an der Börse investiert.

Heute ist Alexander Koch 22 Jahre alt, studiert Psychologie an einer Fern-Uni und ist Frugalist. Frugal bedeutet „einfach, bescheiden, mäßig“. Menschen, die sich so bezeichnen, sparen einen möglichst großen Teil ihres Einkommens, investieren das Geld in Aktien und Fonds. So häufen sie ein Vermögen an, mit dem sie bis an ihr Lebensende auskommen könnten, ohne zu arbeiten. Rente mit 40 – das ist das Ziel vieler Frugalisten.

Für ihn persönlich, sagt Koch, sei das Ziel finanzielle Freiheit. In seiner Wohnung in Wersten hat er keine Spüle in der Küche, das Geschirr wäscht er im Bad ab. Auf einer Buchablage aus Paletten steht Nietzsche neben „Der Sieg des Kapitalismus“. In seinem Wohnzimmer liegt ein Perserteppich auf dem blanken Estrich. In der früheren Kleingeldkiste bewahrt er heute Tuben mit Acrylfarben auf. Er habe alles, was er brauche, sagt Koch.

An Geld mangelt es trotz der minimalistischen Einrichtung nicht. 1800 Euro verdient der Student im Monat, davon stammen etwa 1000 Euro aus Bucheinnahmen. Mehrere Romane und Sachbücher hat er geschrieben und im Selbstverlag veröffentlicht – etwa zum günstigen Reisen oder über Frugalismus. Seine restlichen Einnahmen verdient er bei der Samenspende.

Auf der anderen Seite kommt er auf weniger als 900 Euro Ausgaben: 470 Euro für die Wohnung, jeweils 100 Euro für Lebensmittel und Krankenversicherung, 60 Euro fürs Bahnticket, 40 für Semestergebühren, maximal 100 Euro für Freizeit und Hobbys. Was übrig bleibt, investiert er in Indexfonds und in sein eigenes Business, wie er sagt. „Ich mache von dem Geld Werbung für meine Bücher, bezahle das Lektorat, habe mir ein Mikrofon gekauft, um Hörbücher aufnehmen zu können“, erzählt Koch.

Ausnahmen gönnt sich der Student kaum. Er geht nicht in Restaurants essen, sondern kocht selbst, er zieht nicht um die Häuser, sondern trifft sich mit Freunden zum Kartenspielen oder malt an seinen Bildern. Ab und an kauft er sich Tortilla-Chips oder alkoholfreies Bier. Zu seinen Hobbys zählt er auch Kleidung. Der 22-Jährige mag Mode und geht gerne shoppen. Doch auch dabei bleibt er minimalistisch, an seiner Kleiderstange hängen wenige, schlichte Stücke, die er alle miteinander kombinieren kann – viele davon aus zweiter Hand.

Pläne hat Maximilian Alexander Koch viele: Er will wieder mehr reisen, wenn das möglich ist, seinen Master in Psychotherapie machen, danach vielleicht noch einmal studieren. Er kann sich auch vorstellen, irgendwann eine feste Stelle anzunehmen, aber nur, wenn es wirklich passt. „Eine Festanstellung müsste die Vorteile der Selbstständigkeit überwiegen. Und das ist ziemlich schwer“, sagt er. Einen Job nur wegen des Geldes zu machen, passt nicht ins Konzept.

Frugalisten wie Maximilian Alexander Koch sind Idealisten und Konsumkritiker, lehnen das Leben in der Überflussgesellschaft ab. Gleichzeitig investieren sie ihr Geld auf dem Kapitalmarkt, der vom Streben nach Wachstum lebt. „Ich versuche eben, für mich das Beste aus diesem System zu machen“, sagt er. „Ich sehe alles als Investmentgelegenheiten.“

Mit 30, in acht Jahren also, wird sein Vermögen, wenn nichts schief läuft, auf 100.000 Euro angeschwollen sein. Die Hälfte des Geldes will er dann investieren und ein ökologisches Haus bauen, ein Exil in der Natur, das sich autark mit Wasser, Wärme und Strom versorgt.

„Mir geht es nicht darum, möglichst früh in Rente zu gehen, sondern um die Freiheit auf dem Weg dahin“, sagt Koch. Und seine Ersparnisse helfen ihm dabei. Sie sind aber noch mehr als nur die Rettung vor einem unliebsamen Job, mehr als ein Notgroschen. Sie geben Maximilian Alexander Koch vor allem emotionale Sicherheit. „Lockerheit fällt mir schwer. Nicht nur in Bezug auf Geld, sondern im Leben. Ich müsste generell ein entspannterer Mensch sein, um auch in Finanzfragen entspannt zu sein“, sagt er. Also tut er das, was ihm hilft: Er spart zur Entspannung.

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