Projekte in Düsseldorf Neue Strategien gegen steigende Altersarmut

Düsseldorf · Mehr als 20 Projekte in Düsseldorf sollen Senioren mit geringem Einkommen helfen. Der Bogen reicht von mehr Vergünstigungen über mobile Besuchsdienste bis hin zu Wohnungstauschbörsen. Kommende Woche wird eine neue App vorgestellt.

 Auch in Düsseldorf steigt die Zahl der Senioren, die auf zusätzliche Leistungen vom Amt angewiesen sind.

Auch in Düsseldorf steigt die Zahl der Senioren, die auf zusätzliche Leistungen vom Amt angewiesen sind.

Foto: dpa/Armin Weigel

Die Altersarmut in der boomenden Landeshauptstadt nimmt zu. Erstmals stieg die Zahl derer, die auf zusätzliche Leistungen vom Amt (Grundsicherung im Alter) angewiesen sind, auf mehr als 9000 Frauen und Männer. Zum Vergleich: 2012 waren erst rund 7600 Menschen ab 65 Jahre betroffen.

Doch auch Menschen, die ein bisschen zu viel im Portemonnaie haben, um staatliche Leistungen zu erhalten, müssen oft jeden Cent zweimal umdrehen. Manch einer zieht sich zurück, wird am Ende einsam. Stadt, Seniorenrat, Wohlfahrtsverbände und Stiftungen wollen das nicht hinnehmen.

26 Projekte und Handlungsempfehlungen, die Menschen helfen, die im Alter knapp bei Kasse sind, werden bis Jahresende erprobt. Auch eine neue App für die Generation 60 plus zählt dazu. Die wichtigsten Fakten im Überblick.

Wo drückt der Schuh? Donnerstagvormittag im Zentrum plus der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Lierenfeld. Unter den mehr als 20 Männern und Frauen, die sich einen Vortrag über Betrugsmaschen angehört haben, gibt es einige, die mehr als genau rechnen müssen. „Ich muss nach Abzug aller Kosten mit rund neun Euro am Tag klar kommen“, sagt eine 74-jährige Frau, die in der Nähe lebt. Ihre Miete wurde zweimal erhöht. „Vor drei Jahren um 65, jetzt noch einmal um 20 auf inzwischen 560 Euro warm“, sagt sie.

Bis zum letzten Jahr hat sie noch gearbeitet. Jetzt muss sie mit ihrer Rente klarkommen. Mit mehr als 1000 Euro ist die zu hoch für Sozialleistungen. Aber wirklich leisten kann sie sich nicht viel. „Wenn ich in der Stadt bin, würde ich mich gerne mal setzen, um ein Eis zu essen oder einen Tee zu trinken, aber das ist nicht drin“, sagt sie. Und ans Reisen darf sie erst recht nicht denken. „Urlaub, was ist das?“, fragt sie. Ins Zentrum plus komme sie vor allem, um Menschen zu treffen, „und weil der Kaffee 80 Cent kostet“.

 Anne Kühl sagt: „Das Thema Armut ist schambesetzt.“

Anne Kühl sagt: „Das Thema Armut ist schambesetzt.“

Foto: Jörg Janßen

Wie gehen Betroffene damit um? Eher defensiv. „Das Thema ist in hohem Maße schambesetzt“, sagt Anne Kühl, Koordinatorin des Zentrums, das zu den 51 Treffpunkten für Ältere im Stadtgebiet zählt. Selbst Menschen, deren Kleidung bereits die Not erahnen lasse oder die immer wieder absagten, wenn es um einen kleinen Ausflug gehe, täten sich schwer, Hilfe einzufordern.

Das bestätigt auch Hartmut Mühlen, der den Arbeitskreis „Altersarmut“ des Seniorenrats leitet. Einen Fragebogen zum Thema, der an alle Zentren plus in der Stadt verteilt worden war, beantworteten am Ende 47 Männer und Frauen.

Welche Maßnahmen sind geplant? Zurzeit werden 26 Handlungsempfehlungen erprobt. Ende des Jahres wird geprüft, was bereits erfolgreich war. Zu den Projekten zählt der Ausbau der Vergünstigungen für Inhaber des Düsselpasses. „Der Oberbürgermeister hat unter anderem den Apotheker-, den Handels-, den Hotel- und Gaststättenverband sowie den Stadtsportbund angeschrieben“, sagt Sozialamtsleiter Roland Buschhausen.

Kontaktiert würden zudem alle Firmen, die heute schon bei Familien- und Ehrenamtskarte dabei seien. „Auch Nachlässe von zehn oder 20 Prozent addieren sich und können helfen, sich an anderer Stelle etwas mehr leisten zu können“, meint Buschhausen.

Geplant ist zudem ein Fachtag zum Thema Wohnungstausch am 22. Mai. Und eine App mit dem Titel „Gut versorgt in Düsseldorf“, die am kommenden Montag vorgestellt wird. Sie bündelt die unübersichtliche Zahl von Vergünstigungen und Hilfestellungen und soll auch von Angehörigen genutzt werden.

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